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Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 102

 

gerichtet. Die Anfrage lautet sinngemäß, warum mit der Flächenwidmung nicht gewartet wird, bis das Welterbe-Komitee im Sommer getagt hat. (Sie beabsichtigen laut Medienberichten, die Flächenwidmung zum Projekt 'Heumarkt Neu' dem Gemeinderat am 1. Juni zum Beschluss vorzulegen. Zugleich sagten Sie mehrfach, dass es auch Ihr Bestreben sei, das Projekt sowie die dazugehörige Flächenwidmung mit den Anforderungen des Weltkulturerbes Wien Innere Stadt in Einklang zu bringen und dass es diesbezüglich noch weitere Verhandlungen und Gespräche mit den Vertretern der UNESCO bzw. ICOMOS geben solle. Warum warten Sie nicht die Entscheidung der Tagung des Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau ab?)

 

Bitte, Frau Vizebürgermeisterin.

 

VBgm.in Mag. Maria Vassilakou: Sehr geehrte Frau Gemeinderätin!

 

Die in entsprechenden Beschlüssen manifestierte Kritik des Welterbe-Komitees an der Stadt Wien umfasst einerseits das konkrete Vorhaben Heumarkt/Wiener Eislaufverein und andererseits die Planungsinstrumente der Stadt Wien, insbesondere das Hochhauskonzept sowie den Masterplan Glacis.

 

Die Stadt Wien hat auf diese Kritik reagiert und ein Vermittlungsverfahren eingeleitet, im Rahmen dessen unter anderem die Höhe des geplanten Objektes deutlich reduziert wurde.

 

Die Kritik im Hinblick auf die Planungsinstrumente beruht meiner Überzeugung nach auf einer Missinterpretation beziehungsweise auf falsch übermittelten Informationen.

 

Um Missinterpretationen künftig ausschließen zu können, werden wir dazu in dieser Sitzung einen Resolutionsantrag einbringen. Dieser Resolutionsantrag wird eine eindeutige Klärung herbeiführen.

 

Mit diesen Maßnahmen wurde auf die Kritik reagiert. Es obliegt nun der UNESCO, diese Bemühungen zu würdigen.

 

Ganz allgemein sind jedoch die Abläufe der UNESCO wenig kompatibel mit den Planungsabläufen einer Millionenmetropole wie Wien. Das Welterbe-Komitee tagt ein Mal im Jahr. Ebenso ein Mal im Jahr kann der Vertragspartner einen Bericht über die Welterbe-Städte abgeben. Bei den UNESCO-Komiteesitzungen haben die Vertragsstaaten selbst nicht das Mandat, aktiv in die Diskussion einzusteigen. Es besteht als Vertragsstaat entsprechend den Operational Guidelines der UNESCO ausschließlich die Möglichkeit, auf Ersuchen eines Mitglieds des Welterbe-Komitees Sachverhalte zu erklären. Diese Abläufe und zeitliche Taktung sind nicht geeignet, in entsprechender Weise auf die Herausforderungen einer sich dynamisch entwickelnden Stadt zu reagieren. Mehr noch, diese Kommunikations-, Dialog- und Entscheidungsfindungsstrukturen sind weder zeitgemäß noch entsprechen sie irgendwie annähernd den Verfahrensstandards des 21. Jahrhunderts.

 

Zudem meine ich, dass nun jedes Gemeinderatsmitglied über die Problematik der Auffassungsunterschiede zwischen Stadt Wien und dem Welterbe-Komitee Bescheid weiß, sich daher der Problematik bewusst ist, sodass die Grundlage für eine entsprechende Entscheidungsfindung im Wiener Gemeinderat bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorliegt.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 1. Zusatzfrage kommt von der FPÖ. Herr GR Fürnkranz, bitte.

 

9.59.17

GR Georg Fürnkranz (FPÖ): Guten Morgen, Frau Stadträtin!

 

Sie haben uns jetzt sinngemäß erklärt, dass ohnehin keine Lösung mehr möglich ist, mit der UNESCO irgendwie auf einen grünen Zweig zu kommen und dass es unausweichlich ist, dass Wien damit das Weltkulturerbe verliert.

 

Jetzt fällt mir in diesem Zusammenhang ein, dass sogar Bundesminister Drozda, der Ihrem Koalitionspartner angehört, in einer Anfragebeantwortung gesagt hat, ich fasse das einmal zusammen, eigentlich muss man Wien die Kompetenz in dieser Angelegenheit wegnehmen, weil es mit diesem wertvollen Gut Weltkulturerbe so verantwortungslos umgeht.

 

Meine Frage ist: Gab es seitens des Herrn Bundesministers in irgendeiner Form schon eine konkrete Initiative, tatsächlich da durch eine bessere Zusammenarbeit und eine bessere Verschränkung den großen Schaden, der Wien droht, abzuwenden?

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Bitte, Frau Vizebürgermeisterin.

 

VBgm.in Mag. Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Gemeinderat!

 

Vorweg: Mir ist nicht klar, warum Sie automatisch davon ausgehen, dass Wien sozusagen von der Liste der Welterbe-Stätten gestrichen wird, wenn wir uns daran orientieren, was in vergleichbaren Situationen geschehen ist. Denn Wien ist weiß Gott nicht allein in dieser Situation. Es sind mehrere Städte, die ähnliche Auffassungsunterschiede gehabt haben oder aktuell mit der UNESCO haben.

 

So kann man eigentlich, wie gesagt, mit einem Blick in die jüngere Vergangenheit feststellen, dass dies nicht zur Streichung führt, dass dies eine Situation ist, die mitunter auch bedeuten kann, dass eine Stadt auf die Rote Liste gesetzt wird, dass der Dialog fortgesetzt wird, dass sehr wohl Maßnahmen ergriffen werden können, mit denen sich wiederum das Welterbe-Komitee zufrieden zeigen kann.

 

Das alles werden wir ja noch sehen. Ich würde jedenfalls nicht apodiktisch heute schon wissen, wie schlussendlich der Ausgang ist, und warne auch davor, Alarmismus zu betreiben. Aber natürlich ist es jetzt Ihre eigene Entscheidung, wie Sie das sehen.

 

Ich kann andererseits nur einmal mehr sagen, es handelt sich hier um ein Projekt, an dem sehr intensiv gearbeitet worden ist, ein Projekt, von dem die Stadt profitiert. Es gibt hier Auffassungsunterschiede mit der UNESCO. Wir meinen sehr wohl, dass das Projekt Welterbe-verträglich ist. Und mehr noch: International gehören wir zu den führenden Städten, wenn es um Standards geht, die den Schutz unserer historischen Substanz betreffen. Ein Blick in die Innere Stadt belegt heute doch eindrucksvoll, dass wir hier führend sind!

 

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