Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 90 von 135
GR Markus Ornig, MBA (fortsetzend): Vielen Dank, danke. Ich möchte gerne über das meiner Meinung nach akute und brennende Thema der Wiener Märkte sprechen. Das Problem ist ja kein neues, ich bin im Sommer bereits hier gestanden, da haben wir es noch detailliert mit dem Wiener Volkertmarkt diskutiert, wo de facto zwei Einzelschicksale offen waren, wo man noch diskutiert hat, ob man vielleicht für Handelsbetriebe Nebenrechte aufmacht, und wir gebeten haben, hier in eine Übergangslösung zu gehen. Damals war es so, dass wir eigentlich mehr oder weniger ignoriert wurden, obwohl die Thematik mittlerweile sehr prekär ist und die beiden Betreiber sogar zusperren mussten.
Dann ist etwas passiert, was für mich sehr überraschend war: Es gab eine Anordnung, dass in Zukunft bei Neugründungen keine Nebenrechte mehr für Handelsstände hergegeben werden. Dann sind von 6 oder 7 verschiedenen Märkten 14 Betreiber hier hinter das Rathaus gegangen, haben eine Demonstration gemacht und haben gesagt, es kann doch nicht sein, dass solche Verordnungen ausgesprochen werden, ohne dass die Frau Stadträtin überhaupt mit irgendjemandem redet und haben sie - ganz lieb inszeniert, mit so einem Frühstück - um ein Gespräch gebeten. Dieses Gespräch hat, zumindest sagen mir das die damaligen Aktivisten so, bis jetzt nicht stattgefunden.
Wir haben daraufhin im Sommer, als wir gemerkt haben, das Problem betrifft nicht nur den Volkertmarkt, sondern es betrifft fast jeden Markt in ganz Wien, dass wir hier tatsächlich ein schleichendes Marktsterben haben, eine Taskforce gegründet und haben jeden Markt ganz genau analysiert. Da haben wir einzelne Gespräche geführt, hauptsächlich mit den Marktstandlern, und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass es hier ein großes Problem gibt. Die Wiener Märkte haben eine lange Tradition und gehören zum Wiener Stadtbild und sind ganz, ganz wichtig als Grätzelzentren für Jung und Alt, aber es fehlt den Märkten einfach an Dynamik. Und Dynamik (Beifall bei den NEOS.) bedeutet Vielfalt für uns, und Vielfalt bedeutet für uns auch ganz klar ein gutes Zusammenleben zwischen Gastronomie und Handel.
Und da möchte ich jetzt eines einmal ganz klar darstellen, weil ich weiß ja schon, wie zumindest medial - der Kollege Valentin lacht mich schon an - hier sofort drübergefahren wird, weil wir sagen, wir wollen ein Miteinander: Die neoliberalen NEOS wünschen sich Fressbeiseln für alle Märkte in Wien! - Das wollen wir genau nicht (Beifall bei den NEOS.), aber wir reden mit den Marktstandlern und hören uns an, was die zu sagen haben, wir hören uns an, was die Probleme sind, und wir hören auch, dass es da natürlich Probleme gibt. Selbst diejenigen, die jetzt schon zusperren haben müssen, die es jetzt nicht geschafft haben, mit diesen acht Verabreichungsplätzen zu überleben, sagen, jetzt gibt es diese neue Verordnung, ich habe investiert in Infrastruktur in meinen Marktstand, damit ich auch Gastronomienebenrechte habe und ich kann es jetzt … (Amtsf. StRin Mag. Ulli Sima: Es gibt keine Neuverordnung!) Ja, es gibt die Anweisung, darf ich kurz den Gedanken fertigführen? Ich nenne es dann auch richtig, so wie es sich gehört.
Es ist so, dass diese alle in ihre Stände investiert haben, zum Beispiel die Fischinsel am Volkertmarkt ganze 130.000 EUR in eine Kücheninfrastruktur. Jetzt sagen Sie aber, es darf keine Nebenrechte mehr geben. Stellen Sie sich vor, wie viel Ablöse die jetzt für ihre Gastronomieinfrastruktur bekommt? - Nämlich genau gar nichts, die findet nicht einmal irgendeinen Nachmieter und hängt jetzt völlig in der Luft. Daraufhin sind Sie, Frau Stadträtin, im Sommer hergegangen und haben gesagt, Ende des Sommers gibt es sowieso eine neue Marktverordnung, da schauen wir uns das alles genau an, bitte um Geduld. Jetzt ist der Sommer schon ein bisschen vorbei, wir wissen, draußen ist es ein bisschen kälter geworden, jetzt sagen Sie, medial zumindest - ich freue mich auch schon heute auf die vielen Erklärungen -, dass das im Frühjahr passieren soll.
Was wir auch noch gemacht haben: Wir haben nicht nur mit den Betreibern gesprochen, wir sind hergegangen und haben eine neutrale Umfrage bei Public Opinion Strategies beauftragt und haben immerhin 555 Wienerinnen und Wiener befragt. Die Ergebnisse zeigen zum einen, wie wichtig die Märkte für die Wiener Bevölkerung sind, und zum anderen, dass es hier wirklich dringenden politischen Handlungsbedarf von Seiten der Verantwortlichen gibt. Die Wiener Märkte - und das wissen wir aus dieser Umfrage - werden gerne besucht. Drei Viertel aller Befragten haben im letzten Jahr auf einem Wiener Markt eingekauft oder etwas konsumiert. Dass die Märkte auch untrennbar mit der Wiener Identität verbunden sind, zeigt auch eine extrem hohe Zustimmung von ganzen 87 Prozent, wo die Leute sagen, wenn der Markt zusperrt, damit wäre ich nicht einverstanden.
Gerade für diese Wiener Kultur sollten Sie sich als Stadtregierung ja stark machen, das fördern und da nicht einfach drüberfahren. Die Realität ist anders, denn wir haben natürlich auch gefragt, ob sich die Stadtregierung ausreichend für die Wiener Märkte und Marktstände einsetzt, und da sagen lediglich 34 Prozent der Befragten Ja oder eher Ja und 46 Prozent sind nicht zufrieden. Der Einkauf von Lebensmitteln - und da gebe ich Ihnen recht, weil ich habe ja immer gehört, die Intention für Sie ist ja, diesen Handel zu schützen - ist Motivation für 53 Prozent, das heißt, über die Hälfte.
Damit es aber ein Überleben geben kann, gilt es, die Nebenrechte für Gastroverabreichungsplätze zu sichern beziehungsweise von derzeit 8 Sitzplätzen auszuweiten. Da haben wir ja mit Kollegen Maresch zumindest auch medial jemanden, der sagt, 12 Plätze zum Beispiel wären denkbar. (GR Mag. Rüdiger Maresch: 15!) Darüber können wir reden, das unterschreibe ich, das wäre ein wichtiger Schritt. 15 wären noch besser, alles, was nach oben geht. Damit können die Marktbetreiber und Marktbetreiberinnen, glaube ich, gut leben.
Die derzeitigen Einschränkungen sind allerdings überhaupt nicht zeitgemäß und widersprechen extrem den Wünschen der Wienerinnen und Wiener. Denn 87 Prozent der Befragten stimmen zu, dass es an klassischen Marktständen auch weiterhin erlaubt sein soll, an
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