Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 135
Lassen Sie mich mit Aktuellem beginnen: Momentan findet eine Debatte über den Standort der Arzneimittelagentur der Europäischen Union statt, die auf Grund der Brexit-Situation London verlassen wird. - Die Bankenaufsicht auch, aber bleiben wir einmal bei der Arzneimittelagentur. - Wien hat sich um diesen Standort beworben, und wir haben das getan, was uns manchmal vorgeworfen wird, besonders von den NEOS: Wir haben lobbyiert im Interesse unserer Stadt und unseres Landes. Dazu bekenne ich mich: Lobbyismus ist in dieser Frage gut. Und wir machen das deshalb, weil es da um 1 Milliarde EUR an Wertschöpfung, um 60.000 zusätzliche Übernachtungen und eventuell um 900 Arbeitsplätze geht - nur am Anfang, denn es könnte auch sein, dass dann noch mehr Firmen zu uns kommen. Da bemühen wir uns daher, und dafür bedanke ich mich sehr herzlich bei der Frau Finanzstadträtin, von der ich weiß, dass sie sich auf europäischer Ebene sehr eingesetzt hat, und ich bedanke mich auch bei der Vorsitzenden des Finanzausschusses, die sich in Eurocities in dieser Frage sehr bemüht hat, und ich selber bin auch aktiv geworden und der Herr Bürgermeister und viele, viele andere auch. Und wir hoffen alle - masel tov -, dass es uns gelingen möge, dass diese Agentur zu uns kommt. Wenn nicht, werde ich mich nicht in die Donau werfen, aber es wäre halt gut und es wäre schön für die Stadt.
Aber lassen Sie mich Folgendes dazu sagen: Wenig hilfreich ist es, dass dann Legionen von Menschen durch Europa ziehen und erklären, diese Stadt ist am Zusammenbrechen, pleite, krank, kaputt, also einfach nicht geeignet. Das hilft nicht wirklich. Und, meine Damen und Herren, was ich schon gut finde: Wir haben uns über alle Parteigrenzen hinweg im europäischen Projekt darauf verständigt, dass wir gemeinsam für Österreich und in diesem Fall für unsere Stadt arbeiten. Und das würde ich einfordern, auch von der Opposition. (GR Mag. Wolfgang Jung: Das Wort Arzneimittelagentur ist nicht einmal vorgekommen im Ausschuss!)
Es wird Ihnen nicht verborgen geblieben sein, dass es darum geht, oder? Also das hören Sie nicht das erste Mal, Kollege Jung. Und das ist überhaupt eigenartig … Gut, lassen wir das so stehen. Es ist ja an sich ein Salonparlament, und man soll sich daher nicht unbedingt auf tiefe Phasen begeben, wenn man nicht dazu gezwungen wird und es machen muss - und so weit sind wir heute noch nicht.
Wien ist - das ist eine Generaldebatte, und darum passt es auch gut, das zu erwähnen - eine Stadt der Menschenrechte. Darauf sind wir stolz. Wir haben ein Menschenrechtsbüro, wir setzen uns mit dieser Frage auseinander, und Sie wissen - ich bin auch Menschenrechtssprecher meiner Fraktion -, dass Menschenrechte etwas wirklich Essenzielles und Wichtiges sind, und darauf kann man stolz sein. Und heute - ein schönes Beispiel - ist der Tag der Kinderrechte. Die Kinderrechtskonvention ist eine ganz wesentliche Errungenschaft des Human Rights Body der Vereinten Nationen, und daher habe ich gefunden, dass das eine schöne Aktion ist.
In dem Zusammenhang aber ein Appell an künftige Regierungsbeteiligte, in welcher Konstellation auch immer: Es gibt auch das Recht des Kindes auf Teilhabe und das Recht des Kindes besonders auf seine Eltern. Ein unbedingtes Verbot der Familienzusammenführung ist grob menschenrechtswidrig und grob kinderrechtswidrig. Ich sage das jetzt auch als Vertreter der Menschenrechtsstadt und appelliere, man darf ja appellieren: Das können Sie nicht machen! Sie können nicht sagen, dass die Zusammenführung von Familien unter allen Umständen verboten wird, sondern ganz im Gegenteil: Nehmen wir den Kindern dieses Recht nicht. Es steht ihnen kraft internationaler Verträge und in Österreich auf Grund von Verfassungsrecht zu, möchte ich Ihnen nur sagen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - GR Mag. Dietbert Kowarik: Wir haben da unsere Methoden!) - Zurück zur Europapolitik. Ja, ich weiß, es klingt salbungsvoll, Herr Kollege, aber es ist wahr, echt, wirklich, es klingt salbungsvoll, ist aber wahr. (GR Mag. Wolfgang Jung: Ja! Richtig!)
Wir gehen weiter zur Europapolitik. Es wurde unlängst in Göteborg eine Vereinbarung zur sozialen Säule innerhalb der Europäischen Union beschlossen. Die soziale Säule ist eine wichtige Errungenschaft, weil wir ja ein soziales Europa ansprechen wollen und ein soziales Europa erreichen wollen. Kollege Jung, ich würde Ihnen nie vorwerfen, dass Sie europafeindlich sind. Sie sind halt anderer Meinung als ich, das ist legitim, und Sie sind europastrukturfeindlich, aber das ist auch legitim. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Gott sei Dank! Sonst wäre es ja fad!) Ich habe halt nur eine andere Meinung, ich habe ein anderes Europa im Kopf, wenn man die fünf Säulen des Juncker sieht. Darüber haben wir im Ausschuss diskutiert. So gesehen stimmt es ja nicht, ich habe sogar eine eigene Veranstaltung dazu gemacht. Es gibt halt mehrere Fraktionen, die unterschiedliche Positionierungen haben. En gros unterscheidet sich das beim weiteren Zusammenwachsen, wofür ich bin und wofür die Sozialdemokratie ist und die GRÜNEN sind, wie ich mir habe sagen lassen, und andere Fraktionen sehen das halt anders. Das ist legitim, aber dann tun wir auch nicht immer so wehleidig, als müssten wir immer eine Meinung haben. Das ist ja der Wettbewerb der Ideen in diesem Ausschuss und dergleichen mehr. (Zwischenruf von GR Mag. Dietbert Kowarik.) - Ich tue das auch ganz selten.
Damit aber zu etwas anderem, zur Aktion 20.000, die heute von den NEOS angesprochen worden ist und zur Frage der Planwirtschaft. Wissen Sie, Planwirtschaft hat so einen komischen Geruch, so einen Klang, es klingt so kommunistisch. Ich kenne keinen Konzern, der nicht planwirtschaftlich agiert, übrigens, das heißt dann, die Planzahlen und dergleichen, aber es ist okay. Die Guten handeln planvoll, die Schlechten scheitern, um es einmal so zu sagen. (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Das ist nicht nachhaltig!)
Die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit erfordert einen Plan, und dazu bekenne ich mich auch, herzugehen und zu sagen: Wir haben den Plan, dass die Leute nicht arm sind, dass das Spital funktioniert, dass es ein soziales Europa gibt, dass wir die Arbeitslosigkeit bekämpfen. Jetzt kann man sagen, wir wollen diese Pläne nicht, das Laissez-faire, das ist auch legitim. Das entspricht ja auch der Tradition des politischen Liberalismus, das heißt, die
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