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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 21.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 71

 

Ich fange einmal mit dem an, wo wir total übereinstimmen und will Ihnen da auch mein Erlebnis schildern, ich habe es, glaube ich, hier in dem Rahmen noch nicht gemacht: Kinder und Radfahren. Ich berühre sonst nicht mein Privatleben, jetzt tue ich das ausnahmsweise einmal. Mein Sohn ist sechs Jahre alt und hat zu seinem sechsten Geburtstag ein Fahrrad geschenkt bekommen und fährt sehr gerne mit dem Fahrrad. Ich wohne in der Gumpendorfer Straße und hatte einen Weg die Gumpendorfer Straße hinunter, mit dem Fahrrad schnell etwas zu holen, und mein Sohn wollte unbedingt mitfahren. Ich ertappe mich dabei und sage, nein, du fährst da sicher nicht mit! Ja, wieso nicht? Das war dann schwer zu erklären, aber nein, ich fahre mit meinem sechsjährigen Sohn nicht in der Gumpendorfer Straße, wo die Autos parken, daneben zwei Fahrspuren. Dort kann man auch nicht leicht eine sichere Radfahranlage machen, man könnte sie machen, wenn man 100 Prozent unserer Ideologie nachgibt, räumt man auf der gesamte Gumpendorfer Straße auf beiden Seiten die Parkplätze weg. Ich erzähle jetzt kein Geheimnis: Nein, das haben wir nicht vor. Es bleibt über, dass du mit einem Sechsjährigen dort nicht fahren kannst.

 

Wenn wir in den Kindergarten fahren, mache ich einen großen Umweg. Die große Erleichterung ist die Mariahilfer Straße, auch der Bereich - und jetzt verbeuge ich mich tief vor den Autofahrern und Autofahrerinnen - der Begegnungszone, wo sich Autofahrer, ich fahre dort jeden Tag, zu 100 Prozent diszipliniert verhalten. Sie schauen, das funktioniert in einer hervorragenden Art.

 

Ich habe mir dann selber einen Vorwurf gemacht: Sag einmal, du bist mitverantwortlich für den Radverkehr. Wie kann das sein, dass du deinem eigenen Sohn erklärst, du fährst jetzt nicht mit, obwohl er fahren will, und das überhaupt nicht verstanden hat? Es zeigt nur die Herausforderung und hat mir ein nachhaltig schlechtes Gewissen gemacht. Ich möchte noch ergänzen und schaue mir Entwicklungen an, wie sich in den letzten Jahrzehnten der Radius von Kindern, sich frei in der Stadt zu bewegen, reduziert hat. Der ist unglaublich gering geworden.

 

Jetzt komme ich noch einmal auf meinen Sohn, aber dann lasse ich mein Privatleben weg. Eines des größten Herzklopfens hatte ich, als er erklärt hat, er geht alleine einkaufen. Da muss er einmal einen geregelten Schutzweg in der Gumpendorfer Straße überqueren. Ich habe ihn dann gehen lassen, aber ich sage Ihnen, die zwölf Minuten zu Hause waren nicht entspannt für mich. Ich weiß gar nicht, ob ich da eine Gesetzesübertretung gemacht habe, wahrscheinlich ja. Aber es ist eigentlich arg, dass die Selbstverständlichkeit, dass sich ein junger Mensch bewegen kann, frei bewegen kann, in der Stadt in weiten Teilen ausgeschlossen ist.

 

Jetzt gehe ich auf die neuen Stadtentwicklungsgebiete und traue mir jetzt taxfrei zu sagen: Dort ist die Möglichkeit, sich frei zu bewegen, sich sicher zu bewegen, signifikant höher. Darauf wird akribisch geschaut, insbesondere weil es auch gelingt, dort Dinge in Nahversorgungseinrichtungen umzusetzen.

 

Jetzt komme ich auf einen wichtigen Punkt, wo der Kollege Gara einen Punkt gemacht hat, nämlich den Punkt mit der Berresgasse und der UVP. Ja, ich halte die UVP, wie sie derzeit auf Bundesebene geregelt ist, die Städtebau-UVP, als Grüner - ich habe das schon ein paar Mal gesagt, jetzt sage ich es hier einmal offiziell - für eine Fehlkonstruktion. Sie führt dazu, dass sie im Begriff etwas Schönes führt, weil wer ist gegen Umweltverträglichkeit, wir sind die Ersten, die sagen, Umweltverträglichkeit ist wichtig. Das Einzige, was sie bewirkt, ist eine jahrelange Verzögerung notwendiger Entwicklungsprojekte. Würde man dort, wo man überall eine UVP-Prüfung anlegen muss, dieselben zentral errichteten Stadtteile als Einfamilienhaussiedlungen rund um die Stadt bauen, hätte man keine UVP, obwohl der ökologische Fußabdruck zehn Mal schlechter ist. Da muss jetzt zu etwas gegriffen werden: Nein, keine übergeordnete Handelseinrichtung, keine übergeordneten Dinge, denn sonst verlieren wir jeweils zwei bis drei Jahre in der Entwicklung.

 

Ein Stadtteil ist keine Maschine. Was meine ich damit? Ein Kraftwerk kann man genau berechnen, UVP, her damit. Eine Straße ist berechenbar, UVP, her damit, weil es ja auch bei der UVP, so die ursprüngliche Überlegung, zu einer Verfahrenskonzentration gekommen ist. Ein Stadtteil ist keine Maschine. Alleine die Festlegung! Das bitte ich die, bei denen ein differenzierter Zugang möglich ist, und bei Kollegen Gara ist das im höchsten Ausmaß, zu bedenken. Was passiert? - Du musst akribisch hineinschreiben, wie viele Wohnungen, wie viele Büros, eine ganz genaue Festschreibung dieses Stadtteils, der dir auf Jahrzehnte die Hände bindet, und das, was ein Stadtteil ist, nämlich sich über die Zeit verändern zu können, sich umbauen zu können, ist nicht möglich. Darum greift die Stadt zu teilweise abstrus wirkenden Konstruktionen, die dazu führen, dass diese notwendigen Sozialwohnungen hoffentlich zwei Jahre früher und nicht vier Jahre später kommen. Diese UVP gehört dringend überarbeitet

 

Da ich mich an die Zeit halte, bedanke ich mich … (GRin Dr. Jennifer Kickert: Du hast noch zwei Minuten!) - 2 Minuten habe ich noch. Dann will ich auch noch einen wesentlichen Bereich aufgreifen, den der Kollege Gara richtigerweise angesprochen hat, der oft kritisiert wird, das ist der Bodenverbrauch. Ich halte den Bodenverbrauch für eines der unterschätztesten ökologischen Themen, die wir in Österreich haben. Österreich verbaut pro Kopf täglich das Doppelte, was Deutschland verbraucht, und obwohl die Bevölkerung nur sehr langsam wächst, steigt der Bodenverbrauch, der irreversible Bodenverbrauch überproportional. Es gibt ein Bundesland, wo das anders ist, und das ist Wien. Das hat mit jenem umstrittenen Begriff zu tun, mit dem wir insgeheim mit der FPÖ immer wieder diskutieren, das ist Dichte. Na selbstverständlich, wenn du Einfamilienhaussiedlungen nebeneinander hinstellst und die notwendige Verkehrserschließung entsprechend bauen musst, dann kommst du zu diesem enormen Bodenverbrauch.

 

Deswegen stehen wir dazu, dicht und kompakt zu bauen. Nur das ermöglicht uns den öffentlichen Verkehr,

 

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