Gemeinderat, 46. Sitzung vom 20.12.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 90
Das muss man aber quasi öffentlich ausfechten: Es liegt sozusagen ein Gutachten im weiteren Sinne vor. Ich betone: Ausschließlich im weiteren Sinn liegt ein Gutachten des Rechnungshofes vor. Das ist kein Gutachten im engeren Sinn, sondern im weiteren Sinn, und dieses ist sehr ernst zu nehmen, es ist aber natürlich nicht unwiderlegbar. - Das vielleicht noch zur Grundphilosophie, und töricht wäre jener, der diese Arbeit und diese Stellungnahmen des Rechnungshofes nicht sehr ernst nehmen würde.
Sehr interessant ist auch dieses dialektische Prinzip, das der Rechnungshof in seiner Arbeit verwendet: Es gibt zuerst einmal den Rohbericht. Dann nimmt die untersuchte Stelle Stellung. Und auf Basis dieser These und manchmal Antithese kommt es zu einer Synthese. Das ist eine sehr effiziente und auch sehr intelligente Vorgangsweise, und auch für die sehr produktive Handhabung danke ich dem Rechnungshof. Überhaupt danke ich an dieser Stelle der Präsidentin und allen MitarbeiterInnen sehr herzlich für die Arbeit, die sie für unsere Stadt leisten! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Nach diesen einleitenden Worten, die ich doch gerne sagen wollte, weil es sehr wichtig ist, auf welcher Basis man tatsächlich diskutiert, möchte ich einiges auch zu dem sagen, was teilweise schon angesprochen wurde. Interessanterweise sind uns etwa bei der Korruptionsprävention ähnliche Dinge aufgefallen, wie sie sowohl Kollege Wiederkehr als auch Kollege Ulm angesprochen haben. So steht zum Beispiel im Bericht - und wir hatten einige Fälle, die richtig in den Medien dargestellt wurden -, dass es Kleinkorruption bei Wiener Wohnen gegeben hat, das ist unbestritten. Dagegen hat man auch möglichst alle Schritte massiv gesetzt. Bei einem so großen Unternehmen ist es nicht ganz auszuschließen, dass es einige schwarze Schafe gibt, aber man hat - und das ist das Wichtigste - sofort, rechtzeitig, richtig und massiv darauf reagiert. Und es wurden dann natürlich auch perspektivische Schritte gesetzt.
Man kann im Bericht lesen: „Der gemeinsame Verhaltenskodex von Wiener Wohnen und der Haus- und Außenbetreuung war zweckmäßig, um das Bewusstsein des Personals für korrektes Verhalten zu schärfen. Auch die Regelungen bezüglich Befangenheit und persönliche Naheverhältnisse von Wiener Wohnen beziehungsweise der Haus- und Außenbetreuung sowie jene zur Meldung von Fehlverhalten waren hinsichtlich Konzeption und Funktionsweise zweckmäßig.“
Weiter unten steht dann: „Der Direktor von Wiener Wohnen hatte zur Zeit der Gebarungsüberprüfung des Rechnungshofes das ausgearbeitete Konzept hinsichtlich Korruption noch nicht genehmigt. Der Antikorruptionsbeauftragte konnte daher seine bewusstseinsbildende und präventive Tätigkeit noch nicht aufnehmen.“ - Das hat Kollege Wiederkehr zitiert. Dazu muss ich allerdings sagen, dass es weiter hinten im Bericht durchaus auch eine Klarstellung dazu gibt. Diese Feststellung galt nämlich zu dem Zeitpunkt, als kontrolliert wurde, also irgendwann im Jahr 2017. Seitdem ist dann aber auch die Stellungnahme der Stadt Wien erfolgt, und es heißt im Bericht: Laut Stellungnahme der Stadt Wien sei die Empfehlung des Rechnungshofes umgesetzt, und der Compliance-Manager von Wiener Wohnen habe seine Tätigkeit am 1. August 2017 aufgenommen.
Punkt 2. lautet: Laut Stellungnahme der Haus- und Außenbetreuung sei mit 3. März 2017 - jetzt haben wir Ende 2018! - eine Mitarbeiterin als Compliance-Officerin innerhalb des Unternehmens bestellt worden. Sie habe die diesbezügliche Ausbildung absolviert. - Und so weiter.
Man ist bei diesen Berichten manchmal natürlich ein bisschen hinten nach, das geht ja gar nicht anders. Daher muss man immer die letzte Stellungnahme heranziehen, um halbwegs ajour zu sein, und selbst dann kann es passieren, dass, seitdem diese Stellungnahme gedruckt wurde, manche Ereignisse erst eingetreten oder Reaktionen erfolgt sind. Ich glaube aber, dass man gerade bei der Antikorruptionsbekämpfung sehr vorbildhaft und richtig agiert hat.
Eine gewisse Differenz gibt es auch bei einem zweiten Punkt im Bericht betreffend Wiener Wohnen und Wiener Wohnen Haus- und Außenbetreuung GmbH, den ich vorbringen möchte: Der Rechnungshof hat Wiener Wohnen empfohlen - ich zitiere. -: „Die Neustrukturierung der Unternehmung wäre mit Fokus auf ausgabenseitige Einsparungspotenziale und Optimierung der Einnahmenseite voranzutreiben.“
Dazu hat die Stadt Wien Stellung genommen - ich zitiere wiederum -: „Laut Stellungnahme der Stadt Wien habe der Rechnungshof die Tatsache, dass Wiener Wohnen seit 2014 durchgehend Gewinne verzeichne, völlig außer Acht gelassen. Dessen Würdigung als ‚nur geringfügige‘ Verbesserung widerspreche nicht nur allen Aussagen von Finanzexperten, sondern ignoriere auch die erheblichen Anstrengungen, die dafür innerbetrieblich notwendig gewesen seien.“
Ich will jetzt nicht alles vorlesen. Im Endeffekt ist Wiener Wohnen jedenfalls der Auffassung, dass das Jahresergebnis, also Gewinn- und Verlustrechnung, ausschlaggebend für den Schwerpunkt der Darstellung ist und nicht, wie ich es verstehe, die langfristige Ausführung des Rechnungshofes.
Es kommt in diesem Fall dann auch noch eine relativ starke Kritik von Wiener Wohnen: „Darüber hinaus sei das vom Rechnungshof angeführte negative Finanzergebnis für die Stadt Wien nicht nachvollziehbar. Dieses sei nämlich vielmehr der Beweis, dass Wiener Wohnen in die Wohnhausanlagen investiert habe, um das ihr übertragene Gut des Gemeindebaus auch für kommende Generationen bestmöglich zu erhalten. Wiener Wohnen verwehre sich mit aller Entschiedenheit dagegen, die Wohnhäuser verfallen zu lassen und durch Spekulationen Finanzgewinne zu erzielen.“
Das sind, wie man sieht, doch recht scharfe Auseinandersetzungen, die meiner Ansicht nach durchaus produktiv sind. Ich muss der Korrektheit wegen auch sagen, dass der Rechnungshof diesen Vorwurf, dass man einige Wohnhäuser verfallen lassen hat, dann wieder nachdrücklich zurückwies. Das muss man auch dazusagen.
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