Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 102
ich glaube, dass man einen Unterschied herausarbeiten kann zwischen einer Petition auf Avaaz und eben so einer Petition, die hier an den Gemeinderat und an den Ausschuss gestellt wird.
Frau Kollegin Kickert! Weil Sie gesagt haben, da ginge es nur um die Optik, wenn ein Anliegen in einem Petitionsausschuss behandelt wird, der Termin festgesetzt wird und die Petitionswerberin dort dann sprechen kann, wobei vier Stunden früher im Ausschuss - mir ist schon ganz klar, die Entscheidung wird dann im Gemeinderat gefällt, aber trotzdem - der Beschluss gefällt wurde, der gar nicht im Interesse dieser Petitionswerberin ist. Ich glaube, es geht nicht nur um die Optik. Denn wenn die Petitionswerberin will, dass man wirklich Druck und Wirbel macht, dann kann sie sich mittlerweile anderer Instrumente besser bedienen, weil dieses Instrument der Petition, wie wir es einsetzen - mit Bürgerkarte oder mit Listen, die ausgedruckt werden, et cetera -, einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Das heißt, was sie möchte, ist, wirklich einen Dialog auf Augenhöhe mit dem Gemeinderat führen, das ist nämlich der Unterschied, und das ist keine Augenhöhe, was wir hier bieten. Das ist keine Augenhöhe. Daher geht es nicht nur um die Optik. (Beifall bei den NEOS.)
Bei der Bürgerbeteiligung ganz allgemein unterstützen wir den Grundsatz, der auch von der Aktion 21 oft formuliert wird, der auch sonst von vielen Expertinnen und Experten im Bereich der Bürgerbeteiligung formuliert wird, das ist die gute Fee der Bürgerbeteiligung: Frühzeitig, ehrlich und ergebnisoffen, so sollte im Idealfall Bürgerbeteiligung stattfinden. Bei der Petition mag das ein bisschen anders sein, anders gelagert sein, aber rein grundsätzlich sollten Bürger eben frühzeitig an Bord geholt werden, in einem ehrlichen Prozess und auf jeden Fall ergebnisoffen.
Ich möchte noch einen anderen Aspekt da hinzufügen und das ist ein gewisser Verbindlichkeitscharakter. Selbstverständlich teilen wir nicht alle Anliegen einer Bürgerinitiative oder einer Petitionswerberin oder eines Petitionswerbers. Nicht immer sind es unsere Anliegen, selbstverständlich nicht. Aber ein bisschen so ähnlich wie beim Gedanken der Meinungsfreiheit - es mag mir zwar nicht gefallen, was du sagst, mag sein, dass ich anderer Meinung bin, aber ich werde alles dafür tun, damit du es sagen kannst - sollten wir mit dem Thema Bürgerbeteiligung und Einbindung der Bürgerinnen und Bürger umgehen in dieser Stadt. Was meine ich damit?
Auch für den Fall, dass man mehrheitlich nicht der Meinung ist, dass man das Anliegen eines Petitionswerbers unterstützt, sollte niemals von diesem Verbindlichkeitscharakter abgegangen werden, dass man sich wirklich ehrlich und ergebnisoffen damit auseinandersetzt. Sonst bleibt nur eines zurück - und das ist in jeder Bürgerinitiative in Wien, wenn Sie mit den Vertreterinnen und Vertretern sprechen, mittlerweile die vorherrschende Emotion -: Frust, absoluter Frust, weil es einfach nichts bringt. Die nehmen sich die Zeit. Die Kollegin Emmerling hat es ja gestern schön geschildert anhand einer Frau, die, glaube ich, geschrieben hat, dass sie einfach, salopp gesagt, die Schnauze voll hat. Sie hat sich nämlich in ihrer Freizeit um ein Anliegen gekümmert, neben Beruf, neben Familie, hat Unterschriften gesammelt, hat vielleicht eine Facebook-Seite eingerichtet, hat versucht, Freunde und Bekannte zu überzeugen - und rennt dann gegen eine Wand.
Ich glaube, meine Damen und Herren, wir sollten diese Art der Politik nicht fortsetzen, weil sie nicht förderlich ist, wenn es darum geht, ein Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in diese Institution, aber auch in uns als Politiker zu bekommen. Daher fordere ich - und schließe an an das, was meine Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition gesagt haben - eine wirkliche Umkehr dieser Haltung in der Stadtregierung, wie mit Bürgeranliegen in dieser Stadt umgegangen wird. Ich komme jetzt nicht mehr zum Thema Heumarkt, aber ich könnte jetzt auch zum Thema Heumarkt zurückkommen. (GR Mag. Josef Taucher: Bestimmte Themen?)
Es geht nicht nur um bestimmte Themen. Ich habe gerade vorher gesagt, wir haben auch gute Erfahrungen damit gemacht, dass wir Bürgerinitiativen sagen: Schaut her, wir teilen euer Anliegen nicht, aber wir wollen, dass ihr es formulieren könnt, und ihr habt folgende Möglichkeiten. Dann erklärt man und unterstützt, wenn es darum geht, das Anliegen formulieren zu können. Das ist meiner Meinung nach der weitaus ehrlichere Weg, als der, der hier teilweise von der offiziellen Stadtregierung gegangen wird, wo man nämlich gar nicht die Bürgerbeteiligung ermöglicht oder Bürgerbeteiligung zur Farce wird.
Mein Kollege Gara hat das auch gesagt, auch bei der Frage Bürgerrat. Wir haben immer wieder Diskussionen bei Bauprojekten. Jetzt wäre das ein innovatives Instrument, wo wir wirklich auch sagen, da ist eine echte Chance drinnen, aber eines ist klar: Es muss ein Bekenntnis von Seiten der Politik kommen, dass man so etwas machen will. Es ist doch völlig lachhaft, dass Dialoge mit den Wienerinnen und Wienern von Seiten des Investors finanziert werden. Das geht nicht! Es geht hier um ein Signal der Politik, dass wir Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen und dass wir hier auf Augenhöhe kommunizieren. Wer diesen Weg verlässt, ist meines Erachtens nicht glaubwürdig in einer offenen Politik, die den BürgerInnen auf Augenhöhe begegnet.
Es wurde auch diskutiert über diese eine Petition, wo ich Werberin war, zum Thema Aufbegehren. Ja, ich nehme zur Kenntnis und akzeptiere es auch, dass man darüber diskutiert, ob es überhaupt zulässig sein sollte, dass man als Politikerin so etwas macht. Sie wissen aber selber, dass wir es eingebracht haben, noch bevor wir hier im Gemeinderat vertreten waren, völlig „fair enough“. Was man aber meines Erachtens - und da appelliere ich schon an Sie - nicht vergessen sollte, ist, dass nicht nur ich hier als mittlerweile Gemeinderätin stehe, sondern 20.000 Wienerinnen und Wiener, die das unterstützt haben. Denen sagen Sie dann auch in einem Atemzug, na ja, kann gekübelt werden, Mistkübelbürgeranliegen bitte hier einwerfen, Ihre rot-grüne Stadtregierung, denn (Zwischenruf bei der SPÖ.) - ich komme noch darauf zu sprechen - es gibt ja eh alle Möglichkeiten, das ist ja so.
Auch ich empfinde das als Einladung und selbstverständlich möchte ich auch hier einen dieser Aspekte,
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