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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 28.03.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 82

 

Es gibt aber andere Wege. Wir können entweder versuchen, mit dem Investor eine Lösung zu finden, die so aussieht, dass das Weltkulturerbe auch erhalten bleibt - das heißt, hier noch einmal in einen Dialog zu gehen und das Projekt auch noch einmal abzuändern, möglichst schnell abzuändern, um Sicherheit zu bekommen -, oder, falls dieser Weg nicht gangbar ist, rechtsstaatlich, auf den Wegen der Rechtsstaatlichkeit den Flächenwidmungsplan vor Gerichten zu bekämpfen und eine gerichtliche Aufhebung zu erwirken, weil das Weltkulturerbe hier nicht berücksichtigt wurde.

 

Das sind die zwei Wege, die gangbar sind. Die Bundesregierung, die ÖVP auf Bundesebene und auch die ÖVP-Wien hier verwenden das Heumarkt-Projekt als Möglichkeit, politisches Kleingeld zu schlagen, als politisches Spiel Wien gegen Bund, ohne tatsächlich in der Sache konstruktiv zu einer Lösung beizutragen. Diese bräuchten wir jetzt. Und mittelfristig brauchen wir natürlich auch eine Änderung in dem Regelwerk, das wir in Wien haben: Wir brauchen klare stadtplanerische Elemente, wir brauchen hier Rechtssicherheit. Und was wir auch brauchen, ist ein Welterbe-Gesetz - das könnte zum Beispiel Minister Blümel machen -, ein Welterbe-Gesetz auf Bundesebene, das auch Gemeinden und Länder klar verpflichtet, sich daran zu halten. Das wäre ein Welterbe-Ausführungsgesetz, das auf jeden Fall noch fehlt. (Beifall bei den NEOS.)

 

Damit könnte auch ein Durchgriffsrecht des Bundes forciert werden, das aus meiner Sicht auch vollkommen in Ordnung ist.

 

Es ist auf jeden Fall scheinheilig, hier einfach auf Zeit zu spielen - ich habe kaum mehr Redezeit -, wir haben hier keine Zeit zu verlieren. Wir müssen zu einer Einigung kommen, um Rechtssicherheit für den Investor zu schaffen und damit die Wienerinnen und Wiener endlich auch eine klare Vorstellung haben, was mit diesem Areal passieren wird. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als nächste Rednerin hat sich Frau GRin Dr. Kickert zu Wort gemeldet. - Bitte.

 

10.29.17

GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte ZuseherInnen auf der Galerie!

 

Ein Teil des Titels der Aktuellen Stunde heißt „Schluss mit den Nebelgranaten“, und mindestens die Hälfte der Beiträge meiner VorrednerInnen war genau das, nämlich das Streuen von Nebelgranaten. (GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Es waren konkrete Vorschläge dabei!)

 

Eines der wesentlichsten Dinge, nämlich jetzt zu behaupten, man könne mit einer schnellen Handlung etwas lösen, ist eine solche Nebelgranate. Denn indem Sie uns jetzt vorwerfen, Verzögerungen zu verursachen oder es auf die lange Bank zu schieben oder den Kopf in den Sand zu stecken, missachten Sie eine Tatsache, nämlich die Art und Weise, wie die UNESCO und ICOMOS arbeiten. (GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: … jetzt seit fünf Jahren! Seit fünf Jahren!)

 

Nicht nur seit fünf Jahren! Mit der ICOMOS - da muss ich Sie berichtigen - sind wir quasi ständig in Gesprächen, nämlich bei jedem größeren Bauprojekt: Vor dem Hauptbahnhof war es Wien-Mitte, davor gab es auch sehr, sehr viele andere Bauprojekte. Das heißt, es gibt einen regen und regelmäßigen Austausch mit der UNESCO und mit ICOMOS, und das soll so fortgesetzt werden. (GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Bis zur Aberkennung!)

 

Wenn Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass das ein Verzögern ist, so sage ich: Es ist genau das Gegenteil! Es ist ein Respektieren der Mechanismen, die sich die UNESCO selber gegeben hat. Ob es uns gefällt, dass die Mechanismen so sind oder nicht, tut hier nichts zur Sache, denn sie sind nun einmal so. Wir können uns nur an diese Mechanismen anpassen und mit diesen arbeiten.

 

Was aber selbstverständlich trotzdem sein soll - und das haben wir immer gesagt, deswegen weise ich das Wort Nebelgranate zurück -: Es muss möglich sein, eine Innere Stadt mit dem Weltkulturerbe-Status zu erhalten und trotzdem rund um das Welterbe Innere Stadt städtebauliche Entwicklungen zuzulassen, die in einer wachsenden, lebendigen, pulsierenden und auch selbstbewussten Stadt notwendig sind. Und genau diese Auseinandersetzung, nämlich zwischen der Frage: Was ist zulässig in der Frage der Beurteilung des Weltkulturerbes?, und der Frage, welche Auswirkungen städtebauliche Maßnahmen auf das Weltkulturerbe haben, muss selbstverständlich im Dialogverfahren passieren.

 

Und das passiert. Genau das passiert! Die weiteren Abstimmungsgespräche mit der UNESCO basieren auf Grundlagen, die die UNESCO uns zur Verfügung stellt - nicht mir, nicht Ihnen, aber den zuständigen Stellen. Ein Managementplan, der schon seit der Verleihung des Weltkulturerbe-Status - 2001 war das - hätte entwickelt werden sollen, wird jetzt in Zusammenarbeit mit der UNESCO entwickelt. Und wir haben bereits auch sehr starke Maßnahmen in unseren landesgesetzlichen Möglichkeiten, wie der Bauordnung, gesetzt, indem wir bereits einen wirklich starken Schutz der Bausubstanz der Gebäude, die wir schützen wollen und die den Outstanding Universal Value der Inneren Stadt und anderer Stadtteile ausmachen, verankert haben, indem wir gesagt haben, es gibt einen Abriss von Gebäuden aus der Zeit vor 1945 nur mehr mit einer speziellen Bewilligung. Das heißt, da haben wir die Schwelle für Abrissmöglichkeiten oder die Notwendigkeiten, die von Bauwerbern eingebracht werden müssen, um abzureißen, wirklich sehr hoch gestellt. Das ist zum Beispiel eine der wesentlichsten Maßnahmen, von denen ich glaube, dass sie in den nächsten zwei Jahrzehnten die Bausubstanz der Inneren Stadt, aber auch sehr, sehr vieler anderer wertvoller gründerzeitlicher Areale in Wien schützen werden.

 

Ich würde gerne weiterhin auf Grundlage dieser Fakten und dieser Maßnahmen diskutieren, anstatt dass immer und ewig mit Vorhaltungen gearbeitet wird, denn das, was sich sowohl die Innere Stadt als auch dieses Projekt als auch die gesamte Stadt verdient haben, ist, dass über Stadtentwicklung und Stadtentwicklungsprojekte auf eine sinnvolle und faktenbasierte Art und Weise diskutiert wird. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

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