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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 135

 

schauen, dass ich die Mitarbeiter bekomme, die notwendig sind, damit ich auch langfristig hier als Unternehmer tätig sein kann. Und weil ja oft diskutiert wird, und das war von dir schon auch ein bissel der Punkt, diese Schwarz-Weiß-Diskussion die Unternehmen sind das Böse. Das ist überhaupt nicht der Punkt, weil die meisten Unternehmen in Österreich sind kleine und mittlere Betriebe. Das sind die, die wirklich die Wirtschaftsleistung dieses Landes darstellen, und das sind die, die letztendlich auch die Jobs schaffen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Als Unternehmer möchte ich natürlich die besten Köpfe bekommen. Aber das ist nicht so einfach, weil die haben natürlich auch sehr viel Vielfalt, und ich bin natürlich interessiert, einen Mitarbeiter auch möglichst langfristig zu halten. Aber das ist auch nicht einfach, weil natürlich die Kosten, die steuerlichen Abgaben, Lohnnebenkosten, et cetera schon ein Damoklesschwert für jeden Unternehmer sind. Deswegen ist es so wichtig, auch über das Thema der Steuern zu sprechen. Deswegen ist es so wichtig, letztendlich auch Pakete für Unternehmen zu schnüren, darüber zu diskutieren, wie können wir hier langfristig Unternehmen ansiedeln, Jobs schaffen, sodass letztendlich alle etwas davon haben und vor allem der Standort Wien.

 

Zum Kollegen Florianschütz, weil Sie heute auch die Europäische Arzneimittelbehörde angesprochen haben. Heute um 19 Uhr ist ja die Pressekonferenz. Es stehen ja zwei Standorte zur Auswahl, die Arzneimittelbehörde, die EMA, und die Bankenaufsicht. Ich muss Sie leider enttäuschen, Wien ist in der letzten Runde der Bewerbungen hier krasser Außenseiter. Ich kann Ihnen auch sagen, warum. Ich habe mit sehr vielen Unternehmern und auch mit sehr vielen Stakeholdern in diesem Prozess gesprochen. Ich finde es sehr gut, dass sich Wien und Österreich hier sehr stark eingesetzt haben, dass auch lobbyiert wurde. Ich halte das für extrem wichtig. Aber einer der Gründe, warum Wien wahrscheinlich diesen Standort - ich meine, fix ist es ja noch nicht - nicht bekommen wird, ist, weil genau diese Situation da ist, dass außer der EMA, die Europäische Arzneimittelbehörde, und natürlich neben den Mitarbeitern, die kommen, und das ist auf der einen Seite einmal ein wichtiger Punkt, natürlich auch sehr viele Pharmaunternehmen am Standort Interesse haben, die natürlich hier auch beginnen, ihre Forschungs- und Entwicklungseinheiten zu verstärken und aufzubauen. Letztendlich war das Wiener Konzept auch in diesem Punkt nicht attraktiv genug, was auch, und das muss man ganz klar aussprechen, die steuerlichen Rahmenbedingungen trifft. Jetzt können wir darüber diskutieren oder wir können sagen, wir brauchen trotzdem und wir müssen darüber nachdenken, nämlich nicht nur über Innovation im technologischen Sinne, sondern auch über Innovation im regulatorischen und wahrscheinlich auch im steuerrechtlichen Sinne. Wie schaffen wir Innovationszonen, wo wir sagen können, okay, die sind so attraktiv, dass Unternehmen sagen, Wien ist ein super Standort, weil viele andere Rahmenbedingungen, die Sie auch immer wieder benennen, von der Mercer-Studie angefangen, von Economist, et cetera, Wien ja ein ausgezeichnetes Zeugnis ausstellen. Wenn aber Wien ein so ausgezeichnetes Zeugnis hat, dann muss das eigentlich ein Magnet für diese Unternehmen sein! Ist es aber nicht! Wir haben, und das war ja auch schon letztes Jahr in der Budgetdebatte, natürlich Einzelunternehmer, Boehringer Ingelheim, das ist ein sehr großer Erfolg für Wien. Aber sowas brauchen wir regelmäßig sehr viel mehr, sonst schaffen wir diese 150.000 Jobs, die wir in Wien brauchen, nicht. Und was hat Wien? Wien hat wenige Ressourcen, aber Wien hat Brain. Das heißt, wir brauchen die Unternehmen, die im Hightech-Bereich extrem innovativ sind. Daher müssen wir auch über diese Rahmenbedingungen nachdenken. Und da muss ich ganz ehrlich sagen, Frau Wirtschaftsstadträtin, ich vermisse ein Gesamtkonzept. Wir haben zwar viele Strategien, Einzelmaßnahmen. Wir diskutieren auf der einen Seite über Start-ups, aber mir fehlt ein ganz klares Gesamtkonzept, das Wien auch entsprechend ausweist und nicht nur in Einzeldiskussionen mit Unternehmen darauf hinweist, warum Wien so attraktiv ist. Das vermisse ich und das ist ein Punkt für mich, den ich letztendlich hier auch einfordere, dass wir in der Richtung deutlich mehr machen. Wir brauchen eine Ansiedlungsstrategie für Innovation, aber nicht nur für Einzelunternehmen, sondern für mehrere Unternehmen aus einer Branche. Wir brauchen mehr als nur einen Schwerpunkt, den wir in Wien haben, nämlich im Bereich Life Sciences. Wir könnten gerade vor dem Kontext auch des Klimawandels, der Energietransformation, et cetera im Energiebereich sehr, sehr viel mehr machen, sehr viel innovativer sein, sehr viel mehr Unternehmen anziehen, auch im Bereich der Mobilität. Aber dazu braucht es spezifische, regulatorische Rahmenbedingungen, wo Experimente möglich sind, wo für eine gewisse Zeit einfach neue Spielregeln gelten, um Dinge auszuprobieren. Das ist ein wesentlicher Punkt. Interessanterweise haben das die GRÜNEN auch in Deutschland gefordert. Also das ist durchaus auch ein Thema, das von der grünen Seite herkommt. Das finde ich spannend, weil man erkannt hat, dass sich sonst langfristig ein Wirtschaftsstandort, nämlich im Hightech-Bereich, und von dem spreche ich, weil Start-ups sind quasi nicht so sehr Wirtshäuser, Gasthäuser, die neu gegründet werden, sondern es geht genau um diesen Bereich des Hightechs, und da muss Wien einfach wirklich in Front sein und das ist Wien nicht. Da müssen wir auch ehrlich sein. Das heißt, das ist für mich auch ein wichtiger Punkt, falls wir, und vielleicht geht es doch noch anders aus, die EMA nicht nach Wien bekommen. Dann ist es wirklich wichtig, hier auch ganz offen darüber zu sprechen: Was sind die „lessons learned“? Was brauchen wir in Zukunft, wenn es hier eine solche Option ermöglicht, um ein Gesamtpaket zu schnüren, das letztendlich auch für die Unternehmen, die bei diesen Behörden entsprechend nachziehen, attraktiv genug ist.

 

Aus meiner Sicht gibt es eben viele Schrauben, an denen zu drehen ist. Die Steuerentlastung für Unternehmen ist eine wesentliche Schraube. Auch bei der Bildung, denke ich, gibt es noch enorm viel Potenzial, um uns wirklich dort hinzuführen, wo wir sein sollten, um eben entsprechend attraktiv für Unternehmen zu sein.

 

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