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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 25.01.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 102

 

zu tragen. Die Chancengleichheit ist dahin. Bildungsminister Faßmann packt das Problem zumindest einmal offensiv an, offenbar ohne die Kids auszugrenzen. Wieso quatschen die Sozialdemokraten von 150.000 angeblichen Einwanderern, anstatt das Thema Deutsch für zugewanderte Volksschüler massiv, ja aggressiv anzugehen?“ Ich gebe diese Frage jetzt einfach an Sie weiter. (Heiterkeit bei GR Mag. Manfred Juraczka.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Frau Gemeinderätin, das ist natürlich sehr freundlich von Ihnen gegenüber dem Florian Klenk. Der fragt mich auch selber verschiedene Sachen. Aber so gibt es die Möglichkeit, auch in diesem Raum darauf zu antworten. Es haben ihm ja übrigens auch einige LehrerInnen geantwortet und gesagt, bitte, bitte, kommen Sie doch einmal bei uns vorbei und schauen Sie sich das an, wie das funktioniert.

 

Womit der Florian Klenk völlig recht hat, ist eine Tatsache, die ich überhaupt nicht wegreden möchte. Das wäre ja besonders absurd. Das ist nämlich die, dass die Herausforderung irrsinnig groß ist, die Herausforderung nämlich für die Lehrerinnen und Lehrer am Ende des Tages, und damit natürlich auch für eine Stadt oder für einen Staat, ein Bildungssystem zu schaffen, das Kinder so fördert, dass alle die Bildungsziele erreichen und am Start der Bildungslaufbahn dem, was stattfindet, schon bestmöglich folgen. Dort, wo sie es nicht können, müssen sie intensiv gefördert werden, um die Unterrichtssprache Deutsch und unsere Alltagssprache Deutsch natürlich zu kennen.

 

Die Frage, die besteht, ist: Wie macht man das am besten? Da ist es so, dass alle Expertinnen und Experten, die man fragt - und das können wir gerne einmal in einer gesonderten Frage oder in einer Diskussion dazu heute am Nachmittag auch noch austauschen -, sagen, die bestmögliche Form, Kinder dabei zu fördern, Deutsch zu lernen, ist erstens einmal, früh damit zu beginnen, Stichwort Sprachförderung schon im Kindergarten. Da ist ja auch ein, wie soll man sagen, ich sage jetzt einmal, ohne jemandem nahe zu treten, Lippenbekenntnis von allen da. Es wird jeder unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie es die jeweils anderen ernst meinen oder nicht. Ich jedenfalls meine es ernst und möchte damit sagen, wir brauchen im Kindergarten eindeutig - und lassen wir die Verantwortung weg, wer, ich glaube, das ist ein an einem Strang Ziehen zwischen Bund und den Ländern - mehr Sprachförderung. Was die Expertinnen und Experten dazu befragt auch sagen, ist aber, dass Sprachförderung im schulischen Bereich dann am besten funktioniert, wenn Kinder miteinander lernen können und parallel dazu so intensiv wie möglich gefördert werden können. Was heißt, miteinander lernen? Mit den anderen Kindern im Klassenverband reden, spielen, sich austauschen können und eben parallel dazu, das ist der Punkt, in kleinen, intensiven Einheiten gut gefördert Sprache lernen können. Das ist im Übrigen auch das Modell, das der Herr Minister Faßmann bis vor einer Woche noch selbst sehr wortreich vertreten hat.

 

Es ist auch so, dass für andere Modelle Expertinnen und Experten sagen, sie funktionieren nicht so gut. Ich verweise da etwa auf Evaluierungsergebnisse des Modells in Deutschland, wo die mit sogenannten, die nennen das dort so, Willkommensklassen, zum Beispiel in Hamburg gearbeitet haben, also Kinder in einer eigenen Klasse im Schulbetrieb. Das, was jetzt rausgekommen ist, würde ich jetzt einmal vorsichtig sagen, ist nicht ganz klar. Es sind sehr, sehr viele Fragen offen. Wir kennen eine Power-Point-Präsentation von der Pressekonferenz, die ist vierseitig. Die erste Seite ist das Deckblatt. Aber was man daraus lesen kann, ist, es dürfte ein Mischmasch sein zwischen dem, was die ExpertInnen sagen und auch der Herr Minister Faßmann meint, nämlich integrative Förderung ist wichtig, und dem, was im Regierungsprogramm steht. Das macht natürlich irrsinnig viel Fragen auf.

 

Das Modell, das wir jetzt in Wien machen, ist die bestmögliche Annäherung an das, was die Expertinnen und Experten sagen, nämlich Kinder in der Klasse lassen und in kleinen Einheiten so intensiv wie möglich fördern. Und jetzt kommt der zentrale Punkt, und damit haben wir uns in Wien in den letzten Monaten mit dem Bund intensiv auseinandergesetzt, aber auch mit den unterschiedlichen Parteien: Ganz egal, welche Organisationsform man findet, ob das jetzt diese neue Form sein wird oder ob das die Form wie bisher ist, es ist immer eine Frage der Ressourcen. Wie viele Lehrerinnen und Lehrer sind da, die wie wenig Kinder so intensiv wie möglich fördern können? Da gibt es in Österreich einen Webfehler in der Ressourcenzuteilung, was Lehrerressourcen betrifft. Dieser Webfehler ist an einer sehr zentralen Stelle, im Finanzausgleichsgesetz. Dieses Finanzausgleichsgesetz kennt nämlich, was die Ressourcenzuteilung betrifft, nur die Gießkanne: So viele Schüler, so viele Lehrer, wurscht, ob das ein Ballungsraum ist, in dem die Herausforderung groß ist, oder etwa ein ländliches Gebiet. Und jetzt kommt noch dazu, zu dieser Gießkanne gibt es ein zweites Riesenproblem. Gerade bei den Themen sonderpädagogischer Förderbedarf und Sprachförderung gibt es einen Deckel. Entschuldigung, wenn ich kurz aus meiner Rolle falle, aber wie blöd ist das? Das bedeutet nämlich, ich habe 100 Gipse zur Verfügung und der Typ mit der 101. gebrochenen Hand erfährt von uns: Oh, geht leider nicht mehr, Deckel im Bedarf. Genau das ist der Grund, warum die Ministerin Hammerschmid in den letzten drei Jahren dieses Integrationspaket nach einem Chancenindex - dort, wo die Herausforderungen groß sind - auf die Reise gebracht hat. Das hat allein für Wien 300 PädagogInnen mehr gebracht, über 300 PädagogInnen, SozialarbeiterInnen, Sprachförderpersonal und BegleitlehrerInnen!

 

Ich stelle die Frage: Können Sie mir hier, der Herr Minister hat es nicht können und der Finanzminister auch noch nicht, zusagen und ausschließen, dass nicht diese Mittel verwendet werden, um das neue Modell der sogenannten Deutschförderklassen mit Lehrerinnen und Lehrern auszustatten für Kinder, die dann am flachen Land zu sechst in einer Klasse sitzen und in Wien zu 25 in Kleingruppen? Solange Sie mir das nicht ausschließen können, bitte ich um Verzeihung, finde ich das Ganze als

 

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