Gemeinderat, 34. Sitzung vom 22.03.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 97
bisschen als trägerübergreifende Zusammenarbeit beschreiben. Das ist bisschen ein Tabubruch. Warum? Das gibt es ja teilweise schon, wo die Erholung nach einer orthopädischen Operation in einem Ordensspital stattfindet. Das gibt es, das ist eine gute Sache, aber es gibt viel zu wenig davon. Warum kann es nicht zum Beispiel im Bereich der Onkologie eine Verbindung zu irgendetwas anderem geben, zum Beispiel könnte in einem Pflegewohnhaus eine kleine Palliativeinheit eingerichtet werden, wo von mir aus die dort Tätigen in dieser onkologischen Abteilung zwei Mal in der Woche die Visite machen und die Behandlung planen.
Warum ist das nicht möglich, warum macht man das nicht? Ich glaube, weil es eben bisher ohnehin funktioniert hat. Und warum funktioniert es jetzt nicht mehr? Nicht etwa, weil alle auf der faulen Haut liegen, sondern weil die Anforderungen größer werden, weil die Therapien größer werden. Man kann auch sagen, weil die Leute länger leben, länger gesund leben, später dann aber mehrere Krankheiten auf einmal bekommen, kompliziertere Krankheiten bekommen. Man muss auch sagen, vor vielen Jahren ist man an Krankheiten verstorben, die heute gut behandelbar sind. Onkologische Erkrankungen wie Brustkrebs sind zum Großteil heilbar, weil sie Gott sei Dank oft früh erkannt werden. Sie sind oft heilbar, selbst wenn sie metastasiert sind. Ich habe bei meiner Ausbildung noch gelernt, Krebs mit Metastasen ist ein Todesurteil, Punkt. Das ist nicht mehr so, das wird zur chronischen Krankheit. Ich habe einen Patienten erlebt, der 17 Jahre lang einen metastasierten Darmkrebs überlebt hat, und zwar mit guter Lebensqualität. Er hat immer wieder Chemotherapien gemacht, später Immuntherapien. Er hat es erlebt, dass neue Entwicklungen gekommen sind und hat die dann auch als Behandlung erhalten, 17 Jahre lang. Das ist doch etwas, das hat es früher nicht gegeben! Deswegen sind auch die Herausforderungen an ein Gesundheitssystem größere, und das muss man auch zur Kenntnis nehmen.
Wir stehen nicht nur organisatorisch vor einer viel differenzierteren Situation, sondern stehen sind auch finanziell, allein, was die Heilmittel, die Arzneimittel betrifft, vor einer Situation, wo uns noch überhaupt nicht klar ist, wie wir die bewältigen können. Jetzt gibt es diese CAR-T-Zelltherapie, eine Behandlungsmethoden, bei der man eigene Zellen, aus dem eigenen Körper, aus dem Immunsystem, mit etwas belädt, womit man Tumore behandeln kann. Da kostet eine Therapie 400.000 Dollar! Es dürfte ein relativ erfolgversprechendes Konzept sein. - Unsere Stadträtin wird schon ganz blass. - Und es ist in der Tat schwierig, denn wir wollen ja ein System haben, wo jeder die Therapie erhält, die für seine Krankheit passt, von der zu erwarten ist, dass sie helfen wird. Da gibt es in der Kardiologie, in der Rheumatologie und in sehr vielen medizinischen Fächern genau ähnliche Entwicklungen. Wenn wir das garantieren wollen, dann werden wir eine gesellschaftspolitische Diskussion führen müssen, ob wir wollen, dass alle unabhängig von ihrem Einkommen die Therapie erhalten, die sie benötigen. Wir wollen das als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, und ich bin überzeugt, dass sich alle dafür aussprechen würden, wenn man in der Bevölkerung eine Umfrage macht; nur muss man sich überlegen, wie man das finanziert, und das sollte eine bald einsetzende Diskussion sein.
Ich möchte auch darauf eingehen, dass es nicht nur zur trägerübergreifenden, sondern auch zur interdisziplinären Zusammenarbeit verstärkt kommen wird müssen. Man muss schon auch sagen: Die Herzinfarktversorgung, wie sie in Wien ist, wurde 2003 eingeführt. Jetzt ist es eine Selbstverständlichkeit, nur damals war es revolutionär, neu, dass man nämlich garantiert hat, dass jeder, der einen Herzinfarkt hat, binnen kürzester Zeit in ein Zentrum kommt, dort eine Herzkatheteruntersuchung bekommt und dort das verstopfte Blutgefäß von dieser Verstopfung befreit wird, nämlich mit Hilfe eines Stents oder einer Ballonaufdehnung, und das ohne bleibende Schäden im Herzmuskel. Das ist heute eine Selbstverständlichkeit, das hat es aber früher in Wien - und überall sonst auch - nicht gegeben. Wenn man in der Nacht einen Herzinfarkt hatte, hatte man eben Pech. Dann hat man eben eine Lysetherapie bekommen, bei der versucht wird, das Gerinnsel aufzulösen, das modernste und erfolgversprechendste war aber in der Nacht nicht möglich. Heute ist es eine Selbstverständlichkeit, das nehmen wir einfach so zur Kenntnis. Ich finde es ja gut, dass wir das zur Kenntnis nehmen, aber man muss es auch erwähnen.
Es geht aber immer weiter. Wir haben in Wien eine Schlaganfallversorgung, bei der jeder Mensch, der mit Verdacht auf Schlaganfall von der Rettung aufgefunden oder mitgenommen wird, jeder, auch eine 90-jährige Omi - nicht wie in England, dort ist ab 70 nichts mehr, wobei das ein bisschen verkürzt ausgedrückt ist, gebe ich zu -, in jedem Alter und jedem Zustand in eine Schlaganfallintensivstation gebracht wird, um zu klären, ob es nicht möglich ist, das Blutgerinnsel aufzulösen. Dann wird sofort begonnen, akut zu mobilisieren, weil man weiß, wenn man sofort mit Mobilisierung beginnt, schon auf der Intensivstation, dann sind die Erfolge viel besser. Nachher dann, und das schlage ich vor, zu diskutieren, wäre es gescheit, wenn man interdisziplinär besser zusammenarbeitet, nämlich die Innere Medizin mit der Neurologie. Die Neurologie hat, wenn die Schäden im Gehirn schon passiert sind, nicht mehr viel zu tun. Der neurologische Facharzt hat gar nichts mehr zu tun. Das neurologische Fachpersonal, die LogopädInnen, die neurologisch geschulten ErgotherapeutInnen, PhysiotherapeutInnen, die sind dann gefragt, aber von der ärztlichen Seite ist die Innere Medizin gefragt. Denn es gibt ja einen Grund, weshalb der Mensch einen Schlaganfall gehabt hat. Der Grund ist meistens eine Herzerkrankung, nämlich das Vorhofflimmern, und das kommt auf einer Neurologie alleine zu kurz, deswegen die Zusammenarbeit. Warum jedoch gibt es das noch nicht? (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Könnt ihr einmal klatschen? Sie möchte trinken! - Die Rednerin trinkt etwas Wasser.) - Danke. Ich habe leider schon einen Reizhusten. Den habe ich mir im Spital geholt. Nachdem mir viele Patienten geschildert haben, dass sie
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