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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 135

 

GRin Schwarz. Selbstgewählte Redezeit ebenfalls 15 Minuten.

 

16.20.08

GRin Sabine Schwarz (ÖVP)|: Sehr geehrte Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wir beschäftigen uns jetzt vertiefend mit dem Bildungsbudget. Meine Kollegin Caroline Hungerländer wird dann auch vertiefend auf die Integration eingehen. Ich möchte jetzt gerne über folgende Punkte sprechen: zum einen eben die budgetierte Summe für städtische Kindergärten versus private Kindergärten, die Situation unserer Pflichtschullehrer, Ausbau der Nachmittagsbetreuung und das Musikschulwesen in Wien.

 

Herr Wiederkehr von den NEOS hat es schon angedeutet. Ich bin seiner Meinung, wenn man sich die Finanzierung für Kindergärten ansieht. Man sieht, dass 480 Millionen EUR für die städtischen Kindergärten und 366 Millionen EUR für private Einrichtungen budgetiert sind. Das heißt, bei dieser Entwicklung im Budget kann man natürlich diesen Verdacht haben, dass man die Vormachtstellung der städtischen Kindergärten sozusagen ausbauen möchte. 10 Prozent Budgetsteigerung zum Vorjahr für die städtischen Kindergärten und die privaten Kindergärten erfahren eine Senkung. Unser Verhältnis bei den Kindergartenbetreuungsplätzen ist aber, 66 Prozent werden von privaten Trägern und 34 Prozent von den städtischen abgedeckt.

 

Ich möchte wirklich betonen, dass es gute Kindergartenträger gibt, die sehr seriös arbeiten und die auch einen besseren Qualitätsschlüssel haben, sei es bei der Quadratmeteranzahl für die Kinder, die sie zur Verfügung stellen, sei es bei den Betreuungsschlüsseln, die sie für die Kinder haben, als auch bei der Familienfreundlichkeit. Allein der Punkt, dass man bei einem städtischen Kindergarten das Recht auf einen Ganztagesplatz beim ersten Kind verliert, wenn das zweite Kind sozusagen unterwegs ist beziehungsweise wenn man in Karenz ist, spricht schon Bände und ist nicht familienfreundlich.

 

Der Plan, den es jetzt eben gibt, die städtischen massiv auszubauen, ist natürlich auch ein Anschlag auf die Wahlfreiheit der Eltern. Das ist ein erster Schritt in Richtung wieder nur ein Bildungssystem, weil der Kindergarten ist nun einmal erste Bildungsstation für die Kinder. Es ist einfach so, dass nicht jedes Kind in ein System passt, sondern man braucht bei den Bildungsangeboten Vielfältigkeit und es muss familienfreundlich sein. Es ist die Entscheidung der Eltern, in welchen Kindergarten sie ihr Kind geben und nicht die Entscheidung der Politik. Weil Rot-Grün bei den Kontrollen rund um die Kindergärten und Kindergruppen sozusagen versagt hat, verwenden Sie dieses Argument vor Ihrem eigenen Scheitern dazu, dass die städtischen Kindergärten ausgebaut werden sollen und den seriösen privaten Betreibern das Leben schwer gemacht wird. Das ist etwas, was wir sicher nicht unterstützen!

 

Wir bringen hier einen Antrag betreffend Wahlfreiheit für Eltern zwischen städtischen und privaten Kindergartenbetreuern ein.

 

Nahtlos zum Kindergarten schließt dann natürlich die Schulkarriere an. Ich möchte die Möglichkeit ergreifen, ein bisschen über die Situation der Lehrerinnen und Lehrer in Wien zu sprechen. Lehrerinnen und Lehrer stehen vor einer besonderen Herausforderung, die man in anderen Regionen in Österreich nicht sieht. Unsere Lehrerinnen und Lehrer haben das Problem, dass sie zum Beispiel mit Kindern konfrontiert sind, die nicht Deutsch oder unzureichend Deutsch sprechen, sodass sie dem Regelunterricht nicht folgen können. Es gibt zum Beispiel eine Sprachstandserhebung im Kindergarten. Das Problem ist rechtlich, dass diese Daten der Sprachstandserhebung nicht automatisch an die Schulen weitergegeben werden dürfen. Solange es hier keine rechtliche Regelung gibt, muss man zumindest bei der Schuleinschreibung eine Sprachstandserhebung machen, damit die Lehrerinnen und Lehrer wissen, wo sie beginnen können, wo sie die Kinder abholen können und wie man sie auch unterstützen kann.

 

Unsere Lehrerinnen und Lehrer werden in ihrem Job ziemlich allein gelassen. Ein Punkt ist sicher auch, dass es keine flächendeckenden Deutschvorbereitungsklassen gibt. Solange es diese nicht gibt, wird es auch so bleiben. Hier reden wir nicht von Ghettoklassen, wie Herr Wiederkehr gesagt hat, sondern wir reden darüber, dass Kinder wirklich eine Chance haben sollten, weil es auch fairer ist, dass sie sich in Ruhe auf das Deutschlernen konzentrieren können und wenn sie dann Deutsch folgen und verstehen können, in den Regelunterricht raschestmöglich wiedereingegliedert werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Auch hierzu bringen wir einen Antrag ein. Das wäre zumindest einmal ein großer oder ein wichtiger Schritt, damit es den Lehrern und Lehrerinnen wieder leichter fällt, Bildung vermitteln zu können.

 

Wien hat natürlich noch eine große Herausforderung, über die wir überhaupt nicht gesprochen haben. Wir haben eine Art Lehrerflucht, wenn ich es unter Anführungszeichen so nennen darf. 150 Lehrer wandern im Jahr nach Niederösterreich ab, weil sie eben diesen Herausforderungen nicht gewachsen sind beziehungsweise weil sie sich sehr alleine fühlen. Die Stadt Wien muss natürlich dazu stehen und sagen, stimmt, Lehrer sein in Wien, Lehrerin sein in Wien, ist wirklich eine Mordsaufgabe. Seit 2010 haben sich die außerordentlichen Schüleranzahlen verdoppelt. 15 Prozent der Pflichtschülerinnen und -schüler können kaum noch sinnerfassend lesen. Weitere 16 Prozent lesen schlecht. Wir brauchen mittlerweile in Wien ein Anreizsystem, damit diese Lehrerinnen und Lehrer eben nicht aus Wien abwandern, weil wir sie dringend brauchen. Junglehrer zum Beispiel haben mir erzählt, dass es ihnen schon helfen würde, wenn sie eine Unterstützung bei der Wohnungssuche kriegen würden. Andererseits ist es natürlich so, dass der versprochene Ausbau der SchulsozialarbeiterInnen und SchulpsychologInnen aus bleibt. Die 100 zusätzlichen Posten sind bis jetzt nicht gekommen. Bislang gibt es ganze 25 Schulsozialarbeiter und 27 Schulpsychologen. Die angekündigte Aufstockung um 32 Posten in diesem Schuljahr ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, zumal wir in Wien insgesamt 225.000 Schülerinnen und Schüler haben.

 

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