Gemeinderat, 49. Sitzung vom 28.03.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 82
aus. Und - wir haben das heute schon in der Fragestunde gehört - die Resolution, das Indianerehrenwort von Rot-Grün: „Wir bauen ab jetzt keine Hochhäuser mehr in dieser Zone!“, ist wirklich eine Chuzpe. (Zwischenruf von GRin Dr. Jennifer Kickert.) Nein, ich sage Ihnen, was Sie mit dieser Resolution machen: Sie bestätigen damit selber die Zahnlosigkeit sämtlicher Instrumente einer aktiven Stadtplanung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Sie bestätigen sich selber, dass die Instrumente, die Sie selbst mit dem Fachkonzept Hochhäuser als Leitlinie verordnen oder beschließen, zahnlos sind - etwas anderes ist es nicht, denn anscheinend greift dieses Instrument nicht, wenn Sie so eine Resolution brauchen. Und es kann aus unserer Sicht nicht sein, dass Rot-Grün unter dem Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht.“ Politik macht!
Wir fordern daher die Konkretisierung des derzeit gültigen Fachkonzepts Hochhäuser, das derzeit keine Entscheidungsgrundlage für die Stadtplanung bietet, denn die Formulierungen sind schwammig, interpretierbar, sie bieten keinerlei Orientierung, keine Sicherheit, weder für Projektentwickler noch für Anrainerinnen und Anrainer. Und es braucht geeignete städtebauliche Steuerungsinstrumente, um aktiv auch Stadtplanung zu betreiben. Es sollte beispielsweise - in Zürich sehen wir, dass das durchaus funktioniert - klare Definitionen von Zonen geben, wo Hochhäuser einen sinnvollen Beitrag für die Stadtentwicklung leisten können und wo nicht. Das haben Sie bislang verabsäumt. Wir werden diesbezüglich auch einen Antrag einbringen.
Ich möchte auch, weil er wieder herumschwirrt, den Managementplan der Stadt Wien zum Weltkulturerbe ansprechen. Für uns stellt das ein bisschen ein Mysterium dar, denn wir haben letztes Jahr, ungefähr zur selben Zeit, in der Fragestunde eine Frage gestellt, wie es jetzt mit diesem Managementplan aussieht. Man hört, es gibt einen, es gibt keinen, er wird überarbeitet oder nicht. Also bitte auch hier Ihrerseits ein Bekenntnis! Anscheinend haben Sie es wirklich verabsäumt, Instrumente zu setzen, die dieses Weltkulturerbe schützen und sichern, und ständig daran vorbeigeplant. Das kann es in der Zukunft nicht sein, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Vorschläge, die wir hier bringen, schaffen eine Grundlage, um Wien für die Zukunft Weltkulturerbe-sicher zu machen. Rot-Grün muss aber auch jetzt akut handeln, denn, wie schon erwähnt, Ihre derzeitigen Instrumente und Maßnahmen sind zahnlos, die helfen nichts, um hier das Weltkulturerbe zu sichern. Eine Maßnahme steht dabei an erster Stelle - die werden wir auch heute in Form des Antrages noch einmal einbringen -: die Änderung des aktuell gültigen Flächenwidmungsplanes. Sonst wird die Stadt Wien das Welterbe verlieren.
Handeln Sie und machen Sie Wien Weltkulturerbe-sicher, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und von StRin Ursula Schweiger-Stenzel.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Für die weiteren Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderates nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächster Redner hat sich Herr GR Wiederkehr zu Wort gemeldet. - Bitte.
GR Christoph Wiederkehr, MA (NEOS): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Schlechteste, was man in heiklen Phasen im Leben machen kann, ist, nicht zu entscheiden und die Entscheidung einfach abzuschieben und in die Zukunft aufzuschieben. Genau das wird jetzt beim Heumarkt-Projekt gemacht: Man verordnet sich selbst eine zweijährige Nachdenkpause, ohne dass sich die Rahmenbedingungen irgendwie geändert hätten. Die UNESCO sagt seit Jahren, dass mit diesem Projekt, wenn es so umgesetzt wird, auch das Weltkulturerbe verloren gehen wird oder gefährdet ist. Es haben sich die Rahmenbedingungen nicht geändert, und die jetzige Nachdenkpause ist die schlechteste aller Möglichkeiten. Das ist eine Politik, bei der man den Kopf einfach in den Sand steckt und die Entscheidung auf nach der nächsten Wahl verschiebt, und es ist keine Entscheidung, die wirklich in diesem Projekt einen Fortschritt bringen kann. (Beifall bei den NEOS.)
Es ist ein durchsichtiges Manöver, einfach Entscheidungen auf den nächsten Wahltermin zu verschieben. Es gab ja schon einmal während einer Wahl, der Bundespräsidentenwahl, eine Nachdenkpause. Nach der Nachdenkpause ist substanziell auch nichts verändert worden an diesem Projekt, der Entwurf ist eher verschlimmbessert worden, und auch nach der damaligen Nachdenkpause ist weiterhin eine Gefährdung des Weltkulturerbes der Status quo. Das heißt, die Nachdenkpause bringt in dieser Form überhaupt nichts.
Uns NEOS ist klar: Wenn wir schon diese völkerrechtlichen Verpflichtungen eingegangen sind und wenn es diese gibt, dann haben wir uns auch daran zu halten. Das Ziel der Politik muss sein, möglichst schnell ein Konzept hinzubekommen, das das Weltkulturerbe auch langfristig erhält. Jetzt, ohne klare Rahmenbedingungen, ist es ein Worst-Case-Szenario für alle: Es ist schlecht für den Investor, der keine Rechtssicherheit hat. Es ist schlecht für die Wiener Bevölkerung, die nicht weiß, ob das Weltkulturerbe erhalten wird. Es ist das Dilemma der rot-grünen Stadtregierung, das eindeutig selbst verschuldet ist - das Heumarkt-Projekt ist ein eindeutiges Politikversagen. (Beifall bei den NEOS.)
Der Vorschlag der ÖVP ist meiner Ansicht nach aber auch nicht ganz der richtige, er ist sehr fragwürdig, denn: Den Flächenwidmungsplan bei einem laufenden Baubewilligungsverfahren einfach abzuändern - so wie die ÖVP es vorschlägt - ist eine Einladung an die Justiz, diese Änderung natürlich wieder aufzuheben. Wir brauchen ja auch eine gewisse Rechtssicherheit für Investoren, und würde man dem Vorschlag folgen, in einem laufenden Baubewilligungsverfahren hier einfach Änderungen vorzunehmen, würde man die Rechtssicherheit komplett zerstören. Da frage ich mich schon, warum die Wirtschaftspartei, die selbsterklärte Wirtschaftspartei ÖVP da einen aus rechtsstaatlicher Sicht so fragwürdigen Vorschlag macht. Das kann nicht der Weg sein, den wir gehen wollen. (Beifall bei den NEOS.)
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