Gemeinderat, 28. Sitzung vom 25.10.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 57
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 2. Zusatzfrage kommt von den GRÜNEN. GR Dipl.-Ing. Margulies, bitte.
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Ich war recht dankbar für die Beantwortung der ursprünglichen Frage und will tatsächlich darauf verweisen, wenn man das Theater an der Josefstadt schon als Hort der Revolution betrachtet, das hinkünftig nicht mehr subventioniert werden soll: Wie sieht es dann tatsächlich mit der weiteren Theaterlandschaft in Wien und in Österreich aus?
In diesem Sinne frage ich insofern einmal nach: Wie weit sind Sie, wie weit sind wir darauf vorbereitet, dass eine FPÖ in der Bundesregierung, so wie angedeutet in dieser heutigen Anfrage, alles, was sich auch nur irgendwie kritisch mit Mitgliedern einer künftigen Bundesregierung auseinandersetzt, nicht mehr subventioniert werden sollte? Wie werden wir als Wien versuchen, gegen diese Art der Zensur vorzugehen?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Na ja, ich kann nur darauf verweisen, was ich ohnehin schon gesagt habe. Wir haben das alles schon erlebt. Wir kennen die Methoden, wie da vorgegangen wird.
Ich kann mich nur allzu gut erinnern: Kaum hat es bei der Viennale eine kritische Äußerung gegen die Regierung Schüssel gegeben, wurden dort die Mittel gekürzt, und, und, und. Das kann man ja alles nachlesen, und das ist halt auch die Art und Weise, wie Kulturpolitik gemacht wird. Also das Verständnis, dass man die Hand, die einen füttert, nicht beißt.
Ich habe immer gesagt, wir haben ein grundlegend anderes Verständnis. Kulturförderung hat nichts zu tun mit Wohlverhalten, mit Gefügigkeit, mit Nicht-Kritik. Das lässt sich auch über die Jahre eindeutig nachweisen.
Ja, ich muss schon sagen, natürlich werden wir allfällige Kürzungen nicht eins zu eins ausgleichen können, das muss uns bewusst sein. Aber es muss uns auch bewusst sein, dass damit ganz viel an diesem weltoffenen Wien, an einer Kultur, die nun tatsächlich über die Jahre gewachsen ist, an der Weltspitze ist und uneingeschränkt Anerkennung bei den eigenen Leuten und auch bei den Gästen aus dem Ausland und weltweit findet, dass das natürlich zur Disposition steht.
Das ist im Übrigen ein zartes Pflänzchen. Also nicht einfach so, da gibt es halt sozusagen einmal ein paar Jahre kein Geld, und dann ist es vielleicht wieder da, sondern ich glaube schon, dass ein Grundverständnis Platz greifen muss, dass eine Offenheit selbstverständlich auch bedeutet, dass man anderer Meinung sein kann und dass man die auch in entsprechender künstlerischer Form äußern muss.
Wehleidigkeit, meine Damen und Herren, ist da grundlegend fehl am Platze. Aber ich fürchte, es ist nicht nur Wehleidigkeit, sondern es ist politische Absicht und politisches System, das dahinter gestanden ist und wieder stehen wird.
Wir werden alles tun, um Wien weiter als eine vielfältige, weltoffene, kulturell weltoffene Stadt zu erhalten, selbstverständlich. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 3. Zusatzfrage kommt von der FPÖ. Frau GRin Mag. Nittmann, bitte.
GRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ): Herr Stadtrat!
Ich knüpfe gleich an Ihren letzten Satz an: Sie sagen, das war wahrscheinlich politische Absicht. Ich nehme an, dass es politische Absicht des Theater an der Josefstadt war, genau im Wahlmonat Oktober 2017 das nicht nur im Programmheft, sondern auch in der Übersicht des Programmheftes überall aufzudrucken.
Herr Stadtrat! Das ist nicht eine Werbung für jemanden. Das ist ganz klar eine politische Stimmungsmache gegen eine bestimmte politische Partei, nämlich genau gegen Ihren Mitbewerber, und das auf persönlicher Ebene gegen den Bundesparteiobmann. Sie haben offenbar in Ihrer Argumentation viel gelernt von Ihrem Bundesparteiobmann, was Dirty Campaigning anbelangt. (Beifall bei der FPÖ. - Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Sich jetzt darauf auszureden, wir sind Spaßbremser und verstehen nicht, was Satire ist: Ich sage Ihnen, ich finde es eigentlich nicht angemessen, dass Sie uns hier von Ihrem Podest aus oberlehrerhaft belehren wollen, dass wir nicht wissen, was Satire ist. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Was soll die Frage sein?) Nur, das ist nicht Satire! Das ist parteipolitische Agitation, das ist Dirty Campaigning, und das haben wir jetzt von der SPÖ im ganzen Wahlkampf erlebt. (Beifall bei der FPÖ. - „Frage!“-Rufe bei der SPÖ.)
Ich stelle daher noch einmal die Frage: Wie werden Sie, solange Sie noch Stadtrat in dem Ressort sind, im Kulturressort gewährleisten, dass mit Steuergeldern kein Dirty Campaigning gegen bestimmte Parteien geführt wird?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrte Frau Gemeinderätin!
Also, ich zeige Ihnen das gerne auch noch einmal. Ich weiß nicht, wann diese Einschaltung kommt, vielleicht vor der nächsten Wahl, vor einem Parteitag oder was weiß ich, wann. Also hier kommt auch der Herr Bürgermeister vor. Ich habe nicht einmal ein Augenzwinkern des Herrn Bürgermeisters vernommen, dass er sagt, bitte, jetzt müssen die die Subventionen zurückzahlen, das ist eine Frechheit, das ist parteipolitisches Dirty Campaigning.
Mein Gott, seien Sie ein bisschen locker! Lachen Sie doch einmal auch vielleicht über sich selbst! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich weiß schon, Humor ist das wirksamste Mittel gegen autoritative, verkrampfte, auf sich selbst bezogene Politik. (GR Dr. Günter Koderhold: Das sagt die Wiener SPÖ! - Heiterkeit bei der FPÖ.)
Ja! Und wissen Sie, die Wiener SPÖ, jedenfalls auch ich und alle anderen (GR Mag. Wolfgang Jung: Werden wir sehen, wie Sie die Bürgermeisternachfolge mit Humor lösen!) können noch lachen, können noch über sich selber lachen und können Humor als Humor, Schmäh als
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