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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 135

 

den Verwaltungseinsparungsprozess WiStA und der zweite den Vergleich mit anderen Städten.

 

Zu den Verwaltungseinsparungen oder scheinbaren Einsparungen: Hier ist die Stadt Ankündigungsweltmeister, aber Umsetzungszwerg. Seit 2015 wurde eine Verwaltungsreform angekündigt, angekündigt, angekündigt. 2016 dann auch präsentiert, ganz groß als Wiener Struktur- und Ausgabenreform, bei der der erste riesige Punkt die Bezirkereform war. Mich würde interessieren: Wo ist denn die geblieben? Warum geht man in die Medien und präsentiert etwas groß und dann kommt gar nichts? - Letzte Woche gab es anscheinend einen Rückzieher, nämlich, dass nicht einmal eine minimale Änderung kommt. Das ist eine unehrliche Politik, wenn man Ankündigungen der Reihe nach macht, aber keine dieser Ankündigungen auch nur irgendwie umsetzt. (Beifall bei den NEOS.)

 

Dazu gab es auch schon die Diskussion letztes Jahr: Wo sieht man denn die Einsparungspotenziale von WiStA? Da habe ich auch eine Anfrage an Sie gestellt, Frau Stadträtin, wo denn diese anscheinend 100 Millionen EUR Optimierungen sind, die laut Ihnen anscheinend schon im Budget schlagend sind - 23 Millionen EUR bei der Entbürokratisierung und 77 Millionen EUR bei der Aufgabenoptimierung. Da wurden Sachen aufgezählt wie die Übertragung des Konservatoriums oder die Zusammenführung städtischer Hotlines oder die Treffsicherheit des Förderportfolios, die 100 Millionen EUR im Budget ausmachen sollen.

 

Wenn man sich allerdings das Budget genau in diesem Posten anschaut, so gibt es keine Einsparung, sondern zum Beispiel beim Konservatorium Mehrausgaben von 1 Million EUR. Bei der Treffsicherheit des Förderportfolios sehe ich überhaupt nichts, sondern da sehe ich wachsende Förderbeiträge. Oder bei der Einsparung im Bereich Gebäude und Verwaltung der Stadt sehe ich einen massiven Anstieg der Kosten und vor allem auch der Mietkosten von Gebäuden, weil die Stadt die eigenen Gebäude zu günstig vergibt und sich selbst irgendwo teuer einmieten muss. Das ist keine sinnvolle Finanzpolitik, wie ich sie mir vorstellen würde.

 

Beim großen Punkt Personalreform, der ja auch immer wieder angekündigt worden ist - diese werden wir im Landtag noch diskutieren -, sehe ich kaum Mut, Schritte zu setzen, die notwendig wären, um unsere Stadt zukunftsfit zu machen. Da entstehen kurzfristig sogar mehr Kosten, anstatt dass Einsparungen geschehen würden. (GR Ing. Christian Meidlinger: Das sind keine Sklaven, das sind Mitarbeiter!)

 

Der nächste Punkt betrifft den Vergleich, Frau Brauner, weil Sie den immer wieder sehr gerne bringen: Wie steht Wien da im Vergleich zu anderen Bundesländern, im Vergleich zu anderen Städten? - Vergleicht man Wien mit anderen vergleichbaren Städten, zum Beispiel München oder Stuttgart, so sieht man, dass Wien sehr, sehr schlecht abschneidet. Schaut man sich zum Beispiel München an, das zwischen 2006 und heute die Verschuldung pro Person von 2.600 EUR auf 500 EUR reduziert hat, während Wien im gleichen Zeitraum von 890 EUR pro Person auf über 3.000 EUR erhöht hat, so sieht man ein eklatantes Auseinanderklaffen von München und Wien, obwohl beide Städte ähnliche Herausforderungen haben. München hat sogar ein stärkeres Wachstum an Zuwanderung als Wien, und Wien schafft es trotzdem nicht. Hier sieht man, dass der Wille fehlt, Reformen anzugehen, weil man lieber den Ist-Zustand verwaltet und zu starke Abhängigkeiten von gewissen Interessentengruppen hat.

 

Wir sind in der Generaldebatte, für die wir uns vorgenommen haben, ein bisschen über Europa, Internationales zu reden. Dafür möchte ich die restliche Redezeit verwenden, weil es uns als proeuropäische Partei ein besonderes Anliegen ist, Wien im Herzen Europas in einer starken Rolle der europäischen Integration zu sehen. Wir haben eine besondere Chance, da wir ja die Ratspräsidentschaft übernehmen werden und die Entwicklung der Europäischen Union weiter voranbringen können. Ich sehe den Integrationsprozess wie ein Fahrrad, das entweder weiterkommt und fährt oder umfällt.

 

Es gibt in Österreich leider immer mehr Akteure, die lieber das Fahrrad umfallen sehen würden, als es voranzubringen. Da sehe ich auch die zukünftige Regierung von Schwarz-Blau sehr, sehr kritisch in europapolitischen Fragen. Vor allem auch, weil der bisherige Außenminister Kurz mit sehr fragwürdigen Äußerungen und Ideen an die Öffentlichkeit tritt. Man sieht es an kleinen Dingen: Wenn man versucht, den Begriff der EU-Bürger zu EU-Ausländern zu verändern, dann zeigt das ganz, ganz viel von Politikverständnis; von Politikverständnis als mehr Nationalstaatlichkeit und die anderen als Gefahr zu sehen. (Beifall bei den NEOS und von GR Christian Oxonitsch. - Zwischenruf von GR Mag. Wolfgang Jung.)

 

Ich weiß, die FPÖ möchte am liebsten viel, viel mehr Nationalstaatlichkeit, obwohl die Herausforderungen unserer Zeit wie Migration, wie Klimakrise europäisch zu beantworten sein werden und nicht auf nationaler Ebene, auch wenn Sie im nationalstaatlichen Denken des 19. Jahrhunderts verhaftet sind. (GR Mag. Wolfgang Jung: Sie sind ein Staatsverweigerer!) Das sieht man zum Beispiel im Bereich der Verteidigungsunion, beim Verteidigungspakt, der letztes Jahr beschlossen wurde: Die deutsche Verteidigungsministerin traut sich, mutig an die Öffentlichkeit zu treten und zu sagen, das ist ein wichtiger Schritt Richtung europäischer Verteidigungsunion, ein erster Schritt. Und was macht Österreich, was macht unser Außenminister Kurz? - Er sagt, mit der Neutralität ist es schon etwas heikel und so ist es ja gar nicht gemeint. Er relativiert alles, obwohl genau das ein ganz, ganz wichtiger Schritt wäre, um in eine Verteidigungsunion zu gehen und auch den Begriff der Neutralität neu zu diskutieren. (Beifall bei den NEOS. - GR Mag. Wolfgang Jung: Diskutieren Sie es! Mal sehen, wie viele Österreicher Ihnen folgen werden!) Wir glauben, es ist an der Zeit, dass wir da reinen Wein einschenken und auch schauen, wie denn die Neutralität überhaupt noch mit unseren Herausforderungen und mit unseren Sicherheitserfordernissen in diesem Jahrhundert zusammenpasst.

 

Das Thema Personenfreizügigkeit wird nicht nur von Seiten der ÖVP politisch instrumentalisiert, sondern auch

 

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