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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 121 von 135

 

der Sozialdemokratie zu erwarten sind. Daher möchte ich vorausschicken, ich kritisiere hier nicht die Arbeit der Künstlerinnen und der Künstler, die zweifelfrei Hervorragendes unter oft sehr schwierigen Umständen leisten. Ich kritisiere hier ausschließlich die Trägheit der rot-grünen Stadtregierung. Ersparen Sie sich also dann bitte die Reden, in denen Sie uns vorwerfen, wir würden die Arbeit der Kulturschaffenden schlechtreden und versuchen Sie, auf die Kritikpunkte einzugehen, die ich Ihnen im Folgenden auflisten möchte.

 

Ich fange dort an, worum es heute in erster Linie geht, beim Budget, einem Budget, das seit Jahren wenig Spektakuläres zu bieten hat und auch damit ein Ausdruck der Trägheit Ihrer Kulturpolitik ist. Was heuer allerdings auffällt, ist, dass es eine wesentliche Umschichtung in der Höhe von 4 Millionen EUR vom Budget für darstellende Kunst hin zu sonstigen kulturellen Maßnahmen gibt. Jetzt könnte man das vielleicht auch positiv sehen, nämlich, dass damit mehrere kleinere Kulturinitiativen unterstützt werden sollen. Allerdings haben die Theater und hier besonders die Klein- und Mittelbühnen bisher nicht über Überfinanzierung geklagt.

 

Wir wissen auch noch gar nicht, was die Vereinigten Bühnen, die bislang schon mehr als 50 Prozent dieses Topfes für sich allein beansprucht haben, wieder benötigen werden. Denn überraschenderweise gibt es nicht nur keine Entscheidung, was die längst fälligen Besetzungen der Intendanzen betrifft, sondern wir haben ungewöhnlicherweise noch nicht einmal einen Subventionsantrag der Vereinigten Bühnen vorliegen. Trägheit bei der Besetzung, Trägheit bei der Finanzierung und Trägheit bei der Erstellung eines langfristigen Konzepts der Vereinigten Bühnen.

 

Vor vier Jahren wurde eine jetzt auslaufende, dreijährige erhöhte Finanzierung der Vereinigten Bühnen, anfangs noch an ein vorzulegendes Betriebs- und Finanzierungskonzept gebunden, beschlossen. Davon ist man still und heimlich abgegangen, hat den VBW schnell 123 Millionen EUR für die nächsten Jahre zugesagt und war offenbar froh, dieses Thema möglichst nicht mehr in aller Öffentlichkeit diskutieren zu müssen. Aber Sie täuschen sich, wenn Sie glauben, so schwerwiegenden kulturpolitischen Entscheidungen ausweichen zu können. Die Diskussion wird zurückkommen, spätestens wenn hier der Förderakt vorliegt, der wieder einen erhöhten Subventionsbedarf für die Vereinigten Bühnen aufzeigt. Man wird zu Recht die Frage stellen, was von Ihnen in den letzten drei Jahren unternommen wurde, hier ein vernünftiges Betriebskonzept zu erstellen. Wo ist es? Und warum sollen wir weiterhin eine Sparte subventionieren, die weltweit ohne Subventionen auskommt, nämlich das Musical. Was wurde unternommen, um für die Häuser, die angeblich nicht kostendeckend als Musicalbühnen betrieben werden können, ein neues Konzept auszuarbeiten? Warum wird ein millionenschwerer Umbau des Raimund Theaters angedacht, wenn es doch kein Betriebskonzept gibt, das eine gedeihliche Zukunft verspricht? Hier wird seit Jahren verantwortungslose Kulturpolitik betrieben. Wohlgemerkt, ich kritisiere hier nicht die Vereinigten Bühnen, nicht die Kulturschaffenden, sondern die Stadtregierung, die seit Jahren notwendige Reformen und Konzepte weder vorlegt noch einfordert.

 

Nicht anders schaut es bei den Wiener Symphonikern aus. Der letzte Stadtrechnungshofbericht über die wirklich prekäre finanzielle Lage der Wiener Symphoniker liest sich wie ein Schwarzbuch sozialdemokratischer Misswirtschaft, großzügigste Pensionsvereinbarungen, die hier abgeschlossen, Privilegien, die im Namen der Steuerzahler gewährt und Reformen, die seit mindestens einem Jahrzehnt verabsäumt wurden, politische Unterlassungen, die dieses wunderbare Orchester nicht nur in eine finanziell sehr schwierige Lage gebracht haben, sondern die auch einen Mühlstein in seiner künstlerischen Arbeit sind, die ich ausdrücklich nicht kritisiere.

 

Weil man hier nicht weiter zusehen darf, bringe ich heute einen Antrag ein, der diesem Orchester wieder eine Zukunft bringen soll, die es künstlerisch frei atmen lässt: „Der amtsführende Stadtrat möge einen mittelfristigen Sanierungs- und Finanzierungsplan für den Verein Wiener Symphoniker erstellen, der eine nachhaltige Sicherung dieses Orchesters gewährleistet und die vom Stadtrechnungshof in mehreren Prüfberichten vorgeschlagenen Reformschritte berücksichtigt.“

 

Aber auch im Sportbereich gibt es diese Trägheit. Seit Jahren fehlt ein Sportstättenkonzept, fehlt der Plan für Breitensportförderung, um nachhaltig Spitzensport hervorbringen zu können, fehlt es an geeigneten Trainingsmöglichkeiten. Gerade im Spitzensport hat sich diese Stadt schon seit Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Wieder kritisiere ich nicht die Sportlerinnen und Sportler, die unter solch widrigen Umständen fast schon zum Trotz Hervorragendes leisten. Nein, ich kritisiere auch hier die Sportpolitik, die praktisch nicht vorhanden ist und kein Konzept verfolgt.

 

Ein mir jüngst zu Ohren gekommenes Beispiel verdeutlicht die Konzeptlosigkeit dieser Sportpolitik. Da musste voriges Jahr der einzige Betreiber einer Wintergolfhalle seine Pforten schließen, weil die Stadt Wien Eigenbedarf an der Halle angemeldet hat. Nun könnte man annehmen, dass die Stadt Wien einen Plan ausgearbeitet hat, um diese Halle schnellstmöglich anderen Sportlern zur Verfügung zu stellen. Nein, nachdem der ursprüngliche Pächter sein einzigartiges Angebot einstellen musste, hat die Stadt Wien festgestellt, dass ein Umbau dieser Halle für den Handballsport unmöglich und unfinanzierbar ist. Nicht nur, dass damit dem gesamten Jugendkader des Wiener Golfsports die Wintertrainingsmöglichkeit und sämtlichen Trainern ihr Winterarbeitsplatz genommen wurde, hat die Stadt Wien jetzt nicht einmal mehr die, wenn auch geringen, Einnahmen aus der Verpachtung dieser Halle. Diese Halle steht nämlich seither leer.

 

So geht es leider Gottes weiter. Ich sage nur, Wien Museum. Eine schier unglaubliche Geschichte von politischer Trägheit. Andere Städte bauen in dieser Zeit sogar weltweit anerkannte und architektonisch atemberaubende Konzerthallen, siehe Hamburg. (GR Mag. Thomas Reindl: Na ja, Hamburg ist kein gutes Beispiel!) Wir rätseln nach zehn Jahren der Planung, der Standortfrage, der Wettbewerbe, ob das erkorene Projekt über

 

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