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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 26.11.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 53 von 104

 

schon sehr ähnlich einer eigenen, unabhängigen, reinen Kapitalgesellschaft.

 

Und der fünfte und weitestgehende Schritt dieser Flucht aus dem Budget, den haben wir auch leidvoll erlebt und leiden noch immer darunter, das ist die Gründung von Kapitalgesellschaften, wo es keine Budgethoheit des Wiener Gemeinderates mehr gibt. Wir wissen, die Wiener Stadtwerke wurden im heurigen Jahr von einer Aktiengesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt. Nicht, um mehr Kontrolle für den Gemeinderat und den Ausschuss zu bringen, sondern ausschließlich, um stärkere politische Durchgriffsrechte für die rot-grüne Stadtregierung zu schaffen. Also wieder eine Chance versäumt, zurück zu den Wurzeln, zurück zur Stadt Wien, zurück in die Verantwortung des Gemeinderates. Das bedeutet, dass bei den Wiener Stadtwerken und bei der Wien Holding die Aushöhlung der Budgethoheit des Gemeinderates am weitesten fortgeschritten ist.

 

Ich möchte Ihnen jetzt an zwei Beispielen kurz zeigen, wozu das führt. Das erste, wozu das führt, dass man von der Budgethoheit des Gemeinderates vollkommen weg ist, ist die Tatsache der eigentlich ungehemmten Spekulation im Dunkel der Konzernstrukturen. Da sage ich stellvertretend für viele Beispiele: 70 Millionen EUR Spekulation in Türkisch-Lira-Swaps. Ich wiederhole: In Türkisch-Lira-Swaps. Resultat dieser Transaktionen war am Ende 7 Millionen Schaden für die Wienerinnen und Wiener. Spekulation ohne Kontrolle, in Wirklichkeit nur in der Hoffnung, dass die Organe dieses Unternehmens eigenverantwortlich darauf achten, dass das nicht passiert. Ich möchte jetzt nicht zu sehr auf die beteiligten Personen eingehen, kann aber nicht vorhehlen, dass der verantwortliche Finanzchef zu dieser Zeit, als diese Transaktionen in einer Tochtergesellschaft passiert sind, der jetzige Finanzstadtrat ist. Ich gehe aber davon aus und hoffe, dass er die Lehren, die positiven Lehren daraus gezogen hat und darauf achten wird, dass das im Budget der Stadt Wien, in der Gebarung der Stadt Wien nicht mehr passieren wird. Die Schäden, die Finanzstadträtin Brauner mit Spekulation angerichtet hat, sind spürbar und bekannt und hoffentlich beendet. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber ein zweites Beispiel, das ich noch bringen will: Die Transparenz, deren Bedeutung heute ja schon mehrmals angesprochen wurde, wird in diesen Konzernstrukturen vollkommen beseitigt. Zur Erinnerung - das war erst vor einem Monat im Gemeinderat -, Stichwort Wiener Stadtwerke Planvermögen GmbH. Diese GmbH musste angeblich zur Sicherung der Pensionen von Beamten gegründet werden. Das ist erzählt worden, obwohl das Gegenteil schon hier im Gemeinderat bewiesen war.

 

Man hat vorgegeben, dass es um die Sicherung der Pensionen von Beamten geht. In Wirklichkeit ist die Gesellschaftsgründung in keiner Form zur Sicherung der Pensionen der Beamten erforderlich gewesen. Das Ganze kostet die Wienerinnen und Wiener nämlich immerhin 800.000 EUR jährlich. Der einzige „Vorteil“, der einzige Zweck war, dass man den Konzern privatisierungsfähig macht, damit er an der Börse notieren kann. Ich habe es hier angesprochen. Es ist mir kein weiterer Grund belegt oder auch nur genannt worden. Da sieht man, wohin das führt, weg von Transparenz und von der Lösung des Schuldendebakels durch Privatisierungen, frei nach dem jahrzehntelangen sozialdemokratischen neoliberalen Motto.

 

Jetzt zitiere ich zum Thema Transparenz beziehungsweise zu diesem Geschäftsstück, mit dem sich vor einem Monat der Ausschuss und der Gemeinderat befasst haben, aus der Unterlage im Ausschuss und im Gemeinderat. Da gibt es den Sicherheiten-, Bestellungs- und Treuhandvertrag zur Schaffung eines Planvermögens, und so weiter. Darin liest man: „Es gibt eine Sicherungsübereignung. Die überträgt hiermit die in der Anlage 6.1.1 aufgelisteten und näher beschriebenen Wertpapiere.“ Also sind wir neugierig, was dann in der Anlage 6.1.1 an Wertpapieren aufgelistet sein wird. Kurz noch ein Blick auf die Anlagegrundsätze, die in diesem Vertrag verankert sind. Da lesen wir dann, ich zitiere: „Zulässig ist die Veranlagung über Investmentfonds, und zwar nur über UCITs.“ Wurscht, was das ist. Ich glaube, es steht deshalb so da, damit das weniger spekulativ wirkt, ist etwas für Finanzwissenschaftler. „Die Anlage in Alternative Investments oder Hedgefonds ist ungeachtet der Rechtsform nicht zulässig“, sagt man Gott sei Dank. Dann steht aber in Klammern: „Altbestand ist ausgenommen.“ Dann erinnern wir uns wieder und sagen: Da sind wir jetzt aber neugierig, was in der Anlage 6.1.1 über den Altbestand steht, welche Hedgefonds und ähnliche Konstrukte wir da in diesem Vermögen haben. Dann liest man: „Anlage 6.1.1 Übertragene Fondsanteile.“ Das hat nur eine Seite. Da steht dann: „Die entsprechende Übersicht zum aktuellen Stand ist angeschlossen.“ Die aktuelle Übersicht ist dann nur eine Summierung. Wenn man sich die Beträge des Fondsvolumens anschaut, kommt man auf 1 Milliarde EUR. 1 Milliarde EUR, meine Damen und Herren, und Ende der Durchsage! Diese Anlage ist nicht dabei. Wir wissen nicht, welche Hedgefonds da noch herumgeistern. Wir wissen nicht, welche spekulativen Papiere die Pensionen der Beamten angeblich sichern sollen. Wir wissen nur, dass es 800.000 EUR kostet, und das Ganze in diesem Konglomerat - ich will nicht sagen, Sumpf, ich sage jetzt einfach einmal, Konglomerat -, Konzernmoloch, fern jeder Transparenz.

 

Das bedeutet, unser Ziel und unsere Aufgabe müssen es sein, Transparenz zu schaffen, das Ganze zu entfilzen, das Ganze dort, wo es notwendig, wo es sogar fast zwingend und unabdingbar ist, zurückführen. Wir Freiheitliche werden auch in diesem Bereich mit vollem Einsatz geordnete Verhältnisse schaffen für die Wienerinnen und Wiener. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als Nächste ist Frau GRin Mag. Wehsely zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. - Bitte.

 

15.04.53

GRin Mag. (FH) Tanja Wehsely (SPÖ)|: Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Ich mache es jetzt wie Kollege Ornig. Ich habe mir etwas vorbereitet, zu dem ich gern sprechen würde, weil es mir

 

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