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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 129 von 149

 

gegenwärtigen Bundesregierung aber wirklich gar nichts zu tun haben, wieder rückgängig zu machen.

 

Ich komme jetzt zu meinem Vortrag: Wir haben jetzt die Mitte des Jahres 2018, und es beginnt eine Pensionierungswelle, die ein einzigartiges Ausmaß haben wird. Man kann das leicht nachweisen, denn wenn man sich als Gemeinde-Wien-Angestellter beziehungsweise als KAV-Angestellter die E-Mails mit der großen Anzahl an Ausschreibungen für Oberarzt- und Oberärztinnenposten durchschaut, kann man damit rechnen, dass in der nächsten Zeit in etwa 10 Prozent der Spitalsärzte in Pension gehen. Diese Pensionierungswelle, das ist aus demographischen Gründen eigentlich auch schon seit vielen Jahren bekannt, verläuft parallel zur Pensionierungswelle in Deutschland. Man kann mit einem dementsprechenden Sog rechnen. Dieser Pensionierungswelle, die, wie gesagt, schon lange bekannt ist, hätte man natürlich rechtzeitig begegnen müssen.

 

Das bedeutet, dass man die akutmedizinische Versorgung durch Ausbau der Übergangspflege reduziert. Das ist nicht nur eine finanzsparende Maßnahme, die Übergangspflege mit Abbau der Akutbetten, es ist sozusagen auch noch günstig. Die Übergangspflege wird in Wien viel zu selten umgesetzt.

 

Ein anderer Punkt, da man auch über die Kosten gesprochen hat, sind die Bürokratiefolgekosten. Ich sage absichtlich Bürokratiefolgekosten und nicht Verwaltungskosten, da die Verwaltungskosten sich im öffentlichen Bereich in einem relativ normalen Rahmen halten. Die Verwaltungskosten bei Privatversicherungen sind meistens höher als die bei öffentlichen Trägern. Die Bürokratiefolgekosten sind allerdings weit höher. Es gibt eine sehr interessante Studie aus Deutschland von A.T. Kearney, welche für die Bürokratiefolgekosten - nicht die Verwaltungskosten - ungefähr 25 Prozent des gesamten Gesundheitsbudgets rechnet. Arbeitet man jahrzehntelang im Krankenhaus, in Gesundheitsbetrieben, dann merkt man, dass sich die Wochenstundenanwesenheit - darum geht es, es geht nicht um die Anzahl der Ärztinnen und der Ärzte, sondern um die Wochenstundenanwesenheit - des medizinischen Personals am Patienten kontinuierlich reduziert. Wir haben weniger Personal, weniger Ärzte, wir haben auch weniger Diplompflegepersonal, wir haben aber eine unverändert hohe Bürokratielast und eine kontinuierlich sinkende Wochenstundenanwesenheit am Krankenbett. Das wird natürlich zusätzlich durch die EU-Arbeitszeitregelung verstärkt.

 

Ich komme jetzt zum Masterplan beziehungsweise zum Spitalskonzept 2030, das ja an sich ein Teil des Regionalen Strukturplans ist. Am Masterplan ist interessant, dass der größte Teil der Krankenanstalten komplett ausgespart wird. Wir haben 27 Krankenanstalten, die öffentliche Gelder beziehen, davon sind 20 Fondskrankenanstalten. Davon gehört eine Hälfte der Gemeinde Wien, dem KAV, die anderen sind meistens Ordensspitäler. Dann haben wir 7 PRIKRAF-Krankenanstalten, das sind Privatkrankenanstalten, die eigentlich keine Privatkrankenanstalten mehr sind, weil sie auch schon öffentliche Gelder beziehen, mit insgesamt 1.000 Betten und schließlich noch die 2 AUVA-Spitäler.

 

Sieht man sich den Masterplan an, fällt auf, dass es zum Beispiel überhaupt kein Kompetenzzentrum für Schmerz gibt, das ist überraschend. Es gibt alle möglichen Kompetenzzentren, dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden, es gibt aber kein einziges Kompetenzzentrum für Schmerz. Ich würde den sehr geehrten Herrn Stadtrat bitten, da etwas zu ändern.

 

Liest man sich die Geschichte der vergangenen Jahre des Masterplans durch, merkt man natürlich, dass sich da schon einiges geändert hat, aber nicht zum Guten. Ursprünglich waren die Unfallspitäler eingebunden, zunächst beide, dann nur mehr das Meidlinger Unfallkrankenhaus, zuletzt ist kein Unfallkrankenhaus mehr drinnen. Im Masterplan steht eigentlich nur das, was man sich innerhalb der Gemeinde Wien als Umbau und Adaption vorstellt. Es steht zum Beispiel nicht drin, dass die Unfallabteilung des Hanusch-Krankenhauses ausgebaut wird, dass die ZNA ausgebaut wird, dass die Barmherzigen Brüder eine eigene Zentrale Notaufnahme bekommen, dass die Orthopädie Speising eine Traumatologie aufbaut. Das steht alles nicht drinnen, es nennt sich aber trotzdem Masterplan.

 

Diesbezüglich würde ich nachträglich ersuchen und stelle auch einen entsprechenden Antrag, den ich leider auf meinem Pult vergessen habe, dass wir uns bezüglich der Änderung des Spitalskonzepts 2030 im Rahmen eines Runden Tisches zusammensetzen. (GRin Lisa Frühmesser bringt dem Redner den genannten Antrag.)

 

Ich erlaube mir, den Antrag vorzulesen: Bereits im Jahr 2011 wurden die Weichen für das Spitalskonzept 2030 gestellt. Seit damals ist viel Zeit vergangen. In der Zwischenzeit haben sich die Anforderungen verändert. Es wäre verantwortungslos, diese unberücksichtigt zu lassen. - „Anforderungen verändert“ kann man leicht erklären: Dadurch, dass die Fertigstellung des Krankenhauses Nord verschleppt wird, werden die Refinanzierungskosten, der Refinanzierungsaufwand der Spitäler, die eigentlich in das Krankenhaus Nord hätten übersiedeln müssen, natürlich auch geändert. Man muss natürlich diese Refinanzierungskosten, die doppelten Kosten dazurechnen. Dadurch ändert sich automatisch die Gewichtung des Krankenhauses Nord, denn wenn man in einem alten Spital, das eigentlich hätte übersiedeln sollen, eine notwendige Refinanzierung macht, wird man diese Abteilung natürlich nicht komplett ins Krankenhaus Nord übersiedeln. - Dies nur zur Erklärung.

 

Zum Wohle aller Patienten wäre es klug, dieses Konzept von Grund auf in allen Details kritisch zu beleuchten. Es ist notwendig, dass alle im Rathaus vertretenen Parteien zusammenkommen, um das Spitalskonzept gemeinsam zu evaluieren.

 

Wir erlauben uns, den Beschlussantrag zu stellen: „Der Amtsführende Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport wird aufgefordert, einen Runden Tisch mit allen im Wiener Gemeinderat vertretenen Parteien einzuberufen, um das Spitalskonzept 2030 gemeinsam zu evaluieren und bei Bedarf die gegenwärtigen Ansprüche zu adaptieren.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt.“ (Beifall bei der FPÖ.)

 

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