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Gemeinderat, 34. Sitzung vom 22.03.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 97

 

GR Dr. Günter Koderhold (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Es ist schon interessant, wie ein an sich inhaltlich eher spröder Tagesordnungspunkt, wo es um die Subvention von 64 Millionen EUR an die konfessionellen Spitäler geht, so viel rhetorischen und politischen Staub aufwirbelt. Das ist an sich kein Wunder, da wir im Allgemeinen von einem Masterplan, von einem Spitalskonzept 2030 rhetorisch und argumentativ fast schon erschlagen werden, obwohl dieses Konzept in keinster Weise dem tatsächlichen Versorgungsauftrag gerecht wird.

 

Raten Sie einmal, wie viele Krankenhäuser, die mit öffentlichen Geldern teilfinanziert werden, es in Wien gibt. - 29, davon sind 20 die sogenannten Fondskrankenhäuser, die vom Landesgesundheitsfonds bezahlt werden, 7 vom mittlerweile nicht mehr privaten Krankenanstaltenfinanzierungfonds, das sind keine echten Privatspitäler mehr, die werden auch mit öffentlichen Mitteln gespeist, haben mittlerweile auch eine eigene 24-Stunden-Versorgung, und die 2 AUVA-Unfallkrankenhäuser.

 

Es steht auch in diesem Spitalskonzept, in diesem Masterplan, der - nicht böse sein, liebe Regierungsparteien - den Namen wirklich nicht verdient, nichts darüber, dass mehr als die Hälfte aller Unfallpatienten nicht in Gemeindespitälern, sondern in Unfallspitälern und in der Unfallabteilung des Hanusch-Krankenhauses versorgt werden. Diese bewusste oder unbewusste Ausgliederung eines erheblichen Teils des Spitalsbereiches, aber auch der extramuralen medizinischen Versorgung führt dazu, dass wir von der Freiheitlichen Partei eine Untersuchungskommission nicht nur über das Krankenhaus Nord - das ist ja nur ein Teilproblem -, sondern über die seit vielen Jahrzehnten existierenden und sich immer mehr in die Gesundheitspolitik einfressenden Planungsfehler und Planungsversäumnisse weiter verbreitern müssen.

 

Vergessen Sie nicht, dass sich die Regierungsparteien vor allem mit den Krankenhäusern der Gemeinde Wien, mit dem AKH beschäftigen. Es gibt keine Konfrontation mit der extramuralen Notfallversorgung, es gibt auch keine zumindest deutliche Konfrontation damit, dass die konfessionellen Spitäler bei den Barmherzigen Brüdern eine eigene zentrale Notfallaufnahme machen, dass in der Orthopädie Speising eine Unfallchirurgie etabliert wird und dass diverse konfessionelle Spitäler daran denken, eine allgemeinmedizinische Notfallversorgung aufzumachen. Diesbezüglich bin ich von einem Vertreter der geistlichen Spitäler zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen worden.

 

Ich persönlich halte von den konfessionellen Spitälern viel, sie haben ein anderes Geschäftsmodell, das man respektieren muss. Diese 24-Stunden-Versorgung können sie noch nicht bringen, das wird sich hoffentlich bei einer entsprechenden Finanzierung dann ändern.

 

Es gibt für die konfessionellen Spitäler zwei Möglichkeiten, sich in die Notfallversorgung einzubringen. Das eine ist die intramurale, im Spital stattfindende Notfallversorgung, die jetzt höchstwahrscheinlich bei den Barmherzigen Brüdern im Rahmen einer echten zentralen Notfallaufnahme etabliert wird. Das wäre dann praktisch mit dem Hanusch-Krankenhaus oder mit dem Wilhelminenspital gleichberechtigt. Auch die intramurale Unfallchirurgie wird in Speising ihren Sitz finden.

 

Mindestens genauso wichtig, aus meiner Sicht noch wichtiger, ist der Bereich der allgemeinmedizinischen Notfallversorgung, wo die Gemeinde Wien wirklich säumig ist. Sie dürfen nicht vergessen, dass Sie nicht nur politisch die gesamte Verantwortung für die Spitäler der Gemeinde Wien haben, Sie haben auch die Verantwortung für alles, was die Gebietskrankenkasse anbietet. Die Gebietskrankenkasse hat sich in den letzten Jahren in Wien eher um die Sanierung ihres eigenen Budgets gekümmert. Man muss darum neue wichtige allgemeinmedizinische Verträge neu regeln.

 

Hier ist es sicherlich wichtig, mit den konfessionellen Spitälern über die Möglichkeit einer an das Spital angegliederten allgemeinmedizinischen 24-Stunden-Beratung oder 24-Stunden-Versorgung im allgemeinmedizinischen Bereich zu sprechen. Wir haben hier in Wien eine sehr eigenartige Form der Notfallversorgung. Ich erlaube mir, jetzt Wien beziehungsweise Österreich demographisch mit Deutschland zu vergleichen, da wir demographisch ein ähnliches Entwicklungssystem haben. In Deutschland werden ungefähr 40 Prozent aller Notfälle von den allgemeinmedizinischen Notfallambulanzen übernommen, die Tendenz ist gegenwärtig eher sinkend, und 60 bis jetzt eher 70 von den intramuralen Krankenhäusern. Bei uns sieht es aber so aus, dass die extramurale Notfallversorgung weit unter 10 Prozent ist und die Notfallversorgung hauptsächlich im Spital stattfindet und hier natürlich auch nur in einigen Spitälern. Das führt dazu, dass wir natürlich außerordentlich viel Patientennotfälle in den Krankenhäusern haben, außerordentlich wenige in den allgemeinmedizinischen 24-Stunden-Praxen, weil es die im Unterschied zu Deutschland einfach gar nicht gibt.

 

Ich freue mich, dass sich unsere Stadträtin so schön unterhält.

 

Hier wäre sicherlich die Politik angehalten gewesen, denn die Macht hätte Sie ja. Als Gesundheitsstadtrat oder Gesundheitsstadträtin kann man sich sehr wohl die Gebietskrankenkasse holen und sagen: Ihr macht jetzt Gruppenpraxen im Rahmen der allgemeinmedizinischen Versorgung, die sind 24 Stunden offen, die sind am Wochenende offen, und ihr habt das zu machen. Das wurde nicht gemacht. (GRin Dr. Jennifer Kickert: Weil sich keine Ärzte finden!) - Die Ärzte finden sich deshalb nicht, Frau Kollegin, weil die PHCs Gruppenpraxen mit einem extrem schlechten Vertrag sind, und wenn sie jetzt einen sehr schlechten Vertrag geben, werden sie natürlich niemanden finden. Das führt natürlich dann dazu, dass wir grundsätzlich weniger Allgemeinmediziner haben werden, was wieder mit der Ausbildungsreform von 2015 zusammenhängt. Wir hätten in Wien einen Bedarf von 300, und in Ausbildung sind 17. Das sind schwere politische Versäumnisse. Auch die politischen Versäumnisse muss man in eine Untersuchungskommission einbringen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

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