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Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 102

 

dem Nobelpreis auszeichnet, dann wird es mehr gekauft, ist sehr werbewirksam, oder wie wenn man ein Auto, das alle Tests und alle Rallys gewinnt, ebenfalls kauft.

 

Der Welterbe-Titel ist natürlich eine Attraktivität, und einen Welterbe-Titel mittels Rechtsbruchs - das ist es - aufs Spiel zu setzen und zu verlieren, ist eine Unverantwortlichkeit! Sie verhalten sich unverantwortlich, wenn Sie diesem Flächenwidmungsplan am 1. Juni zustimmen! Das ist es, das ist der Punkt.

 

Wenn Herr Chorherr nach der Berechtigung von IComos fragt - alte Leute -, so ist das eine Ungeheuerlichkeit, eine Diskriminierung des Alters, widerspricht den Grundartikeln der Europäischen Verträge. Auch alte Menschen können sehr modern und offen denken, das ist kein Kriterium.

 

Es ist auch absolut kein Kriterium, zu sagen, dass diese Leute nicht demokratisch legitimiert sind, weil sie nicht in Wien leben. Bitte, sind die Mitglieder des Menschenrechtsgerichtshofs ständig in Straßburg oder in Den Haag bei den Höchstgerichten oder beim Rechnungshof in Luxemburg? Sind diese Institutionen deshalb in Frage zu stellen, weil ihre Mitglieder nicht ständig in Straßburg, Luxemburg oder Brüssel oder Den Haag wohnen? - So ein dummes Argument habe ich noch nie gehört! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Die UNESCO ist als solche für dieses Weltkulturerbe, und da komme ich wieder zum berühmten Canaletto-Blick zurück. Dieser Canaletto-Blick ist auch den Wienern ans Herz gewachsen. Lassen Sie mich nur kurz replizieren: Mein Vater, der bekanntermaßen mit meiner Mama verheiratet war, die Jüdin war und sich nicht hat scheiden lassen, ist während der Weltkriegszeit in der Firma Pintsch untergekommen, weil er faktisch zwangsarbeiten musste, und man hat ihn dort geduldet. Anlässlich eines Besuchs des Gauleiters Bürckel wurde ein Fresko von meinem Vater bestellt, der an sich ein sehr begabter Zeichner und Maler war. Mein Vater hat in dieser Zeit diesen Blick gewählt, um dieses Fresko mit dem berühmten Belvedere-Blick Canalettos in dieser Zeit, in der man Österreich ausgelöscht hat, darzustellen. Er hat übrigens nur überlebt, weil die Firmenspitze christlich-sozialer Politiker damals beim Widerstand war, sonst hätte er es nicht machen können. Sie können sich nicht vorstellen, in welcher entsetzlichen Situation mein Vater damals war, der sich faktisch verstecken musste. Natürlich hat man gefragt, wer dieses wunderbare Fresko gemacht hat. Man durfte es nicht sagen, denn sonst wäre mein Vater geliefert gewesen.

 

Aber ich möchte dazusagen: Nicht nur aus diesem Grund habe ich einen besonderen Bezug zu diesem Blick. Die Wienerinnen und Wiener haben einen Bezug zu diesem Blick, weil er ein historisches Umfeld zeigt, das ihnen allen ans Herz gewachsen ist. Mit der Zerstörung dieser Sichtachse und der Dominanz des Turms von Herrn Tojner - sollte er denn gebaut werden, ich habe ja noch immer Hoffnung, dass ein paar ihrem Gewissen und ihrem freien Mandat folgen werden, um es zu Fall zu bringen - wird dieser Blick für kommende Generationen zerstört.

 

Geben Sie sich keiner Illusion hin, die UNESCO hat nicht in den Welterbe-Vertrag die Höhenlimitierung geschrieben, ja, das weiß ich schon, aber wenn Sie von der Liste gestrichen werden, dann werden Sie gestrichen, weil es eine schwerwiegende Verschlechterung der architektonischen und stadtplanerischen Kohärenz ist. Dieser Punkt allein rechtfertigt, dass Wien, wenn Sie diesen Flächenwidmungsplan und dieses unselige Hochhaus und dieses noch klobigere InterContinental durchpeitschen, diesen Status verliert, aus diesem Grund, weil die Kohärenz des historischen Bauerbes gefährdet wird. (GR Christian Oxonitsch: Das sehen einige anders! Das ist der einzige Punkt!) Das Bundesdenkmalamt ist auch sehr oft unter politischem Druck. Sie haben hier das freie Mandat, also entscheiden Sie nach dem freien Mandat! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich halte es auch für sehr wichtig, und da gebe ich auch meiner Vorrednerin, Frau Meinl-Reisinger, recht, dass auch der Verkauf unter äußerst fragwürdigen Umständen zustande gekommen ist und dass sich zu Recht die Korruptionsstaatsanwaltschaft eingeschaltet hat und ermitteln wird. Das Ganze basiert auf Sand, auf der Sandsommerarena des Heumarkts, muss ich Ihnen ehrlich sagen. Das ist nicht seriös! Es ist der Hauptgewinn für einen Mann, der sich in Wien ein Denkmal setzen möchte. Vielleicht schafft er es noch wie Trump zu höchster Staatsspitze. Der Bundespräsident ist weniger einflussreich, damit wird er nicht zufrieden sein, er will Bundeskanzler oder vielleicht Bürgermeister von Wien werden. Na, Gott bewahre. Vorher bitte treten Sie alle an! Der Misstrauensantrag ist absolut berechtigt. Ich sage dies nicht, weil ich Sie angreifen möchte, nein, mir ist dieses politische Kleingeld im Wesentlichen hier wurscht. Ich sage es aus Liebe zu den Wienerinnen und Wienern. Beenden Sie Ihre unselige Tätigkeit und machen Sie, angekratzt und beschädigt wie Sie in dieser Koalition schon sind, nicht noch so einen schwerwiegenden Entschluss wie dieses Bauprojekt im Herzen Wiens! Halten Sie Abstand davon und entscheiden Sie nach Ihrem Gewissen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Ich darf auf der Galerie Damen und Herren der Lebenshilfe Linz recht herzlich hier im Gemeinderatssaal des Wiener Rathauses begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

 

Als Nächster ist Herr GR Woller zu Wort gemeldet. - Ich erteile es ihm.

 

12.52.10

GR Ernst Woller (SPÖ)|: Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich habe jetzt wirklich nachdenken müssen, ob das alles richtig ist, was ich jetzt gerade gehört habe. Es war fast unglaublich, was meine Vorrednerin jetzt gerade von sich gegeben hat, und ich kann nur dankbar sein, dass Sie das auch ausspricht. Das muss auch wirklich öffentlich bekannt sein. Es ist fast unglaublich, dass Sie, Frau Stenzel, als Mitglied der Wiener Landesregierung sagen: „Dieses politische Gremium hier ist mir wurscht.“ (GR Dominik Nepp: Hat sie nicht gesagt! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) - Das können wir nachlesen, ich habe ganz genau aufgepasst, Sie haben sagen: „Das ist mir wurscht.“ - Wir werden das alles im Protokoll nachlesen.

 

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