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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 21.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 71

 

betten, dann ordentlich. Wenn Sie jetzt Gangbetten reduzieren, müssen Sie auf einige Punkte, die eigentlich sehr banal sind, achten: Erstens, dass der Belag, die Auslastung nicht zu hoch ist. Es gibt zwar jetzt im Moment den Wunsch - ich weiß nicht, wer Ihnen den Floh ins Ohr gesetzt hat -, eine möglichst hohe Auslastung zu erreichen, aber der KAV hat ohnehin schon die Auslastung eines Privatkrankenhauses oder eines Fondsspitals. Wenn Sie die Auslastung noch höher treiben, haben Sie erst recht Gangbetten.

 

Zweitens: Wenn Sie immer Akutbetten freihalten wollen, brauchen Sie eine existierende Übergangspflege. Sie haben zwar, und das ist sehr positiv zu bemerken, ein gutes Entlastungsmanagement in den letzten Jahren aufgebaut, der Bereich der Übergangspflege beziehungsweise der Akutgeriatrie stagniert absolut, es gibt zwar räumliche Verschiebungen, aber es gibt keine notwendige Aufstockung. Die Pflegebetten werden auch reduziert, und jetzt stelle ich mir natürlich die Frage: Wie wollen Sie die Gangbettenproblematik lösen, wenn Sie weniger Akutbetten haben, weniger Pflegebetten und Übergangspflege mehr oder weniger eingefroren ist? - Ich kann Sie nur dringend davor warnen, sich zu hüten, weitere Betten zu reduzieren, bevor Sie nicht die Gangbettenproblematik im Griff haben.

 

Ein auch wichtiges Problem, das von vielen übersehen wird, aber im Bereich von internationalen Vergleichen nicht zu unterschätzen ist, ist die Säuglingssterblichkeit in Wien. Wir haben die weitaus höchste in Österreich, und es ist sicherlich ein richtiges Strategiekonzept notwendig. Die Säuglingssterblichkeit ist vier Mal so hoch wie in Kärnten, über das man ja gerne lacht, über das man gerne spottet, sie ist ungefähr so hoch wie in Kuba, das ist kein Witz, Sie können das nachschauen. Diese Säuglingssterblichkeit ist es eigentlich wert - bitte mich nicht missverstehen! -, dass man eigene Strategiekonzepte dagegen entwickelt. Sie können es Konzept Kindeswohl nennen oder einen anderen Namen erfinden, aber Sie müssen auf jeden Fall gegen diese doch deutlich erhöhte Säuglingssterblichkeit in Wien etwas machen, sonst werden Sie gegenüber den anderen Bundesländern noch weiter abfallen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich komme jetzt zum Punkt 1.4.1, Wien wächst, es wird auf 2 Millionen Einwohner hingewiesen. Ich erlaube mir eine höfliche Korrektur, denn das Einzugsgebiet hat schon jetzt 2,6 Millionen Einwohner, und es wird sicherlich nicht weniger werden. Es genügt also nicht, auf die Versorgungspflicht dieser 2 Millionen Wiener Bürgerinnen und Bürger einzugehen, das Einzugsgebiet ist deutlich höher.

 

Liest man sich den Mehrjahresplan durch, kann man annehmen, dass es eigentlich nur die Krankenhäuser der Gemeinde Wien gibt, die für die Versorgung Wiens zuständig sind. Ich kann Sie berichtigen, es gibt 17 andere Krankenanstalten, die mit öffentlichen Geldern finanziert oder teilfinanziert werden. Jetzt kann man natürlich einwenden, das ist uns eh wurscht, wir machen unsere Arbeit, wir machen sie nach bestem Wissen und Gewissen. Das ist aber im Bereich der Unfallchirurgie, der Notfallversorgung keineswegs so. Ungefähr die Hälfte aller Unfälle wird von den Unfallkrankenhäusern bewältigt, und wenn ich jetzt noch die 20.000 Versorgungen der Unfallchirurgie des Hanusch-Krankenhauses dazuzähle, werden weit mehr als die Hälfte aller verunfallten Patienten außerhalb des KAV behandelt. Das wäre an sich nicht weiter erwähnenswert, wenn es nicht die Tendenz gäbe, das Unfallkrankenhaus Wien Lorenz Böhler von einer akuten Versorgung auf eine Nachbehandlung im Sinne rekonstruktiver Chirurgie umzuwandeln. Ähnliches hat man ja auch mit der zukünftigen Unfallchirurgie und Orthopädie Speising vor. Es wird sicher keine Vollunfallchirurgie mit Akutaufnahme werden, sondern auch hier wird in rekonstruktiver Chirurgie gearbeitet werden. Hier fehlen aus meiner Sicht notwendige Konzepte, notwendige Ziele.

 

Im Punkt 1.5.4 wird auf die löbliche Ausbildung von medizinischen Assistenzberufen hingewiesen. Das ist an sich sehr schön, dass Wien sich der Pflicht der Ausbildung der paramedizinischen Berufe, der medizinischen Hilfsberufe annimmt. Ich habe allerdings bei sehr genauer Durchsicht des Ausbildungskataloges nichts über Kodierassistenten und medizinische Dokumentationsassistenten gesehen.

 

Nun haben wir in Österreich eine sehr hohe Dokumentationslast, die durch die neueste Änderung der Dokumentationspflicht ambulanter Patienten nicht weniger, sondern mehr wird. Und wir haben in vielen Bereichen schon etwa ein Drittel der gesamten Arbeitszeit von medizinischen Berufen direkt durch die Bürokratie blockiert. Das hat natürlich nicht nur zeitliche, sondern auch finanzielle Konsequenzen. Vergleiche ich jetzt Österreich mit Deutschland - das ist zwar eingeschränkt, aber man kann es umsetzen -, so sind die Bürokratiefolgekosten in der Höhe von 10 Prozent des gesamten Gesundheitsbudgets. Ich bitte, das zu bedenken und auch, medizinische Kodierassistenten in Zukunft zusätzlich auszubilden.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, ich erlaube mir noch ein bisschen auf die gesundheitlichen Konsequenzen der Migrationsströme einzugehen. Das ist eine sehr heterogene Situation. Man hat überraschenderweise gefunden, dass diese kränker sind, als es eigentlich der nativen Bevölkerung entspricht. Das ist ein entsprechender Aufwand. Was noch dazukommt, und das bitte ich zu bedenken, ist, dass sehr viele Menschen dieser Migrationsströme einer Kultur entstammen, die Fortbildung, Weiterbildung von vor allem Mädchen und jungen Frauen nicht gerade schätzt. Diese mangelnde Bildungsförderung, die eindeutig kulturell bedingt ist - das haben Sie bei Chinesen, bei Asiaten nicht -, führt natürlich dazu, und da gibt es entsprechende Studien, dass in der zweiten und dritten Generation auch die Erwerbsarmut überdurchschnittlich hoch ist, mit den entsprechenden gesundheitlichen Konsequenzen. Ich bitte, dies zu bedenken. - Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit war 9 Minuten. Die Restredezeit für die FPÖ beträgt 24 Minuten. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mörk. Die selbstgewählte Redezeit beträgt 10 Minuten. - Ich erteile ihr das Wort.

 

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