Gemeinderat, 29. Sitzung vom 21.11.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 71
Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Ulm. Ich erteile es ihm, selbstgewählte Redezeit 15 Minuten.
GR Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Herr Berichterstatter! Sehr verehrter Herr Stadtrat!
Was ist die große Aufgabe in diesem Ressort? Es liegt auf der Hand, es geht darum, ausreichend leistbaren Wohnraum zu schaffen. Welche Möglichkeiten hat dabei die Stadt Wien? Na ja, es gibt Faktoren, um dieses Ziel zu erreichen. Da sind die Einflussmöglichkeiten relativ gering. Die Baukosten sind mehr oder weniger vorgegeben. Die Gestehungskosten bei der Baufirma, auf deren Kalkulation wird man nicht besonders Einfluss nehmen können. Bei den Baunormen könnte man schon ein bisschen mehr Einfluss nehmen. Auf einige Baunormen hat die Stadt Wien Einfluss. Da gibt es ein Österreichisches Institut für Bautechnik, da gibt’s die ÖIB-Richtlinien. Bei der Zurverfügungstellung von baureifen Grundstücken kann die Stadt schon recht viel machen. Da geht es schon darum, dass man in den Verfahren schnell ist und ausreichend bebaubaren Grund zur Verfügung stellt. Aber das allermeiste kann die Stadt natürlich bei der Wohnbauförderung und im sozialen Wohnbau machen. Da könnte man sich wieder überlegen, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Das haben wir natürlich nicht, das hat die Stadt Wien nicht. Vom Schuldenberg und von der Neuverschuldung haben wir schon sehr viel gehört. Aber dann gibt es noch eine Möglichkeit, leistbareren Wohnraum im Rahmen des sozialen Wohnbaus zu schaffen, indem man einfach mehr geförderte Eigentumswohnungen anbietet, als das bisher der Fall ist, und zwar einfach deshalb, weil die Eigentumswohnungen die günstigere Variante sind. (Beifall bei der ÖVP.)
Es würde keinen einzigen Euro mehr kosten. Da bräuchte man nicht einmal ein Gesetz zu ändern, weil die Wohnbauförderung sowohl die Förderung von Mietwohnungen als auch von Eigentumswohnungen vorsieht. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Ja, nachbessern!) Es ist nachweislich günstiger, mittelfristig bereits günstiger. Ich werde Ihnen das vorrechnen, denn das ist ja der Kernpunkt, denn Sie brauchen ja nicht zu glauben, dass jetzt eine Genossenschaft, ein gemeinnütziger Bauträger aus eigenem finanziert oder dass die Stadt Wien jetzt da wahnsinnig viel Geld mehr zu den geförderten Mietwohnungen zuschießen würde im Vergleich zu den geförderten Eigentumswohnungen. Es braucht den gleichen Platz, es braucht die gleiche Grundfläche, die Grundfläche kostet das Gleiche, die Baukosten sind die gleichen. (Zwischenruf von GR Christian Oxonitsch.) Leider Gottes bieten Sie es nicht an. Ich komme gleich zu dem Beispiel, Herr Kollege Oxonitsch, ich freue mich schon drauf. Ich will nur noch vorher sagen: Es wissen auch die Österreicher, dass sie im Eigentum günstiger wohnen. Das ist auch der Grund, warum drei Viertel der Österreicher ein Interesse daran haben, eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim zu erwerben. 72 Prozent sind es österreichweit. In Wien ist die Situation möglicherweise auch auf Grund Ihrer eigentumsfeindlichen Politik ein bissel anders. Da sind es nur 51 Prozent, die das wollen. (Beifall bei der ÖVP.)
Sie haben mit Ihrer Politik schon ein bissel was erreicht. Damit haben wir in Wien so wenige Personen wie nirgendwo anders, die im Eigentum leben, nämlich 18 Prozent, wenn ich das jetzt vergleiche. Sie werden gleich aufschreien und sagen, ja, wie hoch sind die Mieten dort. Ich sage es Ihnen schon im Vorhinein: Wenn man im Eigentum lebt, muss man so eine Miete nicht zahlen. In London wohnen 48 Prozent im Eigentum, in Hamburg 22 Prozent, in München 25 Prozent und in Zürich 28 Prozent. Was bieten Sie jetzt an? So im Schnitt sind es ungefähr 97 Prozent geförderte Mietwohnungen und an die 3 Prozent geförderte Eigentumswohnungen. Also wenn man sich die Bauleistung in den vergangenen Jahren anschaut, dann kommt man auf ein Verhältnis von 96 Prozent zu 4 Prozent. Wenn man sich die Eigenmittelersatzdarlehen anschaut, ob die für Mietwohnungen vergeben wurden oder für Eigentumswohnungen, dann kommt man auf ein Verhältnis von 98 Prozent zu 2 Prozent. Also in etwa werden es 3 Prozent sein, die im Eigentum angeboten werden. Sie sagen es uns ja auch, Sie können ja diese Zahlen schlecht bestreiten. Sie sagen ja auch, welche Meinung Sie zur Eigentumsbildung in privater Hand haben. Der Kollege Chorherr hat uns bei der letzten Aktuellen Stunde gesagt, Grund und Boden, das gehört allen. Sie haben da sogar die bayrische Landesverfassung zitiert. (GR Mag. Christoph Chorherr: Schön, dass sie mir so zuhören!) Keine Frage, finde ich ja durchaus interessant, wobei sich diese Kurzfassung Ihres Schlusses nicht in der bayrischen Landesverfassung findet.
Die Frau Kollegin GRin Novak, da haben wir ja auch immer wieder die Freude der politischen Auseinandersetzung, sagt ja auch ganz klar: Eigentum im sozialen Wohnbau, das wollen wir nicht. Das ist natürlich sehr bedauerlich, weil es zum Schaden der Förderwerber ist, weil die Förderwerber so im Schnitt nach 30 bis 35 Jahren ganz genau das Gleiche bezahlt haben, sei es geförderte Mietwohnung oder geförderte Eigentumswohnung. Das muss ja im Wesentlichen auch so sein, weil ja die Baukosten ganz genau die gleichen sind und auch die Grundkosten, egal, welches Modell ich dort hinstelle. Nach 30 bis 35 Jahren ist der gleiche Betrag bezahlt worden. Die Wohnung befindet sich im Eigentum. Ab sofort sind keine Mieten mehr zu bezahlen, und der Besitzer der Wohnung ist glücklicher Eigentümer, frei, unabhängig, selbstständig. Ein gewisser Wohlstand wurde erreicht. Vermögen wurde in privater Hand gebildet, kann durch die Generationen weitergegeben werden.
Altersvorsorge wird von allen Seiten und von der Mehrheit der Österreicher angestrebt. Warum … (GR Mag. Christoph Chorherr: Erbschaftsstreit!) Erbschaftsstreit kann es geben, keine Frage. Aber Sie können doch nicht deshalb sinnvolle Sozialpolitik vermeiden, weil Sie Erbschaftsstreitigkeiten befürchten! Der Kollege Chorherr will keine Vermögensbildung in privater Hand, weil er sich vor dem Erbschaftsstreit fürchtet! Also das ist ja … (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Nein, Herr Kollege … (GR
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