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Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 102

 

Wir haben nicht nur das Instrument des Denkmalschutzes, das hier sehr wirksam ist. Wir haben nicht nur darüber hinaus das Instrument der Schutzzonen, das ständig ausgeweitet wird; das ist also eine laufende Arbeit zur Ausweitung, wie gesagt, der Schutzzonen. Wir haben darüber hinaus aktuell eine Diskussion im Gange, damit es uns gelingt, schützenswerte Objekte, die sich außerhalb von Schutzzonen befinden, aber nicht unter Denkmalschutz gestellt sind, in Zukunft ebenfalls wirksamer schützen zu können.

 

Das heißt, die Stadt ist ständig bemüht, das kulturelle Erbe zu schützen! Ich denke, auch wenn wir zu Recht immer wieder die eine oder andere Entwicklung aufzeigen und kritisieren und sagen, hier braucht es eine weitere Entwicklung unserer Instrumente, sind wir, wie gesagt, im internationalen Vergleich sehr gut darin. Wir stehen sehr gut da.

 

Nun, ich habe natürlich auch Gespräche mit dem Herrn Minister geführt. Ich habe ihm auch ausführlich den Standpunkt der Stadt Wien, unsere Argumente und die Hintergründe für unser Handeln dargelegt. Dies hat er zur Kenntnis genommen.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 2. Zusatzfrage kommt von NEOS, Herr GR Dipl.-Ing. Dr. Gara, bitte.

 

10.03.51

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin!

 

Danke für Ihre Beantwortung der Frage. Ich möchte auf zwei Punkte eingehen. Die eine Frage ist für mich nämlich schon: Warum wartet man diese Kommissionssitzung nicht ab? Das ist in dem Sinne nicht ganz beantwortet worden. Denn natürlich ist dann schon klar, ob man auf der Roten Liste ist oder nicht, und dann kann man in diesem Prozess auch anders vorgehen.

 

Das Zweite: Sie haben es durchaus richtig angeführt, dass die Prozesse nicht mehr unbedingt jenen des 21. Jahrhunderts entsprechen. Da stelle ich mir oder stellen wir uns die Frage: Warum befreit man sich nicht von diesen Fesseln? Warum stellt man es nicht eindeutig klar und lässt letztendlich die BürgerInnen darüber entscheiden: Brauchen wir den Weltkulturerbe-Status für die Innere Stadt in dieser Form oder nicht? Warum geht man hier nicht mutig den Schritt voran, statt letztendlich dauernd in der Defensive argumentieren zu müssen?

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Frau Vizebürgermeisterin, bitte.

 

VBgm.in Mag. Maria Vassilakou: Zu der Frage, warum man die Sitzung nicht abwartet, lautet die knappe und eindeutige Antwort: Weil ich nicht davon ausgehe, dass sie neue Erkenntnisse bringen wird (GR Mag. Manfred Juraczka: Das heißt, Sie erwarten nicht ... - Weitere Zwischenrufe.), weil bei dieser Sitzung der bereits allen bekannte Stand sich schlussendlich erneut zeigen wird.

 

Wir haben daher meiner Meinung nach einmal mehr ausreichend Grundlagen und auch ausreichend Kenntnisse für jeden Einzelnen und jede Einzelne von Ihnen, um eine Entscheidung treffen zu können. Sie wissen um die Problematik, Sie wissen um die potenziellen Auswirkungen, Sie wissen um die Vorteile und die Nachteile des Projekts. Sie wissen ganz genau Bescheid um alles, was hier sozusagen in den Reports der Stadt Wien und auch der UNESCO gestanden hat, also um diesen Austausch in den vergangenen Jahren.

 

Sie sind vom Volk gewählt worden, um hier eine Entscheidung zu treffen. Sie bekommen am 1. Juni die Gelegenheit, diese Entscheidung zu treffen. Sie werden nach Ihrem Wissen, das ausreichend vorhanden ist, und Gewissen diese Entscheidung treffen. Daher kann der Wiener Gemeinderat mit 1. Juni diese Entscheidung auch treffen. Das ist der Grund, warum ich diesen Akt dem Wiener Gemeinderat weitergeleitet habe, damit man hier eine Entscheidung auch treffen kann.

 

Im Übrigen, was jetzt den Gedanken des Weltkulturerbes anlangt, kann ich Ihnen Folgendes sagen: Ich finde, dass dies einer der schönsten Gedanken des 20. Jahrhunderts war! Es ist vor inzwischen vielen, vielen Jahrzehnten entstanden. Es ist auch schlussendlich ein Weg gewesen, um hier bedrohte Welterbe-Stätten zu schützen, aber auch zum Beispiel Mitgliedstaaten, die finanziell nicht über Möglichkeiten verfügen, diese zu schützen, beziehungsweise auch nicht über Instrumente, über Instrumentarien verfügen, die hinreichend sind, um diese zu schützen, darin zu unterstützen, sowohl mit Blick auf die Entwicklung, wie gesagt, ihrer eigenen Instrumente und Verfahren, als auch - und hier will ich das auch betonen - finanziell, wie gesagt, sehr, sehr vielen Staaten unter die Arme zu greifen, um einen wirksameren Schutz von Kulturstätten, die zum Welterbe gehören, auch tatsächlich zu erreichen.

 

Wie so oft bei solchen Wegen entwickelt sich mit auf dem Weg eine gewisse Eigendynamik. Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, dass ich finde, dass die Entwicklung der letzten Jahre, die Art und Weise, wie sozusagen der Welterbe-Schutz ausgelegt wird, in Zusammenhang mit ganzen Stadtteilen oder ganzen Städten und vor allem in Zusammenhang mit wachsenden Millionenmetropolen langsam zu Dilemmata führt, langsam unweigerlich zu Situationen führt, zu Auffassungsunterschieden führt, immer wieder zu Situationen wie derjenigen führt, mit der jetzt auch Wien konfrontiert ist.

 

Ich kann es nur wiederholen: Wir sind damit nicht allein, es sind auch andere Städte betroffen. Aktuell ist es Liverpool, wie gesagt, zuletzt war es Köln. Es gibt auch Städte, die mit Blick auf diese Problematik die Entscheidung getroffen haben, gar nicht erst einen Antrag zu stellen, wie zum Beispiel Innsbruck, und das auch gut begründet haben.

 

Wien hat diese Entscheidung getroffen, bereits vor vielen Jahren, und ist nun mit dieser Problematik konfrontiert. Mit Blick insbesondere auf Sie (in Richtung NEOS), aber auch auf die ÖVP: Wer, wenn nicht Sie, sollte auch sozusagen mitberücksichtigen, dass die Bedürfnisse einer wachsenden Metropole sehr, sehr vielschichtig sind?

 

Sie hat kulturelle Bedürfnisse; natürlich gilt es, wie gesagt, auch unser kulturelles Erbe zu wahren. Der Standort hat Bedürfnisse, in dem Fall auch der Hotelstandort hat Bedürfnisse, und vieles andere mehr. Was eine Millionenmetropole braucht, was der Alltag, was das Leben braucht, ist mitunter auch etwas anderes.

 

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