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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 135

 

Bei den Investitionen kann man nur sagen: Auch die gehen alle zurück. Das ist heute schon einige Male erwähnt worden. Die Investitionsquote 2010 betrug noch 16,7 Prozent, ist aber jetzt im Jahr 2018 bei 11,1 Prozent, meine Damen und Herren. Die Einzelinvestitionen gehen zurück, von 1,7 Milliarden EUR auf 1,5 Milliarden EUR. Zum Beispiel die Investitionsförderungen von 338 Millionen EUR auf 323 Millionen EUR. Auch Bauinvestitionen gehen zurück, nämlich von 1,821 Milliarden EUR auf 1,616 Milliarden EUR. Das heißt, es wird immer weniger investiert, und das ist eigentlich nicht in unserem Sinne, meine Damen und Herren.

 

Noch ein Kapitel wären die Bezirksbudgets. Auch da habe ich schon einmal gesagt, es wäre wichtig, die Bezirksbudgets wieder aufzuwerten. Was meine ich damit? Wir hatten 1988 und 1998 zwei Mal Bezirksdiskussionen über die Dezentralisierung, doch ist seitdem in diese Richtung nichts mehr weitergegangen. Im Gegenteil, am Donnerstag werden wir wieder beschließen, dass Bezirksfunktionen zurückgenommen werden, weil es die Bezirke finanziell nicht schaffen können. Es geht aber ganz einfach finanziell nicht, wenn man jahrelang am selben Betrag von zirka 200 Millionen EUR bleibt. Das sind 1,6 Prozent des Budgets. Hier wollen wir daher, dass die Bezirksmittel wieder erhöht werden, nämlich ganz im Sinne der Subsidiarität, weil die Kolleginnen und Kollegen in den Bezirken genau wissen, was die Bevölkerung will. Ich darf auch hiezu einen Antrag einbringen mit meinem Kollegen Juraczka betreffend Erhöhung der Bezirksmittel sowie Ausweitung der Kompetenzen der Bezirke. Auch hier wäre das sehr, sehr notwendig. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich noch einen Antrag einbringen, der sich prinzipiell mit der Budgetdiskussion beschäftigt. Wenn wir hier reden, ist bei der ersten Diskussionsrunde vielleicht noch ein voller Raum hier, dann wird der Raum allerdings immer leerer. Zum Beispiel wird die Diskussion zum Kulturbudget heute ganz spät am Abend wahrscheinlich sehr spärlich besucht sein. Wir wollten aber Auskunft haben. Was meine ich damit? Wir sollten vor diesem Plenum eigentlich Ausschüsse machen, wo wir als Mandatare von den Stadträten beziehungsweise Mitarbeitern Auskünfte darüber bekommen, was die einzelnen Positionen sozusagen bedeuten. Die einzelnen Positionen - das werde ich am Abend heute erzählen - vor allem bei der Kultur sind sehr, sehr schwankend, und wir würden gerne vorher wissen, was hinter dieser Schwankung steckt. Wieso ist das eine wesentlich weniger und das andere wesentlich mehr? Ich glaube, es wäre daher interessant, wenn wir vorher im Ausschuss Diskussionen darüber führen, wie das Budget ausschaut. Dann würden Sie es der Opposition unter Umständen das eine oder andere Mal leichter machen, das zu verstehen beziehungsweise dem zuzustimmen.

 

Ich darf daher den Antrag einbringen betreffend informative Besprechung des Voranschlages und des Rechnungsabschlusses der Stadt Wien, um hier eine bessere Transparenz zu schaffen. - Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr. Wolfgang Aigner.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die Redezeit betrug 12 Minuten. Die ÖVP hätte noch eine Restredezeit von 1 Minute. Als Nächster ist Herr GR Peter Kraus zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Selbstgewählte Redezeit 7 Minuten.

 

14.23.34

GR Peter Kraus, BSc (GRÜNE)|: Vielen Dank! Fünf Stunden Budgetdebatte - die Stimmung ist am Höhepunkt. (Allgemeine Heiterkeit.) Ich werde jetzt meinen Beitrag dazu leisten, indem ich jetzt ein Thema anspreche, über das GRÜNE vielleicht nicht so oft reden: Leistungsgerechtigkeit. Kollege Ornig hat gesagt, wir sollten einmal über den Begriff Leistungsgerechtigkeit reden. (GR Markus Ornig, MBA: Sie hören alle nicht zu! Es war ein Zitat!) - Ja, genau, und ich nehme das als Anlass, um auch über Leistungsgerechtigkeit zu sprechen. Passt, oder? Genau.

 

Ich gebe dir oder ich gebe euch - ihr redet ja öfters darüber - insofern recht, als ich der Meinung bin, dass wir nicht in einer Leistungsgesellschaft leben. Der Fehler unseres heutigen Wirtschaftssystems ist ja nicht, dass es eine Leistungsgesellschaft ist, sondern dass es keine ist, weil es Leistung so demotiviert, indem es die Bedingungen, unter denen Menschen leistungsfähig und kreativ sein können, nach und nach zerstört. Dieses System bevorzugt jetzt jene, die kurzfristig viel Rendite machen und damit nur Schaum schlagen und benachteiligt genau jene, die Werte schaffen und nachhaltig und langfristig produzieren oder wirtschaften wollen.

 

Eine Gesellschaft, die unnützes Tun - qualitative Beurteilung - so stark bevorzugt und nützliches Tun benachteiligt, beruht nicht auf Leistungsgerechtigkeit. Ja, da brauchen wir auch, wenn wir über Wirtschaft reden, eine qualitative Bewertung, die ich heute hier übrigens vermisse. Da wird dann gegenübergestellt: Die Schulden sind dann zufällig - ui, Verschwörungstheorie! - genauso hoch wie die Mindestsicherung, während wir mehrfach schon dargelegt haben, wie das im Verhältnis zu Investitionen ist und dass wir Fremdmittel aufnehmen, um Investitionen zu gewährleisten.

 

Genau in die falsche Richtung geht jetzt aber die künftige schwarz-blaue Bundesregierung, denn da sind die ersten Verhandlungsergebnisse oder Ansagen, die man hört, nicht: Lasst uns an den Rahmenbedingungen so schrauben, dass wir bessere Gewerbeordnungen hinbekommen. Lasst uns an den Rahmenbedingungen so schrauben, dass auch die großen Konzerne ihren fairen Beitrag leisten, dass es den kleinen Wirtschaftstreibenden leichter ist, in Wien oder in Österreich wirtschaftlich tätig zu sein. Sondern da gehen die ersten Aussagen eher in folgende Richtung: Nehmen wir denen, die ohnehin schon wenig haben, noch etwas weg. Das ist dann Leistungsgerechtigkeit, die Schwarz-Blau versteht.

 

Das sind dann aber schlechte Nachrichten für alle Wirtschaftstreibenden in Wien, denn wenn einmal die Mindestsicherung gekürzt ist, wenn Studieren wieder etwas kostet, wenn die Kinderbetreuung nicht mehr kostenlos ist, sondern vom Familienbudget etwas wegknabbert, dann spüren das auch die Wiener Unternehmerinnen und Unternehmer, nämlich dadurch, dass die

 

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