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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 135

 

dazu, dass Kinderbetreuung und Bildung kostenlos sind. Kollege Juraczka, habe ich das richtig verstanden, dass Sie zart angedeutet … - Er telefoniert gerade, okay, es interessiert ihn nicht. Vorher sich aufregen, dass der Saal spärlich besetzt ist, dann selbst rausgehen, kurz reden, reingehen, telefonieren und nicht einmal direkt nach seiner Rede zuhören. Kollege Juraczka, nämlich persönlich tatsächlich …

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik (unterbrechend): Herr Kollege, ich darf Sie bitten, dass Sie die Rede an den gesamten Gemeinderat richten und nicht an eine Einzelperson.

 

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (fortsetzend): Ja. Kollege Blümel, der andere Redner der ÖVP, ist gar nicht da, höre ich gerade aus der Bank. Das wiederhole ich gerne. Aber ich erlaube mir kurz noch die Anmerkung, vielleicht kann jemand anderer aus der ÖVP Auskunft geben. (Zwischenruf von GR Mag. Wolfgang Jung.) War das eine zarte Andeutung, den Gratiskindergarten aufgeben zu wollen, wie das Kollege Juraczka gesagt hat, oder nicht? Ich sage Ihnen, wir wollen das nicht. Die Grünen, und ich nehme an, auch die Sozialdemokratie, stehen dazu, dass der Gratiskindergarten bleibt, und das ist richtig. - Danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Aber da ich gesagt habe, wir bleiben bei den Fakten, vielleicht ein anderes kleines Beispiel, um zu illustrieren, wo tatsächlich finanzielle Perspektiven aus Sicht der Stadt möglich wären, noch dazu, wo im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen verhandelt wurde, dass im Bereich der Grundsteuer einiges möglich wäre. Seit knapp zehn Jahren, wenn man den Immobilienpreisspiegel beobachtet, sind in Wien im privaten Bereich die Preise für Grundstücke und Immobilien um bis zu 70 Prozent gestiegen. Wenn Sie andere Zahlen haben, habe ich kein Problem damit, es gibt diesbezüglich keine eindeutige Zahl, aber es gibt den Immobilienindex und unterschiedliche Medienberichte dazu, es sind knapp 70 Prozent. Jetzt könnte man doch eigentlich glauben, dass die Grundsteuer in diesem Zeitraum ebenfalls um 70 Prozent gestiegen ist. (GR Armin Blind: Jetzt kommen wieder die Steuererfinder! - GR Dominik Nepp, MA: Alles belasten!) - Es geht überhaupt nicht darum, alles zu belasten. Es geht darum, dass man Leistungen bereitstellen muss. (Zwischenruf von GR Dominik Nepp, MA.) - Nein, ich formuliere es anders: Schulden sind manchmal, insbesondere auf Bundesebene, wir haben leider nicht diese Möglichkeit, aber Schulden sind manchmal auch die Feigheit davor, Einnahmen sozial gerecht zu generieren und dann in Wirklichkeit die Ausgaben sozial gerecht zu verteilen. (GR Mag. Wolfgang Jung: Sie reduzieren sie ja nicht! - Zwischenruf von GR Dominik Nepp, MA.) Solange es notwendig ist, dass wir in Bildung investieren, solange es notwendig ist, dass wir in Gesundheitspolitik investieren, solange es notwendig ist, dass wir in die Kinderbetreuung investieren, und solange es notwendig ist, weil es leider auf Bundesebene in den letzten zehn Jahren nicht gelungen ist, Vollbeschäftigung mit einem wirklich angemessenen Lohnniveau sicherzustellen, solange dies notwendig ist, müssen wir auch mit einer Bedarfsorientieren Mindestsicherung sicherstellen, dass die Armut in Österreich, insbesondere in Wien, bestmöglich reduziert wird. Ja, das kostet Geld, und dazu stehen wir. Ich glaube tatsächlich, dass es Aufgabe der öffentlichen Hand ist, einerseits ausreichend finanzielle Mittel dafür zur Verfügung zu stellen, Armut zu bekämpfen, und andererseits dort, wo der enorme Reichtum immer größer und größer wird, auch wirklich zu versuchen, Einnahmen zu generieren. Es wundert mich aber nicht, dass Freiheitliche und ÖVP hier auf einer Linie sind, ist es doch der Finanzminister gewesen, der in dieser Woche und auch in der Woche davor und auch in den letzten Jahren das Schließen von Steuerschlupflöchern innerhalb der Europäischen Union und auch weltweit bestmöglich verhindert hat. Dies deshalb, damit in Wirklichkeit die Reichen immer reicher werden und die Staaten um ihre Steuereinnahmen fallen, die ihnen - basierend auf den jetzigen Gesetzen - eigentlich zustehen würden.

 

Sie lesen doch so wie ich die Zeitung. Wie geht es Ihnen denn damit, wenn dann steht, dass Unternehmen in Europa Steuern in einer Größenordnung von 1.000 Milliarden EUR hinterziehen? Wie geht es Ihnen damit, wenn Sie das hören? Denken Sie sich dann, das haben sie sich verdient, glücklicherweise nimmt man das den Unternehmen nicht weg? Oder denken Sie sich, puh, das sind aber schon ganz schöne Pülcher. - 1.000 Milliarden EUR für ganz Europa ist ganz schön viel Geld, da würden sogar für Österreich, na ja, sagen wir, einmal grob zumindest 30, 40 Milliarden EUR abfallen. Damit hätten wir alle Budgetnöte gelöst, damit könnten wir die Mindestsicherung noch die nächsten 200 Jahre bezahlen. Wie geht es Ihnen, wenn Sie das hören, dass die Unternehmen in Europa die Länder der Europäischen Union um 1.000 Milliarden EUR schießen? Empört Sie das? - Mich empört das schon. Mich empört es vor allem dann, wenn man denjenigen Menschen Geld wegnehmen will, die es am allerwenigsten haben.

 

Ich belasse es dabei, weil ich tatsächlich glaube, wenn ich in Ihre Gesichter sehe, dass diese offenkundige Verständnislosigkeit, die mir da entgegenschlägt, echt einem ganz anderen Weltbild unterstellt ist. (GR Armin Blind: Ja! - GRin Elisabeth Schmidt: Richtig!) - Ja, ich habe ein soziales, solidarisches Weltbild. Ja, ich glaube, dass Menschen immer wieder neue Chancen zustehen, wobei man ihnen offensichtlich auch manchmal unter die Arme greifen muss. Ich glaube, dass es ein Menschenrecht ist, in Frieden zu leben, dass man sich nicht permanenten kriegerischen Auseinandersetzungen aussetzen muss, und dass Flucht etwas ist, was für manche Menschen tatsächlich erst das Leben ermöglicht. Da ist es unsere Aufgabe als Stadt, zu helfen, und mit diesem Budget helfen wir allen in Wien lebenden Menschen, und deshalb unterstützen wir das Budget. - Ich danke sehr. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Kollege Margulies hat 11 Minuten gesprochen, das heißt, die Restredezeit der Grünen beträgt 10 Minuten. Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist GR Nepp. Die

 

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