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Gemeinderat, 34. Sitzung vom 22.03.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 97

 

Gehen wir von der Notfallversorgung, die mir persönlich als Arzt, der selber fünf Jahre lang Journalarzt war und natürlich eine entsprechende Erfahrung mit Notfällen hat, vertraut ist, weiter zur Aufnahmequote. Die Aufnahmequote ist die Anzahl, der Prozentsatz der eine Notfallambulanz aufsuchenden Patienten, die dann in stationäre Pflege gehen. Der ist in Deutschland, ich nehme aus demographischen Gründen Deutschland als Vergleich, zwischen 30 und 36 Prozent, die Charité sagt 30, im Rahmen einer Studie sind es 36, wir in Wien haben 20. Das heißt, wir haben jetzt einmal in den Wiener Spitälern eine Aufnahmequote von 20 Prozent, eine fast nicht existierende allgemeinmedizinische Versorgung im Rahmen einer 24-Stunden-Begutachtung an Feiertagen und an Sonntagen. Das ist ein erheblicher Planungsfehler, der aus meiner persönlichen Sicht weit über das Krankenhaus Nord hinausgeht. Ich will nicht sagen, dass mir das Krankenhaus Nord sehr egal ist, aber es ist ein Kollateralschaden. Es ist ein Zeichen, dass man seit vielen Jahren das dünne Eis, auf dem man sich gesundheitspolitisch bewegt, überhaupt nicht erkennt. Es geht gar nicht um Planungsfehler, es geht darum, dass gar nicht geplant wurde.

 

Gerade die Notfallversorgung, ich rede jetzt von der extramuralen Notfallversorgung, ist ein wichtiger Punkt im allgemeinmedizinischen Bereich als auch im Bereich der Rettung. Diesbezüglich haben wir einen Beschlussantrag formuliert und werden den einbringen. Hier geht es darum, dass, wie wir alle wissen, die Rettung personell und von der Kapazität her am Limit ist, dass eben die Anzahl der Notrufe zunehmend ist, dass die Anzahl der Notärzte extrem gering ist.

 

Jetzt noch einmal zu Ihrer Bemerkung, dass wir keine Ärzte haben, Frau Kollegin: Demografisch haben wir viele Ärzte, es ist nur so schlecht verteilt, weil die Anreize entsprechend schlecht sind. Wir haben nach wie vor einen sehr guten demografischen Vergleich zu Deutschland mit einer sehr hohen Arztdichte, nur ist die Allgemeinmedizin in den letzten Jahren so beschädigt worden, dass einfach niemand mehr diese allgemeinmedizinische Betreuung machen will. Außerdem gibt es auch keinen Zusatzfacharzt für Notfallmedizin, deswegen finden sie keine Notärzte. Auch das ist ein politisches Versäumnis, das aber an sich den Bund betrifft.

 

Nun weiter mit der Problematik der Rettungen: Vergleichbare deutsche Großstädte wie Berlin oder Hamburg haben erheblich mehr Rettungswägen, erheblich mehr Einsatzwägen, erheblich mehr Ärzte. Ich will Sie mit diesen eklatanten Unterschieden gar nicht beschämen, Damen und Herren von den Regierungsparteien, es ist eklatant. Aus diesem Grund stellen wir den Beschlussantrag, der Gemeinderat möge beschließen, dass entsprechend einer 2-Millionen-Metropole, hier muss ich hinzufügen, das Einzugsgebiet sind 2,6 Millionen, die Wiener Berufsrettung eine adäquate Anzahl an Rettungswägen samt entsprechendem zusätzlichen Personal sowie ausreichend Notärzte zur Verfügung gestellt bekommt und der Abfragekatalog der Leitstellen entsprechend evaluiert wird. In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung dieses Antrages. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich sehe erfreut, dass mir noch einige Zeit bleibt, um die erheblichen Planungsversäumnisse im Bereich der Wiener Gesundheitsversorgung darzustellen. Meine Vorrednerin hat über den fehlenden freien Wettbewerb im Rahmen von diversen Ausschreibungen gesprochen. (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Die mangelnde Transparenz!) - Na ja. das kann man natürlich von beiden Seiten sehen. Auf der einen Seite muss ich natürlich im Rahmen einer Spitalsvergabe die Ausfallsicherheit beachten, und die Ausfallsicherheit ist natürlich von großer Bedeutung. Im Rahmen des freien Wettbewerbs muss ich natürlich damit rechnen, falls jemand in Konkurs geht oder durch ein Billigangebot entsprechende Probleme terminmäßig gestaltet, dass ich dann natürlich auch terminmäßig aus dem Konzept komme.

 

An sich darf man nicht vergessen, dass die ursprüngliche Idee, das Generalunternehmen abzulehnen, eigentlich vom Kontrollamt selber kam. Das heißt, die ursprüngliche Idee, überhaupt Generalunternehmen zu favorisieren, wurde eigentlich, und das ist sehr wohl eine politische Entscheidung, innerhalb der Regierungsparteien selber gemacht. Den ursprünglichen Generalunternehmer hat man dann auf 200 Teilunternehmen aufgeteilt. Die Entscheidung war eine politische, dass man diesen Weg aus Gründen des freien Wettbewerbs geht. Hier kann man sich bitte nicht auf irgendwelche Beamten ausreden. Das ist auch ein Grund, warum wir die Untersuchungskommission eigentlich schon weitreichender behandeln müssen. Diesbezüglich haben wir auch die Pflicht gegenüber den Beamten. Wenn ich mir da diverse Facebook-Aussendungen bestimmter Stadtpolitiker durchsehe, haben wir den Verdacht, dass sich die Stadtpolitik eigentlich von der Verantwortung komplett entschließen will und den Spitzenbeamten, die im Grunde genommen relativ wenig tatsächliche Macht haben, die Schuld und die Verantwortung überlässt.

 

Wenn Sie die Möglichkeiten in der Generaldirektion des KAV ansehen, werden Sie merken, dass die dort eigentlich nicht einmal einen Portier anstellen können. Sie haben weder die Finanzhoheit, die hat die MA 24, die Personalhoheit haben sie auch nicht. Das heißt, wenn es um eine Finanzierung geht, muss man bei der MA 24 nachfragen. Wenn es darum geht, ob ich jetzt auf Sicherheit oder freien Wettbewerb achte, muss ich natürlich dann beim Kontrollamt, jetzt ist es der Rechnungshof, nachfragen, das auch wieder nicht ganz unpolitisch ist. Schließlich ist der frühere Leiter des Kontrollamtes jetzt Magistratsdirektor.

 

Da komme ich wieder zu dem Punkt der Verantwortlichkeit. Der Magistratsdirektor oder die Magistratsdirektion hat alles gewusst, hat ganz sicher auch über die verschiedenen Vergaben beim Krankenhaus Nord alles gewusst. Nun ist die Magistratsdirektion natürlich dem Bürgermeister berichtspflichtig, das heißt, was die Magistratsdirektion weiß, weiß auch der Bürgermeister. Da kann man sich jetzt nicht aus der politischen Verantwortung verabschieden. Die Magistratsdirektion, deren Leiter früher das Kontrollamt geleitet und selber die Pläne des

 

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