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Gemeinderat, 23. Sitzung vom 05.05.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 102

 

Meine Damen und Herren, das Petitionsrecht in Wien ist eine wichtige und richtige Sache, das haben wir heute schon ein paar Mal gehört. Wichtig ist aber nicht nur, dass es für die Bürger in dieser Stadt ein entsprechendes Gesetz gibt, sondern dass sich die Politik und hier allen voran die Regierungsfraktionen ihrer Verantwortung bewusst sind, das Vertrauen in ein faires Petitionsrecht nicht zu untergraben.

 

Wir haben nämlich - und das ist schon etwas, das sich immer wieder in den Ausschüssen widerspiegelt - auf der einen Seite eine Regierungsfraktion, die es über Jahre und Jahrzehnte hinweg gewohnt war, absolut zu regieren, nahezu schalten und walten konnte, wie sie wollte. In diesen Jahren und Jahrzehnten hat sie in dieser Stadt ein System etabliert, das der dahinterstehenden Partei Einfluss, Macht und Positionen in sämtlichen für die Stadt relevanten Organisationen und Firmen eingeräumt hat. Und es ist zwar sicherlich hart formuliert, aber man bekommt schon sehr oft den Eindruck, dass diese Fraktion wirklich besessen davon ist, über diese Kanäle alles im Interesse der Partei Stehende hier durchzusetzen. Es ist eine Partei, die sich, wie man im Petitionsausschuss durchaus merkt, immer wieder schwer tut mit dem Wesen der Petition an sich und sich insbesondere bei Petitionswerbern, die nicht das vertreten, was im Sinne der Partei ist, durchaus schwer tut.

 

Auf der anderen Seite haben wir eine Regierungsfraktion, die in ihren noch einigermaßen glaubwürdigen Zeiten ein Mitkämpfer für das Petitionsrecht in Wien war, sich mittlerweile aber zum Teil in den Ausschusssitzungen mit der Mehrheitsfraktion hier in Blockaden übt. Es ist eine Regierungsfraktion, die sich basisdemokratische Regeln selbst auferlegt hat, wie wir ja bekanntlich wissen, an die sich jedoch nicht einmal die eigenen Spitzenfunktionäre mittlerweile halten. Es ist eine Regierungsfraktion, die sich mittlerweile dermaßen von ihren Grundsätzen entfernt hat, dass sie nicht einmal mehr Abstimmungen der eigenen engsten Gesinnungsgenossen ernst nimmt, und die Masse der Abgeordneten erklärt hat, sich hier gegen dieses Ergebnis dieser Abstimmung entsprechend zu verhalten.

 

Meine Damen und Herren, insbesondere die Zuschauer zu Hause und die wenigen, die auf der Galerie sitzen, führen Sie sich nun selbst vor Augen, wie sich zwei Regierungsfraktionen verhalten, die einerseits machtverwöhnt, machtversessen sind und andererseits gerade Geschmack am Geruch der Macht gewonnen haben, sogar ihrer eigenen Basis, den eigenen engsten Gesinnungsfreunden den Rücken zukehren, wenn es um beinharte Machtinteressen geht. (Beifall bei der FPÖ.) Vor allem, sehr geehrte Zuseher, führen Sie sich einmal vor Augen, wie es ausschaut, wenn man das äußerst sensible und verantwortungsvolle Petitionsrecht diesen Herrschaften in die Hand legt. Sie vermuten wahrscheinlich nichts Gutes, und leider zu Recht, wie ich meine. Ich möchte da konkret ein Beispiel nennen:

 

Im vergangenen Jahr wurde eine Petition mit dem Titel „Kein Konsum alkoholischer Getränke auf öffentlichen Flächen des Pratersterns“ eingereicht. Der Praterstern - Sie wissen das aus vorangegangenen Sitzungen beziehungsweise Diskussionen - gehört zu einem der sozialen Brennpunkte Wiens. Täglich passieren rund 150.000 Menschen den Praterstern. Das sind Schüler, Arbeiter, Kinder, Eltern, Frauen, die auf dem Weg zum oder vom Arbeitsplatz sind, die auf dem Weg zum oder vom Schulplatz sind, die auf dem Weg in den Prater sind oder wohin auch immer. Das Ganze läuft aber nicht so ab wie bei fast jedem anderen österreichischen Bahnhof, wie man das glauben könnte, sondern nein, am Praterstern gleicht das Ganze einem Spießrutenlauf. Es ist dies ein Spießrutenlauf quer durch schwerstalkoholisierte Personen, durch Pöbler, die sich auf Grund ihres Alkoholkonsums dort nicht mehr im Griff haben, sowie durch Schnorrer, die versuchen, bei den Passanten entsprechend ein paar Euro abzustauben.

 

Alleine im Jahr 2013, meine Damen und Herren, kam es beim Praterstern zu 2.056 Rettungseinsätzen. Es gab sage und schreibe 44.074 Amtshandlungen, 6.299 Verwaltungsübertretungen und 2.106 Anzeigen wegen strafbarer Handlungen, was unterm Strich alle 12 Minuten eine Amtshandlung bedeutet, meine Damen und Herren. Die schwerstüberforderten Sozialarbeiter haben den Herumlungernden, Schwerstalkoholikern und Alkoholleichen dort leider in der Regel nicht wirklich etwas Wirksames entgegenzusetzen, und als ob die Situation nicht an sich schon schlimm genug wäre, hat dann die Politik auch noch die Polizeiinspektion vom Praterstern geschlossen und in die Lassallestraße verlegt.

 

Auf Grund der herrschenden Umstände war es somit auch kein Wunder, dass sich besorgte und verärgerte Bürger mittels einer Petition an den Gemeinderat beziehungsweise Ausschuss wandten mit der Forderung nach einem Verbot des Konsums von Alkohol am Praterstern. Im Ausschuss selbst wurden dann die Stellungnahmen der ÖBB, der Wiener Linien, der Landespolizeidirektion Wien, der Wirtschaftskammer Wien, der Bezirksvorstehung des 2. Bezirks und des Herrn StR Mailath-Pokorny sowie der damaligen Stadträtin Wehsely eingeholt. Was, vermuten Sie, war der Inhalt der Stellungnahmen zum Thema Alkoholverbot? Die Landespolizeidirektion Wien - ich lese natürlich nicht die ganzen Stellungnahmen vor - hat im Endeffekt sinngemäß mitgeteilt, mit einem solchen Verbot bestehe die Möglichkeit, den Missbrauch von alkoholischen Getränken an dieser Örtlichkeit weiter zu reduzieren.

 

Die Wiener Linien haben geschrieben: „Die Wiener Linien begrüßen jede Maßnahme, die dazu beiträgt, dass der Praterstern für unsere Fahrgäste ein sicherer und sauberer Ort ist.“ - Also auch im Sinne eines Alkoholverbotes.

 

Die ÖBB-Infrastruktur AG hat darauf verwiesen, dass der Bahnhofsvorplatz Eigentum der Stadt Wien ist, dass im Bahnhofsgelände, in der Station selbst entsprechend der Hausordnung übermäßiger Alkoholkonsum und der Aufenthalt von offensichtlich betrunkenen Personen ohnedies untersagt sei - und, ja, die ÖBB wiesen ausdrücklich auch darauf hin, dass der Erfolg eines Alkoholverbotes nur mit Unterstützung der Stadt erreicht werden kann.

 

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