Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 80 von 135
Herr GR Hobek. Selbstgewählte Redezeit 10 Minuten. Ich erteile ihm das Wort.
GR Mag. Martin Hobek (FPÖ): Sehr geehrter Vorsitzender! Sehr geehrter Stadtrat! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer vor den Bildschirmen daheim, aber auch hier auf der Galerie!
Es sitzen bei uns momentan mehr Sozialdemokraten auf der Besuchergalerie als hier in den Reihen. (GR Mag. Wolfgang Jung: Das kommt jetzt öfters vor!) Seien Sie besonders willkommen! Danke.
Sozialdemokratie 2017 ist ein bisschen wie Donaumonarchie 1907: Man weiß nicht, ob es noch 2 Jahre oder noch 20 Jahre dauert, aber man weiß, was kommt. Und der Grund dafür, warum es Ihnen so schlecht geht und auch weiterhin schlecht gehen wird, ist Ihre sogenannte Integrationspolitik. Dadurch kommt es zur Islamisierung, und mit der Islamisierung, die Sie betreiben, schaden Sie nicht nur der Stadt, sondern in erster Linie auch sich selbst, aber das haben Sie leider noch nicht durchschaut! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich war zwischen 2008 und 2012 sehr intensiv in der Türkei unterwegs, und ich muss sagen, es tut mir sehr leid, dass ich nicht noch intensiver unterwegs war, denn die Türkei ist ein wunderbares Land mit sehr vielen kulturellen und landschaftlichen Juwelen. Jetzt kann ich leider nicht mehr einreisen, weil sie mich wahrscheinlich schon auf dem Flughafen verhaften würden. Damals war das noch ein bisschen anders, aber unter Erdogan geht das halt nicht mehr so.
Ich habe mich seinerzeit gewundert: Als Ausländer war man damals fast unantastbar, aber unter den eigenen Leuten hat es die Opposition damals schon schwer gehabt. Mich hat das eigentlich immer ungemein gewundert. Es gab neben den Erdogan-Leuten zwei Oppositionsparteien, die Kemalisten und die Kurden, und diese hatten eine große Gemeinsamkeit: Sie wurden vom Erdogan-Regime eingesperrt. Das Interessante an der Geschichte ist, dass die Kemalisten ja Vollmitglied in der Sozialistischen Internationale sind und die Kurdenpartei, die HDP, assoziiertes Mitglied ist. Umso erstaunlicher war es immer für mich, dass hier in Wien die SPÖ mit den Erdogan-Leuten sehr eng kooperiert hat und nicht mit den sozialdemokratischen Genossen in der Türkei! Das war für mich immer sehr, sehr interessant!
Ich kann mich erinnern: Ich war 21 Jahre lang in der Bezirksvertretung in Rudolfsheim-Fünfhaus. Wir haben dort auch einen türkischen Kollegen gehabt, Mehmet Arslan, der ist immer in der letzten Reihe gesessen und hat sich nie zu Wort gemeldet. Dann haben wir erfahren, dass er der neue Vorsitzende von Milli Görüs in Wien ist. Das war auch in anderen Bezirken so, das war also kein Einzelfall.
Schon 2006 ist Emine Polat Bezirksrätin in der Brigittenau geworden, sie ist Kopftuchträgerin, sehr, sehr fromm, auch bekennendes Milli-Görüs-Mitglied beziehungsweise, um es genau zu sagen, Mitglied der Islamischen Föderation Wien. Sie hat damals auch gegenüber den Medien gesagt, dass es ihr Fernziel ist, Bezirksvorsteherin zu werden. Der damalige Bezirksvorsteher Lacina hat sie herzlich willkommen geheißen, hat gesagt, dass das ganz wunderbar ist, und lustigerweise war sie in der Jungen Generation auch die Frauensprecherin. Frau Polat gibt es übrigens immer noch als Bezirksrätin in der Brigittenau.
Dann geschah etwas ganz Sensationelles: Am 10. September dieses Jahres will die SPÖ, wie sie selbst sagt, einen Kursschwenk vornehmen. Ich zitiere jetzt den „Kurier“, denn wenn ich das sagen würde, dann würden Sie sagen, dass das alles erfunden ist und Sie das eh schon wissen. Daher zitiere ich den „Kurier“. Es geht darum, dass am 10. September dieses Jahres die SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar in der ÖGB-Zentrale die türkischen Genossen von der kemalistischen Partei empfangen hat. - Ich zitiere wörtlich: „SPÖ geht auf Distanz zu Erdogan-Fans und umwirbt Kritiker. Staatssekretärin Muna Duzdar kündigt härteren Ton gegenüber Erdogan-nahen Vereinen an, auch wenn es Stimmen kosten könnte. Im Lichte der Ereignisse in Ankara sucht die SPÖ offenbar mehr Nähe bei den österreichischen Sympathisanten der kemalistischen Sozialdemokraten - CHP und nicht mehr primär die der heimischen Erdogan-Anhänger. Sonntagabend kam SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar auf Einladung des Österreich-Ablegers der CHP in die Wiener ÖGB-Zentrale. Duzdar musste sich viel Kritik aus den Reihen der türkischen Sozialdemokraten gefallen lassen: ‚Frau Staatssekretärin, Sie haben Leute in Ihren Reihen, die sich mit den sozialdemokratischen Werten überhaupt nicht identifizieren‘, schimpfte ein älterer Mann über das bisherige Liebäugeln der SPÖ mit AKP-Vertretern. ‚Mir sind zu Zeit keine solchen Kandidaten bekannt“, beruhigt Duzdar. ‚Aber Sie haben schon recht. In der Vergangenheit hat man nicht so genau hingeschaut.‘“
Ich zitiere weiter aus dem „Kurier“: „Lange Zeit traten für die SPÖ unter anderem Milli-Görüs-Funktionäre, wie Resul Ekrem Gönültas, bei Wahlen an. Milli Görüs gilt in der Türkei als Vertreter des politischen Islams und ist Erdogans frühere politische Heimat. Gönültas erhielt bei der letzten Nationalratswahl über 12.000 Vorzugsstimmen und belegte damit den sensationellen zweiten Platz bei den SPÖ-Bundesvorzugsstimmen. Damit will die SPÖ nun brechen - auch wenn das Stimmen kostet?“
Jetzt wird im „Kurier“ wieder Duzdar zitiert: „Die SPÖ ist eine sozialdemokratische Partei, da geht es um Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie. Wenn das in einem Land nicht eingehalten wird, dann muss man das auch in aller Schärfe sagen. Wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht, hört sich der Spaß auf. Eine sozialdemokratische Partei wird sich niemals davor scheuen, das ganz deutlich zu sagen.“
Das sagt Muna Duzdar zum „Kurier“. - Ja. Da war ich sehr überrascht, und ich habe damals Hoffnung gefasst. Das Problem ist nur, dass dieser Kursschwenk nur genau 34 Tage, also knapp 5 Wochen gedauert hat. Am 14. Oktober, direkt am Abend vor der Wahl, hat Herr Bundeskanzler Kern eine Abschlussveranstaltung im Kent Restaurant im 10. Bezirk gemacht, und der Chef der Kent Restaurants ist ja schon seit langer Zeit ein bekennender persönlicher Freund von Erdogan. Dort waren auch dieser Herr Gönültas und die ganze Milli-
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