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Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 102

 

die ganze Geschichte auf Grund seines Wunsches ins Rollen gekommen ist; aber gut.

 

Ich möchte in meinem heutigen Debattenbeitrag die Chance nutzen, zur Stadtplanung und Stadtentwicklung in Wien etwas weiter auszuholen. Die Stadtentwicklung ist ein Tagesgeschäft. Man muss ständig auf Entwicklungen reagieren - steigende Bevölkerung, Zuzug, Bedürfnisse des täglichen Lebens, Wohnen, Arbeiten, Verkehr. Also muss man in der Planung schauen, dass man diesen Bedürfnissen gerecht wird und sie in Form von Wohnhäusern unterbringt, natürlich auch Platz für Unternehmen mitbedenkt, die für die Bevölkerung die Arbeitsplätze bereitstellen.

 

Wir müssen alle ständig von A nach B, egal, ob von der Wohnung in die Arbeit, zu einem Termin, Kinder abholen, einkaufen gehen, zu Bildungsstätten. Das heißt, auch hier müssen das Planen und Bauen von Straßen, U-Bahnen, Straßenbahnen, et cetera, der Verkehr an sich in der Stadtentwicklung, Stadtplanung mitberücksichtigt werden.

 

Jetzt haben wir in Wien noch ein besonderes Goodie, ein oft vergessenes, nämlich landwirtschaftliche Flächen. Wir haben tatsächlich Landwirte innerhalb der Wiener Stadtgrenzen, die mit ihrem selbst angebauten Gemüse, aber auch Getreide Wien versorgen können, und zwar nicht wenig, nämlich ein Drittel der Wiener Bevölkerung, das heißt, die Bewohner von Favoriten, von Ottakring, Floridsdorf und der Donaustadt, um es massentechnisch auszudrücken. Ein weiterer Aspekt, der in der Stadtplanung zu tragen kommt, betrifft Freizeit, Kultur, Sport oder welche Interessen auch immer. Auch diese müssen in die Planung mit einfließen.

 

Die Berücksichtigung all dieser Ansprüche hat die Stadtplanung zur Aufgabe - klingt logisch, klingt einfach. Jetzt haben wir in Wien aber zwei zentrale Probleme: ein verwaltungstechnisches und ein politisches.

 

Zum verwaltungstechnischen Problem: Da spreche ich konkret die Aufgabenverteilung in den einzelnen Ressorts der Stadt Wien an. Wir haben es mit einer Aufteilung zu tun, die ganz und gar nicht stadtplanungsfreundlich ist. Geht man auf die vorhin angesprochenen Bedürfnisse und Ansprüche der Bevölkerung an eine Stadt ein und sucht die Zuständigkeiten in den Ressorts der Stadt, dann kann einem Planer schon ganz schön schwindelig werden. Themen zum Wohnbau finden sich bei StR Ludwig, zu Wirtschaft und Arbeitsplätzen bei StRin Brauner, zu Kunst und Kultur bei StR Mailath-Pokorny, zu Landwirtschaft bei StRin Sima, genauso wie die Planung des öffentlichen Verkehrs, um nur einige Beispiele zu nennen. Viel bleibt da für das Stadtplanungsressort nicht übrig.

 

Diese Aufgabenverteilung ist kontraproduktiv, meine Damen und Herren. Jeder kocht sein eigenes Süppchen, Verantwortungen werden zum Nächsten weitergeschoben. Kurz gesagt: Diese Aufteilung hemmt ein zukunftsorientiertes Weiterkommen in der Stadtplanung und Stadtentwicklung. Dazu kommt, dass, wie schon sehr oft angesprochen, die Stadt Wien keine Vorstellung darüber hat, wie sich die Stadt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten konkret entwickeln soll. Was meine ich damit? - Wir haben zwar einen Stadtentwicklungsplan, der stets von Rot-Grün hochgelobt wird, Tatsache ist jedoch, er ist ein Freibrief. Er ist ein Freibrief für alle Vorhaben, die sich die Stadt vornimmt, und, das ist das größte Übel, er hat keinerlei Rechtsverbindlichkeit. Sie entkräften meine Kritik, die ich ja schon öfter eingebracht habe, mit dem Argument, dass der Stadtentwicklungsplan im Gemeinderat als beschlossenes Dokument ein sehr hohes Maß an politischer Verbindlichkeit habe. Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es braucht nicht das politische Commitment untereinander, sondern Verbindlichkeit gegenüber jenen, die einen Beitrag für die Stadt Wien leisten, nämlich Planerinnen und Planer. Woran sollen sich Experten, Planer, Projektentwickler, aber auch die Wienerinnen und Wiener orientieren, wenn sich diese politische Verbindlichkeit mal ändert? - Es braucht Sicherheit und Orientierung in dieser Stadtplanung!

 

Ich komme zu meinem zweiten Aspekt, den ich in Wien als wirklich sehr problematisch erachte, und zwar, wie die Politik selbst agiert. Ein Wort, das die Stadtplanungspolitik von Rot-Grün beschreibt, ist das Wort Beliebigkeit. Wir sehen, was bei einer Politik der Beliebigkeit herauskommt: vergeigte Herangehensweisen à la Heumarkt.

 

Es ist leider nicht das einzige Projekt in der Liste der Planungsflops der letzten Jahre. Dazu fallen mir ein: Sonnwendviertel: Betriebsflächen wurden versprochen und dann herausgenommen; Seestadt Aspern: das ursprüngliche Vorhaben, die Seestadt zu einem Wissenschaftsstandort zu machen und Forschung und Entwicklung zu etablieren, wurde nicht realisiert. Der damals ausgearbeitete Masterplan ist eigentlich nur mehr als schönes buntes Bild im Wohnzimmer zu gebrauchen, und auch der Kommentar von der Magistratsabteilung im Stadtentwicklungsausschuss - na ja, Masterpläne, je länger sie liegen, desto mehr ändern sie sich - hat nicht wirklich viel von einer verbindlichen Raumplanung.

 

Otto-Wagner-Spital, Baumgartner Höhe: herumwurschteln seit zehn Jahren, noch keine Nachnutzungserscheinung, eine Studie dazu bleibt unter Verschluss. Nordwestbahnhof: ewige Planungs-Story ohne erkennbare städtebauliche Zielsetzung. In der Pipeline: Hausfeld/Berresgasse - Wohnschwerpunkt ohne Infrastruktur, ohne Verkehrsplanung. Auch das ist keine Seltenheit beim rot-grünen Gewurschtel. Den Vogel abgeschossen hat letztes Jahr die Causa rund um die Siemensäcker: Stadtplanung sticht Bürgerinitiative, und das, indem der Flächenwidmungsplan nur wenige Stunden vor Anhörung der Petition beschlossen wurde.

 

Unberechenbar und beliebig, das ist die Zusammenfassung der Stadtplanung in Wien. Ihre Politik, sehr geehrte Damen und Herren von Rot-Grün, hat verheerende Auswirkungen auf das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sachgerechte örtliche Stadtplanung. Wir haben es mit einer Politik, die keinerlei Voraussetzungen für eine strategische, langfristige und zukunftsorientierte Stadtentwicklung bietet, zu tun. Die derzeitige Situation bietet keine Sicherheit, keine Orientierung, weder für Projektentwickler noch für Wienerinnen und Wiener. So kann es nicht weitergehen! Stadtplanung muss heute funktionie

 

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