Gemeinderat, 29. Sitzung vom 21.11.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 71
Vorschläge von Experten und Expertinnen auf dem Tisch, die wir sehr ernsthaft im Sinne der Menschenwürde und auch im Sinne der sozialen Sicherheit überprüfen. Vergessen wir nicht, dass wir hier 40 Personen vom Praterstern als Anlass nehmen. - Das ist der eine Punkt.
Beim Fonds Soziales Wien erlaube ich mir nur, festzuhalten, dass der FSW 128.300 Menschen Unterstützung im Jahr anbietet, von Pflege bis Behinderung, 10.000 wohn- und obdachlose Menschen, 13.200 behinderte Menschen. Das heißt, insgesamt erhalten 128.300 Menschen Unterstützung in einer sozialen Stadt. Der FSW überlegt weiter neue Strategien, wie man auch die Teilhabe fördern kann. Wir haben unlängst diskutiert, warum es rechtswidrig ist, für obdachlose Menschen, die in eine eigene Wohnung oder Betreuung wiedereinsteigen, die Möglichkeit zu schaffen, dass sie selbst ihre Küche montieren und dass Rohmaterial zur Verfügung gestellt wird. Das heißt, eine Palette von konkreter Teilhabe bis zur Gesamtstruktur, auch da sieht man enorm wichtige Arbeit, die da geleistet wird.
Jetzt zur Mindestsicherung: Natürlich werden wir das am Donnerstag noch ausführlich diskutieren, das ist fast zu befürchten, aber dafür sind wir ja da, das ist unsere Aufgabe. Ich komme zu den Widersprüchen: Wir legen ein Gesetz vor, bei dem, ich behaupte es einmal salopp, theoretisch das Ziel ein gemeinsames ist, nämlich dass in Zukunft weniger Menschen von der Mindestsicherung abhängig sind. Ja, es könnte ein gemeinsames Ziel sein. Welche Möglichkeiten gibt es dorthin? - Wir müssen in Qualifizierung und Ausbildung investieren, damit es vor allem Jugendliche ohne Mindestsicherung schaffen, eine eigene Perspektive aufzubauen. Das ist auch ein Punkt - ich habe die Frau GRin Meinl-Reisinger noch im Ohr -, der in den letzten Jahren immer wieder von Ihnen, von den NEOS, eingefordert wurde. Investieren wir in Ausbildung, in den Arbeitsmarkt, ermöglichen wir den Menschen die Chance, ohne Mindestsicherung zu leben! - Davon hört man heute gar nichts. Sie bringen Anträge ein, dass wir ein bundeseinheitliches Gesetz brauchen. Ja, danke, das wollen wir auch, dafür kämpfen wir seit zwei Jahren. Die Bundesregierung hat es nicht geschafft, sich zu einigen, das ist an der ÖVP gescheitert, das wissen Sie. (Zwischenruf von GR Dkfm. Dr. Fritz Aichinger. - GR Mag. Günter Kasal: Wir helfen Ihnen! - GR Wolfgang Seidl: Wir machen es!)
Der zweite Antrag betrifft die Wartefrist. Sie machen eine sehr gute Analyse, die ich teile, wir stehen tatsächlich vor Herausforderungen im Wohnungsbereich, im Bildungsbereich, im Bereich des Arbeitsmarktes - selbstverständlich -, und die Mindestsicherung ist das letzte soziale Netz. Das wird nicht alle politischen Fragen klären können, aber was Sie dann anbieten, ist eine Symbolpolitik mit einer Wartefrist von drei Monaten, die dann alle Menschen davon abschrecken soll, nach Wien zu kommen. Das halte ich für realitätsfern.
Das heißt, wir haben mit der neuen Mindestsicherung ein Anreizsystem geschaffen: Ausbildung, Arbeitsplätze, wir fördern Frauen, wir haben einen Beschäftigungsbonus, einen Beschäftigungsbonus plus, und wir kürzen nicht bei den Schwächsten in unserer Gesellschaft. Das ist tatsächlich eine ideologische Frage, das ist rot-grüne Politik, weil Menschen gleich sind. Was aber von Ihrer Seite immer wieder kommt, ist eine Ungleichheit. Gestern wurden von Herrn Abg. Nepp Worte wie die Dahergelaufenen im Sozialsystem verwendet. Sie schaffen eine zunehmende Verbalradikalisierung, und ich verstehe die Verunsicherung der Menschen, was es jetzt wohl für den sozialen Frieden, für den Sozialabbau bedeutet, wenn Schwarz-Blau-Türkis kommt, wo Sie dann die Sündenböcke finden werden - bei Flüchtlingen, bei Menschen, die es schwierig haben, bei Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen. Was wir hier vorliegen haben, ist bestmöglich ein sozial verantwortungsvolles Budget. Haben Sie wenigstens den Mumm, Klartext zu reden, was Sie denn konkret stört, ohne pauschal alles einmal grundsätzlich per se schlechtzureden! (GR Dr. Wolfgang Aigner: Das sagen wir doch eh dauernd! - GR Mag. Wolfgang Jung: Das sagen wir doch die ganze Zeit!) Wir gehen hier in Wien einen anderen Weg, und ich bin überzeugt davon, dass dieser umso dringender notwendig sein wird, weil wir nicht wissen, ob Schwarz-Blau tatsächlich mit ihrer Politik für sozialen Unfrieden sorgen wird. - Vielen Dank! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit hat 8 Minuten betragen. Die Restredezeit für die Grünen sind 10 Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Koderhold, die selbstgewählte Redezeit beträgt 9 Minuten.
GR Dr. Günter Koderhold (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich werde mich auf den Mehrjahresplan beziehen, und ich hoffe, meine Rede wird weniger als Kritik, sondern als der Wunsch, Wege aufzuzeigen, angesehen. Sehr geehrte Frau Kollegin Meinhard-Schiebel, Sie haben uns eine emotionelle Argumentation vorgeworfen, aber es ist schon Ihre Fraktion, die uns immer gerne ein bisschen in das groteske Eck stellt und uns eigentlich unsere fachliche Expertise abspricht. An sich bin ich ja schon lange in der Gesundheitspolitik, ich war früher viele Jahre in der Ärztekammer, deshalb fällt mir beim Durchlesen dieses Mehrjahresplanes auf, dass es eigentlich immer noch dieselben Berater sind, die den Krankenanstaltenverbund in guten wie in schlechten Tagen begleiten und immer noch dieselben inhaltlichen Deviationen einbringen. Das ist zum Beispiel die Bundesqualitätsleitlinie präoperative Diagnostik, eine ökonomische Leitlinie, die schon vor sieben Jahren auf einem Salzburger Kongress in der Luft zerrissen wurde, weil das eben keine medizinische Leitlinie, sondern eine ökonomische Leitlinie ist. Wir haben in Österreich das Problem, dass der Begriff Leitlinie nicht geschützt ist, deshalb kann natürlich eine Behörde eine Leitlinie erfinden, das passiert auch. Der Krankenanstaltenverbund ist diesen Beratern gegenüber sehr treu, sehr konsequent.
Diese Konsequenz sieht man auch, wenn man das Management um die Gangbetten und die in Zukunft mögliche Reduktion von Akutbetten sieht. Das ist schon sehr konsequent, nach dem Motto: wenn schon Gang
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