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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 128 von 149

 

was man für Menschen tun kann, die davon betroffen sind, und eines der wichtigsten Ziele überhaupt ist, wie wir im Gesundheitswesen dafür Sorgen treffen, dass sie nicht aus dem öffentlichen Raum verschwinden und in der Isolation und Einsamkeit landen. Jeder Euro, den wir dafür investieren, ist ein Beitrag, um Menschen gut durch diese schwere und unheilbare Krankheit zu begleiten.

 

Das alles wäre nicht möglich, wenn es nicht die hunderttausenden pflegenden Angehörigen geben würde. Nein, das sind keine Freiwilligen, die ihr karitatives Selbstverständnis zum Ausdruck bringen. Das sind zumeist unzählige Frauen und auch Zugehörige, die mit ihrer ganzen Kraft dafür sorgen, dass die pflegebedürftigen Menschen in ihrer Wohnumgebung bleiben können. Jede Unterbringung würde unser Stadtbudget belasten, weil stationäre Pflege und Betreuung teuer sind. Wer aber damit rechnet, dass pflegende Angehörige vor lauter Aufopferung ihr letztes Hemd ausziehen, der handelt fahrlässig. Das letzte Jahr hat gezeigt, dass das Thema Pflege nicht nur ein Top-Thema geworden ist, sondern dass pflegende Angehörige die Einzigen ohne Arbeitszeitregelung, ohne Entlohnung sind und im besten Fall durch eine sozialrechtliche Versicherungsleistung ein wenig abgesichert sind, soweit sie überhaupt wissen, dass es diese Möglichkeit gibt, soweit sie im Verständnis ihrer Rechte darauf bestehen und sich nicht als Almosenempfänger fühlen. Sie sind schlicht und einfach die tragende Säule dieses Systems der Pflege und Betreuung. Diesen ein Mal im Jahr einfach die Hand zu schütteln, wie man es bei Freiwilligen tut, die immerhin freiwillig arbeiten, das ist kein Zeichen der Wertschätzung, sondern lediglich eine andere Form von Almosen. Ich habe gelernt, dass man auch als Politikerin die Funktion der Wanderpredigerin ausüben kann und ziehe mit dem Thema pflegende Angehörige seit Jahren ehrenamtlich durch Stadt und Land. Dass es im Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser heute eigene Angebote für pflegende Angehörige gibt, dass im Plan Pflege und Betreuung 2030 den pflegenden Angehörigen ein eigenes Kapitel gewidmet ist, darauf bin ich stolz, weil ich immer und überall dafür auf- und eintrete. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Wien hat es geschafft, diesen hunderttausenden Menschen Hilfe anzubieten. Sie zu erreichen, das ist die Herausforderung, der wir uns gemeinsam stellen müssen, denn der Satz: „Damit habe ich nicht gerechnet!“, den ich schon hunderte Male gehört habe, begleitet mich überall hin. Dass wir uns auch mit neuen Pflege- und Betreuungsmodellen auseinandersetzen müssen, weil zwischen den Modellen Mobiler Dienst und 24-Stunden-Betreuung ein gewaltiger Gap entstanden ist, das ist die nächste Aufgabe in der Zeit. Um es in Zahlen zu denken: Wir haben das Geld für Gesundheit und Pflege nicht zum Fenster hinausgeworfen, viel weniger, es ist immer zu wenig gewesen. Wer dort nicht investiert, muss mit enormen Kosten von Krankheit rechnen. Ich danke allen Menschen in Wien, die für unser Gesundheits- und Pflegewesen tagtäglich arbeiten und ihr Bestes dafür geben. - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Koderhold.

 

23.24.00

GR Dr. Günter Koderhold (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Da meine Vorredner einige Anträge vorgelesen haben, erlaube ich mir, dazu Stellung zu nehmen. Kollege Gara hat den Antrag für eine allgemeinmedizinische Akutambulanz im Donauspital gestellt, diesem werden wir - no na - beitreten. Die Situation ist natürlich nicht mit dem AKH zu vergleichen, da das Budget des AKH aufgestockt wurde, während das Donauspital herabgestuft wird. Das heißt, es ist schwer, gegen diesen Antrag zu sein, aber die Ressourcen sind natürlich ganz andere.

 

Dem Antrag - ich nenne ihn jetzt Schmerzantrag - des Kollegen Gara betreffend eine Verbesserung der Schmerztherapie werden wir auch beitreten. Allerdings fällt uns auf, und das ist mir auch bei der Wortmeldung der Frau Kollegin Meinhard-Schiebel aufgefallen, dass eigentlich auf die Kinder komplett vergessen wird. Es gibt in Österreich kein einziges Kinderschmerzzentrum, es gibt auch keine spezielle Ausbildung für Kinderschmerztherapie. Diesbezüglich werden wir auch weiter politisch schlagtätig sein. Zum Kollegen Gara: Es gibt auch im Krankenhaus Hietzing eine Schmerzambulanz.

 

Zur Frau Kollegin Korosec, die eine allgemeinmedizinische Aufwertung durch die Gemeinde Wien erwartet: Wer eine Aufwertung erwartet, sollte nicht abwerten. Es wird in diesem Antrag den praktischen Ärzten mit Kassenvertrag unterstellt, vermehrt ästhetische Eingriffe zu machen. Ich kann es mir nicht vorstellen - das kann vielleicht im 1. Bezirk so sein, aber ich glaube nicht, dass in Favoriten ein praktischer Arzt, der im Warteraum 30 Patienten sitzen hat, noch ästhetische Eingriffe macht. Aus diesem Grund werden wir diesem Antrag nicht beitreten.

 

Frau Kollegin Meinhard-Schiebel hat die gegenwärtige Bundesregierung - wir reden ja eigentlich über Wien - bezichtigt, dass sie im Bereich der allgemeinmedizinischen Versorgung der PVCs eine negative Arbeit umsetzt. Die Beschädigung des Allgemeinmediziners läuft seit ungefähr 20 Jahren, das geht sehr wohl von den Gebietskrankenkassen, vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger aus. Es gibt eine Stagnation der Honorare, es gibt eine zusätzliche Steigerung der sogenannten Qualitätskontrollen, das bedeutet, dass man bauliche Veränderungen in der allgemeinmedizinischen Ordination umsetzen muss, die nicht einmal in den öffentlichen Spitälern bestehen. Das heißt, wir haben jetzt eine Situation, verstärkt durch die Ärzteausbildungsreform von 2015, dass wir in Wien einen Bedarf von 300 Allgemeinmedizinern haben, aber nur 17 in Ausbildung sind. Ähnlich ist es in den Bundesländern Kärnten und Oberösterreich. Das Berufsbild der Allgemeinmediziner ist sehr beschädigt, die Bezahlung sehr schlecht, das Ansehen sehr gering. Die Vorschläge der Primären Versorgungseinheiten sind nichts anderes als Gruppenpraxen mit schlechten Verträgen. Dafür wird man niemanden finden. Ein grundsätzliches Umdenken ist notwendig, um diese jahrzehntelangen Verfehlungen, die mit der

 

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