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Gemeinderat, 42. Sitzung vom 27.09.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 92

 

Aufsetzen des Heiligenscheins etwas vorsichtiger zu sein. Sie könnten sich verbrennen.

 

Ich komme jetzt zu den Quartalsberichten. Ich möchte Ihnen nicht jeden Quartalsbericht kursorisch vorlesen, das wäre wohl zu aufwändig, sondern bis auf das Jahr 2015 nur den 4. Quartalsbericht. 4. Quartalsbericht 2012: Da gibt es den sogenannten Management Summary. Das ist eine kurze Übersicht über Finanzierung, Termin, et cetera. Hier wird von einem Gesamtkostenziel von 825 Millionen EUR gesprochen, allerdings wird auch, das muss man fairerweise hinzusagen, darauf hingewiesen, dass einige Kosten nicht dabei sind und dass Preissteigerungen nicht angeführt wurden - das haben aber auch die Zeugen das letzte Mal gesagt. Das erklärt aber nicht die Steigerung auf 1,4 Milliarden EUR beziehungsweise 1,5 Milliarden EUR.

 

Der 4. Quartalsbericht aus dem Jahr 2013 - das war die Zeit, wo aus Übermut, so würde ich es ausdrücken, ein funktionierendes Management in der Generaldirektion und in der Planung beim KH Nord ausgewechselt wurde, ich kann keinen anderen Grund finden als Übermut, denn einen rationalen Grund gab es nicht - haben sich die Bemerkungen der externen begleitenden Kontrolle auch auf die Insolvenz der Fassadenfirma bezogen. Dann wurde natürlich, was klar war, die Statikproblematik erwähnt. Das hängt damit zusammen, dass im Rahmen der EU-weiten Ausschreibung Stahlbetonsäulen nach einem anderen Landesstandard geliefert wurden, als es in Österreich erlaubt ist. Das hängt eher mit dem Zwang zur EU-weiten Ausschreibung zusammen und hat natürlich auch zu einer Zeitverzögerung geführt. Im Wesentlichen wurde im Rahmen der Finanz noch auf ein geordnetes Gesamtkostenziel hingewiesen beziehungsweise auf eine mögliche zusätzliche Belastung von 20 Millionen EUR.

 

Im 4. Quartalsbericht 2014 kommt die Besorgnis schon mehr zum Tragen. Hier wird schon differenzierter auf die Probleme mit den entsprechenden Firmen, zum Beispiel mit der Fassadenfirma hingewiesen - die in Konkurs gegangene andere Fassadenfirma, die Ematec übernommen hat. Hier gibt es schon Zeichen von Zerwürfnissen zwischen der Projektsteuerung, zwischen verschiedenen Firmen. Hier gibt es auch zum ersten Mal den Hinweis darauf - ich rede jetzt vom Quartalsbericht 2014 -, dass die bauliche Fertigstellung 2017 ist und der medizinische Betrieb frühestens Ende 2017 beginnt.

 

Jetzt kommen wir in das interessante Wahljahr 2015, wo wir sehr interessante offizielle Meldungen der Stadtregierung haben, die völlig im Widerspruch zu den Quartalsberichten stehen. Im 1. Quartalsbericht 2015 wird ein medizinischer Betrieb Mitte 2018 beschrieben, während die OTS-Meldung von einem medizinischen Betrieb ein Jahr früher ausgeht. Das heißt, hier besteht ein krasser Unterschied zwischen der Angabe, die die begleitende Kontrolle subsumiert hat, und der im Wahljahr politisch genehmen Information, die nach außen kommuniziert wurde. (GR Mag. Wolfgang Jung: Unerhört!) Den Kollegen, der sich gern den Heiligenschein aufsetzt und Mitglied der Stadtregierung ist, muss ich daher hinweisen: Hier wurden zum eigenen Vorteil und zum Schaden der Allgemeinheit Informationen vorenthalten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Jetzt möchte ich auf das Thema Verantwortung und Wissensstand der Stadtregierung kommen. Wir wissen nachweislich, dass das Gesundheitsstadtratbüro die Quartalsberichte der begleiteten Kontrolle eingesehen hat. Alle Quartalsberichte der begleiteten Kontrolle waren im Stadtratbüro bekannt, und spätestens Ende 2014, als ein Finanzierungsbedarf von fast 120 Millionen EUR bestand, wusste auch das Finanzstadtratbüro davon. Es hat auch reagiert und hat dann Mitte 2015 aus einem anderen Topf, aus einem Wohnbautopf diesen Betrag transferiert. Das heißt, das Gesundheitsstadtratbüro wusste die ganze Zeit, wie es um Kosten und Terminisierung stand. Es war dem Gesundheitsstadtratbüro auch bekannt, dass - es war im Jahr 2014 - eine leitende Person in der Generaldirektion eigenmächtig während des Baus Pläne geändert hat. Als jemand gesagt hat: „Bitte, der ändert einen Plan während des Baus!“, soll ihm die Stadträtin gesagt haben: „Lass ihn doch!“ Das ist politische Verantwortung. Jeder von uns kann sich ungefähr vorstellen, was herauskommt, wie die Kosten explodieren, wenn während eines Baus Pläne geändert werden.

 

Wenn man die Rechtfertigungsversuche der Stadtregierung sieht, hört man immer: Manager, Direktoren. Es wird überhaupt nicht erwähnt, dass das Gesundheitsstadtratbüro über alle Abläufe informiert war. Es ist auch relativ leicht zu verstehen: Wenn Sie sich so einen Bericht der begleiteten Kontrollen ansehen, so ist das sehr übersichtlich geschrieben. Sie haben vorne eine Übersicht, die geht über drei bis sieben Seiten. Je später der Jahresablauf ist, umso umfangreicher wird es. Da die Mitglieder der Stadtregierung zweifellos über eine überragende Intelligenz verfügen, nehme ich gesichert an, dass sie die Berichte der begleiteten Kontrolle eindeutig gut sehen und sehr klar interpretieren können. Und trotzdem versucht man, und das ist das Verwerfliche, die Schuld bei den Angestellten, bei den Kleinen abzuladen! (Beifall bei der FPÖ.) Die Kleinen lässt man hängen, die Großen lässt man laufen, wobei der Herr Kollege Florianschütz das in einer ungeahnten Art und Weise zu übergehen versucht, und das ist der große Skandal. Das ist ein größerer Skandal als das Krankenhaus Nord selber! (Beifall bei der FPÖ.) Deshalb ist es wichtig, dass es eine Freiheitliche Partei gibt, die solche unwürdigen Abläufe aufzeigt und beeinsprucht.

 

Abschließend möchte ich noch etwas über die Historie des Krankenhauses Nord sagen. Es war zweifellos notwendig und sinnhaft, das Krankhaus Nord zu bauen. Es gibt und gab ein Ungleichgewicht zwischen der medizinischen Versorgung südlich und nördlich der Donau, das war ein Missverhältnis von drei zu eins. Es war auch durchaus verständlich, dass man gesagt hat, wir brauchen kein 400-Betten-Spital, sondern ein 800-Betten-Spital. Das hat man gemacht, um die Reinvestitionskosten der alten Spitäler, die mutmaßlich bei einer halben Milliarde lagen, zumindest teilweise zu senken. So gesehen war die Überlegung durchaus korrekt, und keiner hat etwas gegen das Krankenhaus Nord, auch jetzt nicht.

 

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