Gemeinderat, 49. Sitzung vom 28.03.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 82
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächste Rednerin hat sich Frau StRin Schweiger-Stenzel zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
StRin Ursula Schweiger-Stenzel: Verehrter Herr Vorsitzender! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Verehrte Vorrednerin, kurz zu Ihnen: Die Innere Stadt, der 1. Bezirk war immer schon Schutzzone. Jetzt im Nachhinein einen Beschluss quasi in den Raum zu stellen, dass man in Zukunft Abrisse nicht vornehmen wird, weil die Gebäude in der Schutzzone liegen, ist ebenfalls eine Nebelgranate und eine Ausflucht und so nicht erst zu nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich möchte zunächst einmal natürlich begrüßen, dass diese Aktuelle Stunde heute dem Turmbau zu Babel in Wien gewidmet ist, also diesem abenteuerlichen Hochhausprojekt und Neubau des Hotels InterContinental auf dem Areal des Wiener Eislaufvereins. Ich habe schon am 1. Juni 2017 an Sie appelliert, nach Ihrem Gewissen zu entscheiden und nicht nach rot-grüner Parteiräson und die Flächenwidmung für dieses Hochhausprojekt abzulehnen. Sie haben das leider verabsäumt.
Warum hätten Sie dieses Projekt ablehnen sollen? - Nicht nur, weil es gegen das Weltkulturerbe verstößt und kunst- und kulturhistorische Sichtachsen wie den berühmten Canaletto-Blick vom Oberen Belvedere zerschneidet, sondern weil es auch ohne Weltkulturerbe jede Dimension und Proportion auf diesem Areal - gegenüber dem Konzerthaus, in unmittelbarer Nähe zur Ringstraße, angrenzend an den Schwarzenbergplatz auf der einen und den Stadtpark auf der anderen Seite - sprengen würde. Ganz abgesehen davon, dass die vor Jahren gestaltete Grünfläche in der Nähe des Akademischen Gymnasiums geopfert werden müsste und der Verkehr näher an die Schule herangeführt würde. Eine dieser NGO-Gruppen nimmt jetzt jeden Freitag, weil sie dieses Hochhaus aus Klimaschutzgründen ablehnt, an dieser Freitagsdemonstration teil! Die offiziellen Medien in Österreich haben dies bisher immer verschwiegen. - So viel zur Objektivität.
Mittlerweile ist viel Wasser den Wienfluss heruntergeflossen. Herr Bgm Häupl ist bereits Geschichte. Der Bautensprecher der GRÜNEN, ein vehementer Verfechter des Hochhausprojekts, Christoph Chorherr, hat sich verabschiedet, auch aus dem Verein s2arch, in den einige Spendengelder, nicht zuletzt von Herrn Tojner, hineingeflossen sind. Selbst der Stadtrechnungshof hat sich mit dem System Chorherr beschäftigt. Die Unschuldsvermutung gilt natürlich weiterhin. Ich danke unserem Vizebürgermeister, dass er diesen Akt (GRin Dr. Jennifer Kickert: … tief gesunken!) an die Staatsanwaltschaft weitergeben wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Was aber jetzt unter dem neuen, noch nicht gewählten Bgm Ludwig und seinem Kulturerbekoordinator, dem Herrn Landtagspräsidenten Woller, abläuft, lässt an Pikanterie nichts zu wünschen übrig. Sie versuchen quasi die Quadratur des Kreises. Sie wollen nämlich das Weltkulturerbe retten und trotzdem an dem Hochhausprojekt am Heumarkt plus den Neubau des Hotels InterContinental festhalten. Wie das gehen soll, weiß ich nicht. Zwar war die Konferenz für World Heritage Cities im Wiener Rathaus eine willkommene Gelegenheit, eine neue Deklaration zu verabschieden, the Vienna Declaration, doch lässt dieses weitere Papier kein Abrücken von der Hochhausplanung erkennen.
Inzwischen hat sich nämlich herausgestellt, dass weder die UNESCO noch der Vertragspartner, also der Vertragspartner auf Seiten der Republik, noch der Denkmalrat ICOMOS unter seiner neuen Führung, Frau Dr. Jäger-Klein, eingeknickt sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar hinsichtlich der Abhaltung einer Umweltverträglichkeitsprüfung noch keine Entscheidung getroffen, hat diese vertagt, aber auch der dort angehörte Gutachter, der jahrelang im Dienste der Stadt Wien Weltkulturerbe-Beauftragter war, Herr Architekt Manfred Wehdorn, hat dem Projekt ein verheerendes Urteil ausgestellt. (GRin Dr. Jennifer Kickert: … nicht wahr! … sehr differenziert!) Warum hat die Stadtregierung nicht vorher auf diese und andere Experten gehört?
Jetzt hat die Bundesregierung, Kanzler und Vizekanzler, der Wiener Stadtregierung quasi die Rute ins Fenster gestellt: Bis zum 8. April mögen Sie sich entscheiden, ob Sie an diesem Flächenwidmungsplan festhalten wollen oder nicht - denn am 20. April will die UNESCO einen neuen Bericht haben, an dem die Stadt Wien mitarbeiten soll.
Meine Damen und Herren! Der Wiener Turmbau zu Babel ist und bleibt das falsche Projekt am falschen Ort und immer zum falschen Zeitpunkt. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr GR Woller. Ich erteile ihm das Wort.
GR Ernst Woller (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren!
Die heutige Diskussion zum Weltkulturerbe und Heumarkt zeigt vor allem eines: Dass die Opposition schon im Wahlkampfmodus ist - eineinhalb Jahre vor der nächsten Wahl.
Wir sind das nicht. Wir können nicht eineinhalb Jahre Wahlkampf führen. Wir arbeiten für Wien - auf vielen Ebenen, und das bis zur Wahl im Oktober 2020, auch intensiv am Thema Weltkulturerbe und Heumarkt. (Ruf bei der ÖVP: Eben nicht!)
Ich persönlich bin seit einem Jahr sehr intensiv in die Diskussion eingebunden, und wir diskutieren sehr intensiv mit der UNESCO, mit ICOMOS, auch auf österreichischer Ebene. Wir diskutieren mit vielen Experten, international und national, und wir führen auch den Dialog mit anderen Weltkulturerbe-Städten in der OWHC, wobei wir merken, dass alle großen Städte, die mit Wien vergleichbar sind, ähnliche Diskussionen und auch ähnliche Probleme haben.
Wir haben letztes Jahr in völliger Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt drei wichtige Schritte gesetzt: einen internationalen Experten-Workshop im März, ein Heritage Impact Assessment mit einem Experten aus Deutschland und eine viertägige Advisory Mission mit den Spitzen von ICOMOS und UNESCO. Wir haben das - es ist ganz wichtig, dass man das auch einmal öffentlich sagt und vielleicht auch hier insbesondere der Opposition sagt - in engster Übereinstimmung mit den Beam
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