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Gemeinderat, 46. Sitzung vom 20.12.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 90

 

ganz wesentlicher Punkt ist. Wenn wir von Pflege sprechen, muss man sagen: 84 Prozent der Pflege finden zu Hause statt und nur 16 Prozent stationär. Wenn wir uns aber die Kosten anschauen, dann sehen wir, dass es genau umgekehrt ist: Drei Viertel der Kosten werden für die stationäre Pflege aufgewendet und ein Viertel für die Pflege zu Hause. Wenn es aber der Bedarf der Menschen ist, zu Hause gepflegt zu werden, dann geht die Finanzierung eindeutig an diesem Wunsch der Menschen vorbei! Auf Grund dieses Wunsches steigt natürlich auch die Nachfrage nach der 24-Stunden-Betreuung, und genau da ortet der Rechnungshof folgerichtig einen enormen Reformbedarf.

 

Man hat bereits vor den letzten Wahlen gesagt, dass der Pflegeregress als Wahlkampfzuckerl einfach abgeschafft wird. Dem haben die SPÖ, die ÖVP, die FPÖ und die Grünen zugestimmt. Wir waren die Einzigen, die davor gewarnt und gesagt haben, dass wir das ohne eine Reform nicht abschaffen können. Genau diese Reform ist vonnöten, denn sonst erleben wir eine Schieflage. Und wir sehen genau, dass diese Schieflage eintritt, weil natürlich dadurch der Anreiz, in stationäre Pflege zu gehen, deutlich größer wurde, während die Leute, die die Menschen zu Hause pflegen und eine unglaubliche Leistung erbringen, nicht unterstützt werden. Da gibt es auch weniger Finanzierung, und das führt natürlich zu Qualitätsmängeln im Bereich der Pflege.

 

Es ist also zu wenig, zu glauben, dass mit der Abschaffung des Pflegeregresses die Probleme in der Pflege gelöst werden. Es ist nämlich eigentlich genau das Gegenteil der Fall. Der Rechnungshof macht daher auch deutlich, dass es im Zusammenhang mit der Pflege zu Hause unbedingt mehr Qualitätskontrolle braucht.

 

Wenn man sich die konkreten Zahlen ansieht, dann sieht man bei der Qualifikation der Betreuungskräfte 2015, dass auf der einen Seite 74 Prozent der Betreuungskräfte in Wien theoretisch ausgebildet werden. Allerdings gibt es keine Qualitätskontrolle, wie diese Ausbildung aussieht. Und dort, wo es zumindest einmal eine Qualitätskontrolle gäbe, dass man sich nämlich tatsächlich vor Ort durch einen Hausbesuch ansieht, wie diese Pflege erfolgt, stellt sich heraus, dass nur 25 Prozent diese sechsmonatige Praxis auch konkret gemacht haben.

 

Ich halte die diesbezügliche Diskussion insofern für wichtig, als wir - und wir werden heute noch einmal kurz darüber diskutieren - letztes Mal bei den Krankentransporten sehr strenge Auflagen festgelegt und entsprechende Diskussionen geführt haben. Im Hinblick darauf stelle ich mir die Frage: Wie erfolgt dann die Qualitätskontrolle zum Beispiel bei der Umlagerung eines pflegebedürftigen Patienten zu Hause? Wer stellt das sicher? Wir haben das beim Krankentransportgesetz massiv diskutiert, aber das wird in diesem Bereich komplett ausgeblendet.

 

Das ist genau das, was ich meinte: Wir messen hier mit zweierlei Maß. Ich bin absolut für die Qualitätssicherung, aber diese muss es natürlich überall geben. Das kann nicht auf der einen Seite sozusagen extrem angeschraubt werden, während wir auf der anderen Seite, wie ich es jetzt ausdrücke, alles sehenden Auges geschehen lassen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Daher ist es wirklich wichtig, diese Schieflage zu beseitigen. Der Rechnungshof sieht in diesem Bereich einen großen Reformbedarf. Das heißt, Qualitätskontrolle ist absolut notwendig. Diese muss aber natürlich bundesweit einheitlich erfolgen. Die Länder sollen das nicht unterschiedlich gestalten. Diesbezüglich habe ich schon meinen Antrag eingebracht: Wien kann diesbezüglich natürlich auch ein Stück des Weges voranschreiten und diese nachhaltige Qualitätskontrolle auch auf Bundesebene immer wieder einfordern. Ich halte das für sehr wichtig, da sollten wir einen Schritt vorausgehen.

 

Ein Themenbereich, der im Kontext der Pflege auch sehr wichtig ist, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Typischerweise liegt nämlich das Durchschnittsalter der Pflegenden bei rund 60 Jahren, und das Durchschnittsalter der zu Pflegenden liegt etwa um die 80 Jahre. Das ist natürlich eine enorme Belastung! Dessen müssen wir uns bewusst sein. Und wir haben, wie gesagt, einen enormen Personalmangel, damit genau diese Pflegeleistung zu Hause erfolgen kann.

 

Ich halte gerade die Pflege zu Hause für das Zukunftsmodell. Dafür besteht Notwendigkeit, denn das bedeutet eine viel bessere soziale Integration in den eigenen vier Wänden, in dem Rahmen, in dem man sich bewegt, mit Menschen, die man kennt. Das ist sehr wesentlich für die Qualität der Pflege und auch dafür, die Chancen eines Heilungsprozesses von Erkrankungen in vielen Bereichen zu erhöhen.

 

Die Bundesregierung hat einen Masterplan Pflege angekündigt. Wie bei vielen Ankündigungen bleibt es aber bis dato eigentlich nur bei Überschriften, etwas Konkretes gibt es dazu bislang nicht. Wir sind sehr gespannt, was das konkret bringen wird! 2019 soll ja ein Schwerpunkt auf die Pflege gesetzt werden. Bis dato gibt es diesbezüglich noch nichts Konkretes. Ich glaube aber, dass es für Wien wirklich wichtig ist, gewisse Qualitätsstandards tatsächlich einzufordern, damit wir ganz klar wissen, was auf uns zukommt.

 

Außerdem müssen wir auch darauf achten, dass wir die Finanzierung der Pflege langfristig so in den Griff bekommen, dass letztendlich die Menschen im Mittelpunkt stehen und nicht abseits der Menschen am System gearbeitet wird. - Daher danke ich dem Rechnungshof nochmals, dass Sie auch dieses Thema in den Mittelpunkt gerückt haben, denn ich halte das für sehr, sehr wichtig.

 

Das Thema der Pflege wird uns noch intensiver beschäftigen, und wir müssen natürlich dieses Thema der Pflege auch immer als Teil des Gesundheitssystems sehen. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Schwarz. Ich erteile es ihr.

 

12.42.48

GRin Sabine Schwarz (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich werde mich auf den Bericht „Tagesbetreuung von Schülerinnen und Schülern“ fokussieren, weil der Bericht aufzeigt und man richtig schön durchlesen kann, was es

 

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