Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 102
ren, sonst muss man morgen reparieren. - Danke. (Beifall bei ÖVP und NEOS.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste ist Frau GRin Dr. Kickert zu Wort gemeldet. - Ich erteile es ihr.
GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Vorsitzende! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie und vielleicht auch vor dem Livestream!
Ich beginne mit einer kurzen Berichtigung. Ich habe mir die tatsächliche Berichtigung nach der Rede von Frau Meinl-Reisinger erspart, aber vielleicht mag sie kurz zuhören. Die Hetzgasse hatte keinen gültigen Abbruchbescheid, Frau Kollegin Meinl-Reisinger, weil Gebäude außerhalb der Schutzzone keiner Abbruchbewilligung unterliegen. - Nur so viel zur korrekten Interpretation gesetzlicher Voraussetzungen in der Bauordnung.
Wir sprechen heute in der erweiterten Diskussion zu diesem Schwerpunkt zum dritten Mal über Heumarkt und seine Auswirkungen, und es ist dann immer die Frage, welchen Aspekt wir heranziehen. Heute ist wieder einmal das Weltkulturerbe im Fokus, und weil Ehrlichkeit von den Mitgliedern der Oppositionsparteien gefragt worden ist, möchte ich auch ehrlich sein.
Ich halte das Prädikat Weltkulturerbe für die Innere Stadt, wie übrigens für Schönbrunn, für ausgesprochen angemessen und für wertvoll. Und nein, es geht mir nicht darum, das irgendwie hintenherum abzuschaffen. Aber worüber ich sehr wohl eine ausführliche Auseinandersetzung mit der ICOMOS und dem World Heritage Committee führen wollen würde, ist die Frage, wie dieses Gut Weltkulturerbe Innere Stadt in Bestand und in seiner Wertigkeit zu erhalten und zu schützen wäre. Der Bestand des Kulturguts Innere Stadt ist durch das Projekt Heumarkt nicht gefährdet. Es wird kein Bestandsgebäude, das unter Denkmalschutz steht oder anderswie schützenswert ist, gefährdet. Also lassen Sie uns jetzt über die Frage der Wertigkeit des gesamten Kulturguts Innere Stadt sprechen. Sie alle werden, so wie ich, von Universitätsprofessor Wilfried Lipp ein Schreiben erhalten haben, in dem er uns als Abgeordnete zum Gemeinderat seine wesentlichsten Punkte und seine Interpretationen zu dieser Wertigkeit darlegt. Ich denke, entlang dieser Punkte, die er darstellt, zeigen sich ausgesprochen deutlich die Unterschiede im Zugang und in der Interpretation. Selbstverständlich geht es um den Erhalt des Bestandes, aber das auch noch in einer dynamischen, wachsenden und, ich sage das dazu, für sich in Anspruch nehmend, modernen Stadt.
Zieht man die Punkte heran, die auch Prof. Lipp zitiert, so sieht man genau, in welchem Spannungsverhältnis diese Diskussion steht. Ja, ich gebe zu, wenn man über Spannungsverhältnisse sachlich redet, interessiert das niemanden mehr, jedenfalls niemanden von der Opposition. Ich werde trotzdem meine Gedanken ausführen, weil ich glaube, dass das wichtig ist, wichtig in einer ehrlichen Auseinandersetzung um genau diese Zugänge. Lipp schreibt zum Beispiel, einer der wesentlichsten, auch historischen Gründe für Denkmalpflege und Erinnerungskultur ist die Teilhabemöglichkeit aller Schichten der Gesellschaft. Unter diesem Punkt führt er an, dass er meint, es drohe ein Verlust der Vielfalt an kulturellem Erbe für die künftigen Generationen. Und er behauptet, durch dieses Projekt drohe auch ein Verstoß gegen die soziale Fairness, und er erwähnt die Luxuswohnungen. Im nächsten Absatz schreibt er, dass wir wohl einer verfehlten Interpretation des behaupteten Mehrwertes unterliegen würden und erwähnt mit keinem einzigen Wort diese Mehrwerte.
Das ist jetzt genau der Punkt: Wenn man über soziale Fairness spricht, muss man sehr wohl die in diesem Projekt verwirklichten Mehrwerte aufzählen. Es ist im Gegensatz zum Status quo sehr wohl so, dass mit der geöffneten Fläche ein hoher Wert für die Öffentlichkeit entsteht, und zwar tatsächlich für alle Schichten der Gesellschaft, denn sie ist ohne jegliche Schließzeiten zu betreten und zu nützen.
Ein weiterer Mehrwert, der für mich von Anfang an in diesem Projekt ausgesprochen wichtig war, ist die Erhaltung des Eislaufvereines. Da kommen wir zu einem anderen Punkt, den Prof. Lipp anführt, er spricht nämlich von kollektiven Icons. Er nimmt wahrscheinlich wesentliche ideelle Symbole an, die eine Identifikation mit der Stadt schaffen. Ich als zugewanderte Wienerin kann Ihnen sagen, dass der Eislaufverein für mich so ein ideelles Symbol ist. Er ist der Ort, an dem ich als Achtjährige Eislaufen gelernt habe, der Ort, an dem ich zum ersten Mal überhaupt mitbekommen habe, was Eislaufen ist, denn in den ersten acht Jahren meines Lebens habe ich weder Schnee noch Eis kennen gelernt. Dieser Ort, dieser Verein, diese Eislauffläche hat eine der ersten identitätsstiftenden, wie soll ich sagen, Kontakte einer zugewanderten jungen Wienerin mit ihrer Stadt ermöglicht. Und ja, daher ist für mich persönlich dieses ideelle Symbol tatsächlich wichtig und fällt auch in die Argumentation und in die Abwägung der Für und Wider für dieses Projekt. Und ja, in Abwägung eines anderen ideellen Symbols wie einer Blickrichtung und dem Bestand des WEV habe ich eine eindeutige Präferenz, aber nicht nur diese eine, sondern in Abwägung aller anderen auch. (Zwischenruf von GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.) - Nein, es muss auch nicht nur mit Hochhaus gemacht werden.
Ausgangspunkt des gesamten Projekts war, es soll der Eislaufverein erhalten werden. Für diese Erhaltung und für die anderen Mehrwerte, die übrigens schon 20 Mal aufgezählt wurden, braucht es eine gewisse Kubatur. Die Frage, wie diese Kubatur architektonisch städtebaulich gewichtet wird, war der Ausgangspunkt des Architekturwettbewerbs, und in diesem Architekturwettbewerb hat es unterschiedliche Lösungen dieser Herausforderungen gegeben. Dieses Projekt wurde als dasjenige, das die Anforderungen aus dem Architekturwettbewerb und auch aus dem städtebaulichen Projekt am besten umsetzt, ausgewählt. Deswegen ist es ein Hochhaus geworden, und nicht, weil wir uns ein Hochhaus wünschen. Aber man muss schon sagen, wenn es darum geht, eine bestimmte Anzahl von Kubikmetern auf eine Fläche zu verteilen, und man viel öffentlich nutzbare Freifläche erhalten will, wird man wahrscheinlich die
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