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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 135

 

Letztes Jahr haben Sie uns erklärt, WiStA hat bereits für 2017 100 Millionen EUR eingespart. Wo die Sparmaßnahmen genau liegen, können Sie uns zwar nicht genau erklären, aber immerhin 100 Millionen EUR, denkt man sich als hoffnungsvoller und vielleicht auch gutgläubiger Bürger dieser Stadt.

 

Für 2017 war ja ein Abgang von rund 570 Millionen EUR vorgesehen. Das heißt also, die rot-grüne Stadtregierung ergreift Strukturmaßnahmen, spart angeblich 100 Millionen EUR ein und kommt noch immer auf über eine halbe Milliarde Euro Neuverschuldung. Jetzt überlegen wir uns einmal, wie es ohne WiStA gewesen wäre, da hätten wir eigentlich einen noch größeren Schuldenberg gehabt. Das heißt, ich bin gespannt, was wir hierzu heute hören werden.

 

Noch spannender wird es, wenn wir uns den Voranschlag 2018 anschauen. Statt dem zu erwartenden Schuldenstand von 6,57 Milliarden EUR kommen wir auf 6,67 Milliarden EUR. Seit heute Vormittag bin ich mir aber nicht mehr ganz sicher, weil sich die Zahlen ja fast stündlich ändern. Somit sind das etwa, laut den Informationen, als ich mich vorbereitet habe, 97 Millionen EUR mehr als ursprünglich veranschlagt. Das ist weit, weit weg von einer echten Konsolidierung und nicht im Entferntesten als ambitionierter Sparplan zu bezeichnen, Frau Stadträtin. Wie ernst nehmen wir das - große Reformpläne à la WiStA und „Wien neu denken“? Diese kann man eigentlich nicht mehr ernst nehmen, denn es ist ganz klar, dass das gar nicht geht. Das ist nicht ernst zu nehmen, weil Sie ständig wieder von Neuem ankündigen, ankündigen, ankündigen und de facto passiert nichts. (Beifall bei den NEOS.)

 

Wie wenig Substanz hinter den Ankündigungen steht, haben Sie uns selber beantwortet. Der Finanzrahmen relativiert sich ebenfalls, wenn man sieht, dass es Ihnen nicht einmal gelingt, Ihre eigenen, meiner Meinung nach wenig ambitionierten, Voranschläge einzuhalten. Übrig bleiben Zahlen auf einem Blatt Papier, die nicht besonders werthaltig sind und wie wir heute erfahren haben, sich auch oft ändern. Jahr für Jahr finden sich in Ihren Budgets Positionen, die falsch veranschlagt sind, etwa bei den Gebühren oder der bereits sehr intensiv diskutierten Mindestsicherung. Meine Kollegen werden aber später zu den Einzelressorts konkrete Beispiele dazu vorbringen und näher darauf eingehen.

 

Zum Thema Mindestsicherung möchte ich eigentlich nur einen Satz sagen: Ich finde es eigentlich wahnsinnig traurig, wie viel dem Thema an Aufmerksamkeit von Schwarz-Blau beigemessen wird. Jetzt haben wir das schon oft diskutiert, wir wissen, hier gibt es sehr unterschiedliche Grundhaltungen, aber ich würde es toll finden, wenn Sie sich einmal der großen Themen annehmen. Schauen wir uns doch einmal Pensionen an, schauen wir uns doch einmal das Gesundheitswesen mit derselben Intensität an. Ich glaube, das würde gerade in einer Budgetdebatte wirklich sehr intensiv weiterhelfen, denn das sind die großen Brocken, über die wir diskutieren müssen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Unterm Strich bleibt eigentlich übrig, dass Sie wider besseres Wissen falsch veranschlagen und damit ein fundamentales Prinzip der Kameralistik, ich sage sogar bewusst, verletzen. Der Voranschlag ist das zentrale Regulierungselement der Haushaltsführung und darüber sollte eigentlich eine Steuerung erfolgen, die leider unter Ihrer Amtsführung überhaupt nicht stattfindet.

 

Dass es auch anders geht, dass ein roter Finanzstadtrat auch sparen kann, hat uns Ihr Vorgänger Sepp Rieder gezeigt. Das haben wir heute schon diskutiert, aber unter seiner Ägide wurde die Verschuldung der Stadt Wien verringert. Es geht also, wenn man will, aber Sie wollen ja nicht. Sie bauen Jahr für Jahr einen neuen Schuldenturm dazu und argumentieren mit Ankündigungen, die wohl nie passieren werden. Das tut Wien nicht gut und das tut auch den Wienerinnen und Wienern nicht gut, meine Damen und Herren. (Beifall bei den NEOS.)

 

Dass es auch anders geht, zeigt uns die Stadt Hamburg. Jetzt haben wir, glaube ich, die dritte deutsche Stadt, die wir uns heute genau anschauen, aber es ist, was das betrifft, meine Lieblingsstadt. Die Stadt Hamburg ist nämlich ein Bundesland und eine Stadt zugleich, hat eine ähnliche Bevölkerungsanzahl wie Wien und wird auch Rot-Grün regiert. Insofern eigentlich ideal zum Vergleich, und zugegeben, die Stadt Hamburg hat eine deutlich höhere Verschuldung, die allerdings auch die entsprechende Konsolidierungspolitik nach sich zieht.

 

Ich zitierte hier einmal den roten Amtskollegen aus Hamburg. Der sagt: „Der Hamburger Senat hat sich für einen anspruchsvollen, generationengerechten Kurs in der Finanzpolitik entschieden. Wir halten nicht nur die Schuldenbremse des Grundgesetzes und der Hamburgischen Verfassung ein, sondern wollen auch den Saldo aller doppischen Aufwände und Erträge ausgleichen. Denn trotz Überschüssen im Gesamthaushalt, die wir in Hamburg bereits seit 2014 erzielen und zur Tilgung alter Schulden einsetzen, bestehen in den öffentlichen Haushalten in Deutschland in kaufmännischer Hinsicht weiterhin hohe Defizite.“

 

Das bedeutet runtergebrochen, Hamburg hat sich im Gegensatz zu Wien zu einer sehr transparenten, zukunftsorientierten Haushaltsführung entschlossen, Die Freie und Hansestadt Hamburg legt eine Konzernbilanz vor, darin sind der Kernhaushalt der Stadt und die öffentlich-rechtlichen Organisationseinheiten enthalten, etwa Stiftungen, Anstalten und Fonds und auch Kapital- und Personengesellschaften.

 

Damit gehen auch höhere Schulden einher. Wenn Wien das machen würde, wissen wir ohnehin, dass sich das um einiges erhöhen würde, das wäre in Wien überhaupt nicht anders und das ist auch klar. Die Hamburger haben aber zumindest erkannt, dass es notwendig ist, das gesamte Vermögen der Stadt und auch die gesamten Schulden transparent darzustellen, etwas, was ich mir von Ihnen auch wünschen würde, sehr geehrte Stadtregierung. (Beifall bei den NEOS.)

 

Deshalb habe ich heute auch einen entsprechenden Antrag mit, der den Wienern und Wienerinnen genau diese notwendige Transparenz bringen soll. Glücklicherweise - ich betone das ja ausdrücklich - zwingt Sie der Finanzminister mit der VRV 2015 zu einer neuen Form der Haushaltsführung.

 

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