Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 102
Kubaturen ein bisschen zusammenstauchen und in die Höhe wachsen lassen und nicht gleichmäßig verteilen müssen; das ist eine relativ banale Milchmädchenrechnung. Und wenn man dann sagt, okay, dieses Wettbewerbsergebnis ist dasjenige, das diese Herausforderungen oder Anforderungen an dieses Projekt am besten löst - nicht ich habe das beurteilt, sondern, wie gesagt, eine aus Fachleuten und StadtplanerInnen der Stadt Wien besetzten Jury -, dann nehme ich das zur Kenntnis.
Und nein, es braucht danach keine zusätzlichen Befragungen. Das, was es sehr wohl braucht - und das würde ich gerne im gegenseitigen Respekt der Zugänge der Mitglieder der ICOMOS machen -, ist eine Frage der Auseinandersetzung über die Wertigkeiten und die Formen, wie der Bestand, aber auch das Symbol Weltkulturerbe geschützt werden können. Da, denke ich, braucht es auf beiden Seiten intellektuelle Redlichkeit, aber auch ein Anerkennen der zusätzlichen Herausforderungen, vor denen beispielsweise eine wachsende Stadt steht.
Eine zweite kurze Erwähnung, ich gehe aber davon aus, dass das beim nächsten Tagesordnungspunkt wieder besprochen wird, an Kollegin Olischar: Der Flächenwidmungsplan ist nicht im Gemeinderatsausschuss vor dem Petitionsausschuss beschlossen worden, sondern ihm ist zugestimmt worden. Der Beschluss erfolgte dann später dort, wo er beschlossen werden soll, nämlich im Gemeinderat. Bleiben wir dabei, dass wir im Ablauf korrekt sind, es ist kein schöner formaler Ablauf, aber er ist so. Wir werden im nächsten Tagesordnungspunkt noch ausführlich darüber reden. Sie kennen auch diese Tatsache und wollen sie nur nicht zur Kenntnis nehmen, weil es gegenüber den Petitionswerbern schwierig zu argumentieren ist. Petitionen haben keine aufschiebende Wirkung - das ist so.
In einem Behördenverfahren oder in einem anderen rechtlichen Verfahren gibt es einen zeitlichen Ablauf - manchmal ist es kein Problem, manchmal steht es schon auf der Tagesordnung. Deswegen ist es auch in diesem Fall beim Heumarkt so, dass wir bereits im Gemeinderat den Beschluss zur Flächenwidmung treffen werden und eine Petition, die erst vor Kurzem zu diesem Projekt eingebracht worden ist, erst in der Sitzung des Petitionsausschusses eine Woche später behandeln werden.
Soweit zu meinen Gedanken vor allem auch zur Frage, wie die ICOMOS ihre Ansprüche, ihre Forderungen gegenüber der Stadt Wien bewertet und auf welcher Ebene wir diesen Diskurs führen sollten. Ich habe Sie jetzt hiermit alle eingeschläfert, wie ich sehe, aber das soll vorkommen, möglicherweise wachen wir dann bei den nächsten Wortmeldungen wieder auf. - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste ist Frau StRin Schweiger-Stenzel zu Wort gemeldet. - Ich erteile es hier.
StRin Ursula Schweiger-Stenzel: Vielen Dank. Frau Vorsitzende! Verehrte Damen und Herren! Geschätzte Kollegen!
Lassen Sie mich mit einer Liebeserklärung beginnen, aber nicht an Sie, sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderats. Liebe in politischen Gremien ist eher fehl am Platz, Freundschaft nicht. Die Freundschaft hat jedoch nicht nur unter den Genossen der Sozialisten in letzter Zeit schwer gelitten, sondern auch die Freundschaft, ja Partnerschaft, quasi Ehepartnerschaft zwischen den Koalitionspartnern der Stadt und der Landesregierung und schließlich die basisdemokratischen Freundschaftsbezeugungen bei den Grünen selbst. Zwischen der Jugend und dem Parteiestablishment der Grünen will es auch nicht so recht klappen, und zwischen der Basis der Partei und ihrem Demokratieverständnis sowie dem der grünen Führungsschicht klaffen Welten. Nur so ist die Missachtung der Urabstimmung mit einer Mehrheit gegen das Hochhausprojekt am Heumarkt durch das grüne Parteiestablishment zu erklären.
Aber lassen Sie mich zu meiner Liebeserklärung kommen: Ich möchte meine Rede nicht mit Ihren selbstverschuldeten Konflikten und Zerreißproben beginnen, sondern mit einer Liebeserklärung. Es ist eine Liebeserklärung an Wien, an diese wunderbare, geschichtsträchtige Stadt im Herzen Mitteleuropas mit ihrem kulturellen Vermächtnis, das sich nicht nur, aber in erster Linie an der Welterbe-Stätte der Inneren Stadt zeigt. Deshalb steht dieser Bezirk insgesamt auf der Liste des Weltkulturerbes, auf Wunsch der Stadt Wien übrigens, und Sie möchten es jetzt am liebsten wieder los werden, weil es Ihnen bei der Realisierung Ihres Hochhausprojektes am Wiener Heumarkt und vielleicht auch bei weiteren Projekten im Weg ist. Diesen wollen die Grünen in einem Resolutionsantrag heute abschwören, um das UNESCO Welterbe-Komitee bei seiner kommenden Sitzung in Krakau milde zu stimmen und vielleicht das Prädikat doch noch zu retten.
Diese Resolution, verehrte Frau Vizebürgermeisterin, verehrte Grüne, kommt leider zu spät. Sie hätten nämlich die Kriterien des Weltkulturerbes, das nun einmal eine Höhenlimitierung im historischen Kern der Stadt Wien vorsieht, in die Bedingungen des Wettbewerbs reinnehmen und dem Projektwerber klarmachen müssen, dass auch er diesen Bedingungen zu entsprechen hat oder Sie hätten sich einen neuen Partner gesucht.
Aber nein, die einzige konstante Bedingung, die sich auch während des gesamten sogenannten kooperativen Verfahrens wie ein roter Faden durchgezogen hat, war die Bedingung des Projektwerbers nach mindestens 13.000 m² Nutzfläche und bei Abriss und Neubau des Hotels InterContinental - was nach der Nachdenkpause ja passiert ist – 18.000 m² Nutzfläche. Damit werden durch eine entsprechende Flächenwidmung, die am 1. Juni zur Abstimmung vorgelegt wird, stattliche Gewinne durch den Verkauf von Luxuswohnungen erzielt werden können.
Das ist der Hauptzweck des Projektes am Heumarkt. Ihre im Nachhinein gestellte Forderung, Frau StRin Vassilakou, doch noch auch im Luxuswohnturm Einrichtungen öffentlichen, kulturellen, universitären oder sonstigen Interesses durchzubringen, kommt da auch ein bisschen spät - wahrscheinlich zur Kalmierung der eigenen Basis, die Ihnen in Scharen davonlaufen wird, weil Sie sich mit
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular