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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 24.05.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 70

 

in ihrer Lebensqualitätsbewertung lediglich die Manager und die Vermögenden umfasst. Das ist eine bemerkenswerte Kritik, aber in der Tat, es gibt für mich wichtigere Untersuchungen, wie etwa die Universitätsstudie über die Lebenszufriedenheit, wo immerhin eine große Anzahl von Probanden teilnimmt, die weit, weit über all das hinausgeht, womit wir uns normalerweise bei entsprechenden Umfragen konfrontiert sehen.

 

Diese Universitätsstudie hat für mich noch einen anderen Vorteil, denn Mercer erinnert mich immer ein bisschen an das Schulzeugnis. Da hast du halt entweder ein Sehr gut, eine andere Note oder auch ein Nicht genügend, aber das war es - in Zukunft wird hoffentlich die verbale Beurteilung ja auch dabei sein, eine ganz wichtige Errungenschaft im Bildungssystem. Aber die Universitätsstudie weist uns nicht nur darauf hin, was wir gut machen und was in dieser Stadt toll läuft - und das ist vieles -, sondern sie weist uns auch darauf hin, wo ein Verbesserungspotenzial ist, wo wir mehr machen können, wo etwas an und vorbeigegangen ist, was die neuen Bedürfnisse der Bevölkerung sind. Das heißt, da gibt es all die Wegweiser, all die Hinweise darauf, dass wir Wien noch besser machen können, und das ist ja letztendlich das, was wir wollen.

 

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir seit 1994 bis heute etwa 20 Prozent Bevölkerungswachstum haben. Sie werden sagen, wenn ich nur die letzten zehn Jahre genommen hätte, wäre dieses Bevölkerungswachstum größer. Der Hinweis ist gar nicht falsch, aber das hängt auch damit zusammen, dass wir, als ich Bürgermeister geworden bin, mit der Situation konfrontiert waren, dass die Stadt geschrumpft ist. Und wenn ich nun diese beiden Herausforderungssituationen vergleiche, eine bevölkerungsschrumpfende Stadt mit einer bevölkerungswachsenden Stadt - beides probiert, kein Vergleich. Es ist gar keine Frage, dass ich natürlich die Herausforderungen einer wachsenden Stadt, die ja einen Grund hat, warum sie bevölkerungsmäßig wächst, wesentlich lieber annehme als die sehr negativen Herausforderungen, die es bei einer schrumpfenden Stadt gibt. Ich wollte nur einmal auf die 20 Prozent Wachstum über diese Periode hinweg hinweisen.

 

Lebensqualität Wohnen: 62 Prozent der Wienerinnen und Wiener wohnen im geförderten Wohnbau. So viel zur heutigen Meldung, die Mieten gehen durch die Decke und es ist alles so katastrophal. Es gibt keine andere Stadt der Welt, wo 62 Prozent der Bevölkerung im geförderten Wohnbau leben.

 

Verkehr: Als wir hier begonnen haben, waren 20 Prozent öffentlicher Verkehr und 40 Prozent Individualverkehr. Heute haben wir rund 50 Prozent öffentlichen Verkehr, nicht ganz 20 Prozent Individualverkehr. Es wird nicht sehr lange dauern, bis wir eine Milliarde Fahrgäste im Jahr haben, nicht zuletzt deswegen, weil wir auch die Jahreskarte mit einem Euro pro Tag in Wien eingeführt haben. Daher gibt es heute mehr verkaufte Jahreskarten in dieser Stadt als angemeldete Autos. Und das ist eine Lebensqualität, um die uns sehr, sehr viele beneiden.

 

Grünraum: Es gibt keine Millionenstadt der Welt, wo es auf der einen Seite einen Nationalpark und auf der anderen Seite einen Biosphärenpark gibt. Gerade das ist auch ein Beispiel für die sehr gut entwickelte Zusammenarbeit zwischen Niederösterreich und Wien. Ein Mal mehr, lieber Erwin, sei dir ein Dankeschön gesagt für diese gute Kooperation über all die vielen Jahre. Man könnte jetzt mit Fug und Recht sagen: Ohne uns gäbe es den Nationalpark nicht, es gäbe den Biosphärenpark nicht und es gäbe vieles andere auch nicht. Statt Streit und Hader hat es eine gute Zusammenarbeit zum Nutzen der Bevölkerung von Niederösterreich und zum Nutzen der Bevölkerung von Wien gegeben, zum Nutzen der Bevölkerung in der Ostregion. Lieber Erwin, vielen Dank für diese Zusammenarbeit in dieser Freundschaft. (Allgemeiner Beifall.)

 

Ich könnte jetzt noch vieles sagen, zum Beispiel zu Wirtschaft und Arbeitsmarkt. 2008/2009 mit jährlich 1 Milliarde Verlust in den Einnahmen der Stadt war eine äußerst schwierige Situation. Es ist gar keine Frage, dass es niemandem mehr weh tut als uns, als mir, wenn wir die Arbeitslosenzahlenentwicklung gesehen haben. Jeder Einzelne, der dieses Schicksal erleiden muss, schmerzt, das ist ja keine Frage, und daher muss man auch etwas tun. Unser politischer Ansatz war: aus der Krise herausinvestieren und nicht in eine neue hineinsparen. Das mögen nun manche anders sehen, das ist ihr gutes demokratisches Recht, aber ich denke, dass dies, wie heute das Ergebnis beweist und wie man es sich heute auch anschauen kann, ein gutes Keynesianisches Konzept war, das wir hier verfolgt haben. Wir haben die Krise überwunden, die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosenzahlen sind rückläufig. So gesehen ist das also ein guter eingeschlagener Weg.

 

Natürlich geht es jetzt aber darum, dass man die aufgenommenen Schulden, mit denen Werte geschaffen wurden - ganz klar, es ist ja nicht irgendwo verpulvert worden, sonders es sind Werte damit geschaffen worden -, auch wieder zurückzahlt. Jeder, der sich eine Wohnung herrichtet, der sich eine Wohnung kauft, der sich ein Häusl baut, weiß, dass er das nicht so ohne Weiteres aus dem Portemonnaie zahlen kann, sondern dass er dafür Fremdmittel aufnimmt, Werte schafft, insbesondere auch für seine Kinder und Kindeskinder, und in der Folge muss er das natürlich auch wieder zurückzahlen. So einfach ist es eigentlich letztendlich auch in der Stadt.

 

Gesundheitsversorgung: Man kann ohnehin alles kritisieren, und wir haben da ja eine große Tradition in der Stadt, dass wir unser Gesundheitssystem grundsätzlich immer krankreden. Natürlich, darüber brauchen wir nicht reden, kann es Probleme geben, auch bei Bauvorhaben, und die gibt es ja letztendlich auch, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass man in all der Kritik nicht übersehen sollte, dass wir eines der tollsten Gesundheitssysteme haben, die es in ganz Europa gibt. Ich möchte kein Gesundheitssystem wie beispielsweise in Großbritannien, denn das wäre ein eklatanter Rückschritt, den man in der Stadt hätte. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Zur Kulturentwicklung habe ich kürzlich gelesen: Wien verkommt zur Event-Kultur. Das wäre mir nicht aufgefallen, um das relativ einfach zu sagen. Denn wenn

 

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