«  1  »

 

Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 135

 

Meine Damen und Herren, das ist keine seriöse Budgetpolitik, seriöse Finanzpolitik und nicht tragbar! Die Schulden von heute, werte Frau Stadträtin, sind die Steuern von morgen! Und wenn wir davon reden, dass wir unseren Kindern und Enkeln eine großartige Stadt übergeben wollen, dann müssten wir jetzt und vor allem in der Budgetpolitik rechtzeitig darauf schauen, dass wir diesen hohen Ansprüchen auch genügen.

 

Ich darf zu guter Letzt drei Anträge einbringen, die für uns wesentliche Themen dieser Stadt behandeln: Schuldenbremse für Wien: Meine Fraktion hätte gern so eine Schuldenbremse im Verfassungsrang auf Bundesebene, weil das eben ein, wie wir glauben, sehr gutes Mittel ist, um Politiker davon abzuhalten, populistisch kurz vor Wahlen oder dergleichen das Füllhorn auszuschütten. Wir brauchen diese Schuldenbremse in Wien, die Budgetvoranschläge zeigen Jahr für Jahr, dass wir offensichtlich sonst nicht in der Lage sind, Budgetdisziplin einzuhalten.

 

Der zweite Antrag behandelt ein Thema, bei dem die Sozialdemokratie sich nicht ganz schlüssig zu sein scheint, zumindest nicht ganz einig mit ihrem Koalitionspartner. Wir brauchen ein klares Bekenntnis zum Lobau-Tunnel, zur 6. Donauquerung, und wir brauchen die Errichtung dieses Projekts so rasch wie möglich, meine Damen und Herren, und keine Stadtregierung, die selbst mit ihrer Haltung dazu ringt.

 

Zum dritten Antrag: Es wurden heute schon diverse Rankings genannt, in denen Wien so toll abschneidet. Eines fällt mir jetzt in der Tat ein, nämlich ein Tourismusranking aus den USA, erst wenige Woche alt, in dem man gemeint hat, Wien sei eine tolle Stadt und wert, bereist zu werden. Das freut mich. Ich denke, das hat viele Gründe, vor allem die historischen Schätze, die Wien anzubieten hat, vielleicht weniger die rot-grüne Stadtregierung. Aber aus diesem Grund und weil wir uns mit diesen etwas mehr als zwölf Millionen Nächtigungen nicht zufrieden geben, sondern glauben, dass da noch mehr möglich ist, dass wir noch mehr Menschen unsere Stadt zeigen können, ist es hoch an der Zeit, dass wir die Diskussion um die Sonntagsöffnung in Wiener Tourismuszonen endlich wieder mit Leben erfüllen. Meine Damen und Herren - Kollege Strobl lächelt gerade, aber auch er, gerade als ein Mann der Wirtschaft, der er ja eigentlich sein sollte, wird es merken -, Sie werden sich nicht ewig dem Zeitgeist und dem Gebot der Stunde widersetzen können! - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Das waren 13 Minuten. Das heißt, die ÖVP hätte noch eine Restredezeit von 8 Minuten. Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Kollege GR Dipl.-Ing. Margulies. Selbstgewählte Redezeit beträgt 12 Minuten, diese werden auch eingeschaltet. - Sie haben das Wort.

 

11.36.23

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Kollege Juraczka, Sie haben gesagt, seriöse Budgetpolitik beginnt mit …, dann habe ich das Wort nicht verstanden, ich setze es einfach so fort: mit Fakten. Ich möchte deshalb zu Beginn ein paar Fakten darlegen, und es würde mich interessieren, ob Sie das tatsächlich so verinnerlicht haben, wobei ich kein Frage-und-Antwort-Spiel mache, keine Angst! (GR Mag. Wolfgang Jung: Wir fürchten uns nicht!) - Na gut, Kollege Jung, Sie fürchten sich nicht, an Sie: Wie viel bekommt die Stadt Wien pro Kopf aus den Ertragsanteilen? Wissen Sie das ungefähr? (GR Mag. Wolfgang Jung: Sie dürfen überhaupt nicht übers Budget diskutieren! Eine Partei, die kurz vorm Konkurs steht, will uns belehren!) - Ach so, Sie fürchten sich, Sie haben keine Antwort. Also gut, beginnen wir mit den Fakten, damit Sie es wissen: Im Jahr 2008, Kollege Juraczka und Kolleginnen und Kollegen von den Freiheitlichen, bekam die Stadt Wien aus den Ertragsanteilen pro Kopf 2.933 EUR. Das sind die Ertragsanteile, die ausgewiesen sind plus die Ansätze 9410 und 9450, die dann in Ertragsanteile umgewandelt wurden. Nur damit Sie wissen, worüber wir reden. Pro Kopf 2.933 EUR. 2018, also viele Jahre später, sind es nominell 3.400 EUR und geldwertmäßig 2.842 EUR. Das heißt, für 1,9 Millionen Bürger und Bürgerinnen in dieser Stadt bekommt die Stadt Wien real rund 90 EUR weniger als noch im Jahr 2008. Sie alle sagen, die Krise ist vorbei. - Ja, die Krise, so wie sie sich 2009, 2010, 2011 dargestellt hat, ist vorbei, das stimmt. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Aber in keinem einzigen Jahr seit 2008 hat Wien real jemals wieder die Summe von 2.933 EUR pro Kopf bekommen. Es war immer deutlich weniger, summiert real in den letzten 10 Jahren um 1,7 Milliarden EUR. Nur damit Sie einmal wissen, wovon wir reden. Sie sagen immer, der Bund schüttet das Füllhorn aus. Das stimmt nicht! Selbst für 2018 bekommt die Stadt Wien aus den Ertragsanteilen plus den damals umgewandelten Zuschüssen inklusive der Wohnbauförderung - nur damit niemand glaubt, ich habe die 250 Millionen EUR vergessen dazuzurechnen - um 90 EUR weniger pro Kopf für jeden einzelnen Menschen, der in Wien lebt. (GR Mag. Wolfgang Jung: Und das alles unterm roten Bürgermeister!)

 

Jetzt kommt ein zweiter Punkt dazu: Wegen der Wirtschaftskrise, wie gesagt, nicht mehr so wie früher, aber wir hatten ja unterschiedliche Situationen. Nach der Wirtschaftskrise gab es auch große Fluchtbewegungen, das wissen Sie. Und wir haben zwei Bundesländer, die Mindestsicherungsbezieher aus ihrem Bundesland rauswerfen, das sind Oberösterreich und Niederösterreich.

 

Denn dass diese beiden Bundesländer mit ungefähr derselben Bevölkerungszahl wie Wien nur knapp ein Zehntel an MindestsicherungsbezieherInnen haben, liegt einzig und allein daran, dass sie unsolidarisch sind und sich an allen anderen Bundesländern in Österreich abputzen, an Vorarlberg, an Tirol, an der Steiermark, an Kärnten, an Salzburg, am Burgenland und vor allem an Wien. Das ist schäbig und das kostet Wien weitere Hunderte Millionen Euro, die sich Niederösterreich und Oberösterreich in einer Art und Weise ersparen, die schäbig ist. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Kollege Juraczka telefoniert (GR Mag. Manfred Juraczka telefoniert neben den Sitzreihen herumgehend.) - ich habe deine zarte Andeutung verstanden. Wir stehen

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular