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Gemeinderat, 28. Sitzung vom 25.10.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 57

 

Day gehabt. Der 13. Oktober, der Tag, ab dem Frauen in Österreich statistisch gesehen unbezahlt weiterarbeiten. Am 13. Oktober haben die Männer bereits das verdient gehabt, was Frauen erst am Ende des Jahres verdient haben werden. Und wir werden am 30. Oktober den Wiener Equal Pay Day haben. Im Österreichvergleich ist hier die Einkommensschere doch ein Stück geringer. Und wenn wir auf die letzten 9 Jahre zurückblicken, so können wir, wenn auch mit Ungeduld, aber doch mit Zuversicht sehen, dass sich die Einkommensschere im Datum gemessen um 25 Tage verringert hat. Das ist doch beachtlich, wenngleich ich meine, die Einkommensschere müsste sich doch sehr viel schneller verringern, denn es wird ja noch Jahrzehnte dauern, bis wir Equal Pay am 31. Dezember haben. Ich kann verstehen, dass viele eigentlich schon ungeduldig sind und es schon nicht mehr hören können. Aber wir müssen es weiter sagen, wir müssen weiter dafür kämpfen, dass sich die Einkommensschere schließt.

 

Was wir auch sehen, ist, dass Wien doch deutlich besser im Bundesvergleich abschneidet. Das hängt nicht damit zusammen, dass die Frauen und Männer im Magistrat so viel anders wären als außerhalb des Magistrats, sondern damit, dass in Wien sowohl der Magistrat als Arbeitgeberin als auch die Politik anders sind, anders als in den anderen Bundesländern. Dass hier in Wien aktive Frauenförderung groß geschrieben wird. Wien ist auch anders in Bezug auf Gleichstellungspolitik, Antidiskriminierungspolitik, Frauenförderpolitik innerhalb des Magistrats. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ein Beispiel aus der Privatwirtschaft, das mir vor Kurzem eine junge Frau erzählt hat und das ich ziemlich beeindruckend im Sinne auch von schockierend erlebt habe, weil ich gemerkt habe, wie wenig Wissen nach über 100 Jahren Internationaler Frauentag, wie wenig Wissen nach 2 Frauenbewegungen nach wie vor vorhanden ist, und wie wichtig es ist, die Errungenschaften, die Instrumente weiter publik zu machen, die es für Gleichstellung gibt: Dieses Beispiel ist von einer jungen Frau. Sie hat dringend einen Job gesucht und hat dringend einen Job gebraucht. Dann hat sie einen angeboten bekommen, zuerst einmal als Praktikantin. Das hat sie dann gemacht. Als nächsten Schritt hat sie einen befristeten Vertrag bekommen. Sie war weiterhin angewiesen auf diese Arbeit, auf dieses Einkommen und hat diesen befristeten Vertrag genommen. Und irgendwann hat sie dann einen unbefristeten Vertrag bekommen und hat dann nach gewisser Zeit festgestellt, dass sie im Gegensatz zu ihren KollegInnen 40 Stunden zur geringsten Einkommenseinstufung arbeitet

 

Was tut diese Frau? Sie hat das erstens einmal festgestellt. Und was braucht diese Frau? Sie braucht einen Betriebsrat/Betriebsrätin und sie braucht Gleichbehandlungsbeauftragte, die diesen Fall prüfen und wenn hier eine Diskriminierung vorliegt, vor das Gericht bringen. Im öffentlichen Dienst geht das viel, viel einfacher, aber dazu später.

 

Eine zweite Lebensrealität, die Ihnen wahrscheinlich auch nicht entgangen ist und derzeit unter dem Hashtag „MeToo“ kursiert, ist das ungeahnte, riesige Ausmaß an sexueller Belästigung, dem Frauen ausgesetzt sind. Angefangen hat diese Bewegung, dieser Aufschrei wieder einmal durch einen öffentlich prominenten Mann, in dem Fall einen Hollywood-Produzenten. Aber es hat sich gezeigt, diese sexuelle Belästigung - wir wissen es - hat viel, viel weitreichenderes Ausmaß und die Abhängigkeiten gehen viel, viel weitreichender und betreffen nicht nur Prominente.

 

Der „Report“ hat gestern übertitelt „Hollywood ist überall“. Die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist ein ganz massives Thema, das Frauen ebenfalls unter diesem Hashtag postulieren. In der ganzen westlichen Welt gibt es diese Aufschreibewegung, diese „MeToo“-Bewegung. Ich erwähne deshalb „Aufschrei“, denn vor zwei Jahren gab es diesen Hashtag. Es ist in Frankreich eine Gesetzesnovellierung in Diskussion, das EU-Parlament ist mittlerweile durch öffentlich bekannt gemachte Fälle auch aufgerüttelt worden. In Österreich wurde ein Chefredakteur fristlos entlassen, es geht durch Politik, Sport, Kunst, quer durch.

 

Und was machen sexuell belästigte Frauen, wenn sie in der Arbeitswelt, in ihrem Betrieb, an ihrer Arbeitsstätte sexuell belästigt werden? Wohin wenden sie sich? Wem trauen sie sich zu öffnen? Wer steht für sie da? - Darum geht es. Um das geht es auch im Einkommensbericht. Denn es braucht eben zu diesem Aufschrei, der schnell in 140 Zeichen getwittert ist, ganz klare strukturelle Angebote, strukturelle Angebote und strukturelle Differenzierung, die unterscheiden, was ist ein sexistischer Witz und wo fängt die Gewalt an, wo werden hier welche Schritte gesetzt. Dazu braucht es Einrichtungen, dazu braucht es Institutionen, dazu braucht es Personen, die sowohl kompetent als auch bemächtigt und befähigt sind, diese Ungleichbehandlung, diese Diskriminierung, die Gewalt aufzuzeigen und zu lösen.

 

Jetzt ganz konkret zum Wiener Gleichbehandlungsbericht. Vielen, vielen herzlichen Dank an Elisabeth Kromus und ihr Team - sie sind da -, das wirklich sehr, sehr engagiert, sehr couragiert, sehr mit Nachdruck und Leidenschaft ein Projekt verfolgt, das ein sehr großes Beharrungsvermögen verlangt: Es geht ums Bohren von sehr dicken Brettern, das wissen alle, die im Gleichbehandlungsbereich arbeiten. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Vielen Dank! Der 100 Seiten starke Gleichbehandlungsbericht - es ist ja übrigens der zweite in dieser Form - zeigt ganz eindrücklich und eindrucksvoll, in wie vielen Feldern die Gleichbehandlungsanwaltschaft aktiv ist: Da geht es um Sensibilisierung, da geht es um Aufklärungsarbeit, da geht es um Forschungsarbeit, da geht es um Analysen, da geht es aber auch natürlich ganz stark um Maßnahmen entwickeln, Maßnahmen, die helfen, die machbar sind. Ich glaube, das ist auch etwas ganz, ganz Wichtiges, dass dort auch Nägel mit Köpfen gemacht werden.

 

Und natürlich ist der Bericht durchwachsen, das muss man einfach feststellen. Wir alle würden uns ja freuen, wenn die Gleichbehandlungsanwaltschaft zusammenpacken könnte, weil wir das ein für alle Mal erledigt hätten, die Gleichstellung, die Frauenförderung nicht mehr notwendig wäre. Aber wir alle wissen, das ist

 

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