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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 21.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 71

 

fes werden bis zum Jahr 2021 die Ausgaben der Stadt Wien für die Mindestsicherung auf 1 Milliarde EUR anwachsen.

 

Ich möchte diese vielen Zahlen vielleicht in eine Kurzformel gießen, um sie etwas knackiger und besser zu veranschaulichen: 20-60-80 ist die Kurzformel, die die gesamte Misere verdeutlicht. In der Stadt Wien leben 20 Prozent der Bevölkerung Österreichs, aber gleichzeitig über 60 Prozent der Mindestsicherungsbezieher. Und seitdem die GRÜNEN in der Wiener Stadtregierung sind, ist die Anzahl der Mindestsicherungsbezieher in Wien um etwa 80 Prozent gestiegen. 20-60-80, meine Damen und Herren, ist keine nachhaltige Sozialpolitik. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr. Wolfgang Aigner.)

 

Erlauben Sie mir, dass ich unsere Vorschläge vorstelle: Wir haben gesagt, dass zu viel Ungleichheit in einer Gesellschaft sozialen Unfrieden und steigende Kriminalität zur Folge haben kann.

 

Eine vorübergehende Hilfeleistung ist daher nicht nur ein moralisches Gebot, sondern auch im Sinne der Aufrechterhaltung des sozialen Friedens absolut wünschenswert. Was aber fatal ist, ist, dass mit Pull-Faktoren wie der Mindestsicherung zuerst die Armut nach Österreich, nach Wien importiert wird, danach über die Ungleichheit in Wien philosophiert und danach völlig ohne Augenmaß umverteilt wird. Das ist tatsächlich die Behandlung eines selbstgemachten Problems, noch dazu die falsche Behandlung eines selbstgemachten Problems. Unser Vorschlag enthält zwei Dimensionen, eine zeitliche und eine finanzielle. Die zeitliche Dimension: zuerst einzahlen, bevor die volle Höhe an Leistungen bezogen werden kann. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Die finanzielle Dimension: Einführung einer Obergrenze von 1.500 EUR für Mehrpersonenhaushalte, denn, wie wir eingangs festgestellt haben, sind Arbeitskraft und Arbeitszeit persönliche Ressourcen, die angemessen abgegolten werden müssen. Daraus ergibt sich ganz automatisch, dass der Ertrag aus Erwerbsarbeit höher sein muss als Bezüge aus Sozialleistungen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Weiters haben wir eingangs festgehalten, dass Arbeit sinnstiftend ist. Ich darf zur Illustration Hildegard Burjan zitieren: „Mit Geld und Kleinigkeiten ist einem Menschen nicht geholfen, man muss ihn von vornherein wieder auf die Füße stellen und die Überzeugung geben: Ich bin jemand und kann etwas leisten.“ - Eine zutiefst christlich-soziale Aussage, aus der sich ganz natürlich weitere Forderungen ergeben, die Arbeitsanreize setzen, etwa der Wiedereinsteigerbonus, der bei gelungener Rückkehr in den Arbeitsmarkt bezahlt wird, oder die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen, die die Abdeckung der Grundbedürfnisse sicherstellt, was ja richtig und wichtig ist, aber nicht über etwas hinausgeht, das eine Mindestsicherung ist. Außerdem die Verpflichtung zur Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten, denn das hält Menschen in einem geregelten Tagesablauf. Sie sehen also, dass wir alle unsere Vorschläge von einem nachvollziehbaren und sozialen Fundament ableiten können.

 

Geschätzte Damen und Herren, lassen Sie mich schließlich am Ende etwas anmerken: Ich habe auch aus persönlicher Erfahrung vollstes Mitgefühl für Menschen, die in einer Notsituation sind, die arbeitslos geworden sind oder nicht mehr arbeiten können. Ich kann die Depression und die Schmach, die oft empfunden werden, und die Perspektivlosigkeit zu 100 Prozent nachvollziehen. Und ich bin zu 100 Prozent der Ansicht, dass diesen Menschen geholfen werden muss. Ich bin der Ansicht, dass es wichtig ist, dass man diesen Menschen Perspektiven aufzeigt, dass man ihnen die Möglichkeit gibt, sich nützlich zu machen, nützlich zu sein und eine Aufgabe zu haben, gebraucht zu werden. Ich habe aber kein Verständnis für eine Politik, die mit dem Füllhorn Sozialleistungen ausschüttet und dabei vergisst, dass dieser bedenkenlose Umgang mit Sozialleistungen, Solidarität und Steuergeld den wirklich Bedürftigen schadet. - Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit war 8 Minuten, die Restredezeit für die ÖVP beträgt 3 Minuten. Nächste Rednerin ist Frau GRin Hebein, die selbstgewählte Redezeit beträgt 7 Minuten.

 

10.13.50

GRin Birgit Hebein (GRÜNE)|: Werter Herr Vorsitzender! Geschätzte Stadträtin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen!

 

Zunächst einmal vielen Dank für die relativ sachliche Diskussion meiner VorrednerInnen, das hat sich gestern etwas anders angehört. Und ja - ich schließe gleich an -, die Gleichheit der Menschen in Frage zu stellen, da sind wir uns hoffentlich einig, führt unweigerlich - das hatten wir historisch schon einmal, sagen wir es einmal vorsichtig - im ersten Schritt zu sozialen Unruhen. Das heißt, ich möchte konkret an drei Beispielen aufzeigen, was sozial verantwortliche Politik, nämlich konkret hier in unserer Stadt von Rot-Grün, bedeutet, um ein bisschen zu untermauern, das eine ist die Theorie der Absichten und das andere ist die praktische Umsetzung. Da erlebe ich einige Widersprüche in Ihren Aussagen.

 

Punkt 1: Der Sucht- und Drogenbereich, ein sehr heikles Thema, weil es immer wieder emotionalisiert wird, weil es immer wieder in Boulevardmedien Stimmung erzeugen kann, weil es immer wieder befeuert wird, auch von ÖVP und FPÖ. Das ist ein sehr heikler Bereich mit sehr schwierigen Bedingungen. Daher ist es enorm wichtig, dass man bei den Suchthilfesystemen sehr Unterschiedliches anbietet. Wir haben hier zum Beispiel ausführlich über „Alkohol. Leben können.“ gesprochen, Sie kennen dieses Konzept. Es ist faszinierend, was hier von der Sucht- und Drogenkoordination versucht wird, nämlich Medizinisches anzubieten, Integration zu fördern, und das mit Kompetenzzentren, dezentral und niederschwellig. Hier wird enorm viel versucht, um mit Expertise Unterstützung zu gewährleisten; nicht nur das, wir haben auch den heiklen Diskurs darüber geführt, wie es denn die anderen Städte mit Alkohol im öffentlichen Raum machen. Es gab von der Sucht- und Drogenkoordination einen Städtevergleich, Sie kennen ihn hoffentlich, er wurde im Ausschuss diskutiert beziehungsweise wurden bei der Sucht- und Drogenkoordination zehn Städte verglichen. Es führt ein Alkoholverbot in erster Linie zu Verdrängung, zu noch mehr Problemen. Wir haben jetzt sehr sinnvolle, nachhaltige

 

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