Gemeinderat, 49. Sitzung vom 28.03.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 82
ob man jetzt den Heumarkt aus dem Weltkulturerbe herauslösen kann, ob die Stadtregierung da als Trittbrettfahrer bei den Bemühungen der Bundesregierung mitsurft, die die Gesprächsbasis, die es laut eurer Aussage angeblich schon gegeben hat, überhaupt erst wieder aufgebaut und wieder restauriert hat. Dann gab es, zugegeben, eine große Charmeoffensive bei der UNESCO, die aber eigentlich davor jahrelang ignoriert und auch gemieden wurde, und jetzt gibt es die zweijährige Nachdenkpause - und wenn Sie ehrlich sind oder wenn ihr ehrlich seid zu euch selbst, so ist das nichts anderes als ein Wahlkampfschmäh. Ganz ehrlich, wenn wir jetzt alle Herausforderungen und Probleme, die wir in der Stadt haben, auf den Zeitpunkt nach der Wahl verschieben, dann fände ich es viel ehrlicher, zu sagen, Neuwahlen jetzt! Denn die Wienerinnen und Wiener haben es sich verdient, dass man für sie arbeitet und, so wie du auch gesagt hast, nicht schon jetzt Wahlkampf betreibt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Jetzt erleben wir halt wieder die Situation, dass die Stadtregierung versucht, sich ein wenig durchzuschummeln. Es gibt auf der einen Seite das Bekenntnis, auf der anderen Seite aber keine Handlungen. Wenn man ehrlich über das Thema spricht, dann gibt es aus unserer Sicht nur zwei Möglichkeiten: Entweder der Investor, Herr Tojner, ändert das Projekt - so wie wir jetzt lesen und hören, gibt es dazu noch recht wenig Kompromissbereitschaft, er hat ja auch einen aufrechten Flächenwidmungsplan - oder, die zweite Möglichkeit, die Stadtregierung ändert und adaptiert die Flächenwidmung, denn eigentlich sollten ja die Bevölkerung und auch die Politik die Rahmenbedingungen für die Stadtentwicklung in dieser Stadt gestalten und nicht nur ein Investor.
Wir, die ÖVP-Wien - und das sage ich auch, um nicht falsch verstanden zu werden -, freuen uns natürlich, wenn Menschen in dieser Stadt etwas bauen, bewegen oder auch etwas investieren wollen, und wir sind auch keine großen Freunde davon, nachträglich Bedingungen für Investoren zu ändern. Aber in diesem Fall ist schlicht und einfach ein höheres, ein sehr wichtiges Gut in Gefahr, und daher ist dieser Schritt, oder dieser außergewöhnliche Schritt, aus unserer Sicht auch gerechtfertigt.
Liebe Kollegen von Rot-Grün! Ich darf Sie einladen: Bekennen Sie heute Farbe! Zeigen Sie, wie ernst es Ihnen mit dem Weltkulturerbe in Wien wirklich ist! Die Zeit der Nebelgranaten ist vorbei. Wie gesagt, die Wahrheit ist ganz einfach und das Problem ist eigentlich auch recht einfach zu lösen: Flächenwidmung ändern, Weltkulturerbe für Wien retten. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Ellensohn zu Wort gemeldet. - Sie haben das Wort.
GR David Ellensohn (GRÜNE): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Nebelgranaten, heute Vormittag offensichtlich das Lieblingswort - kein Wunder, denn einer der Masters of Nebelgranaten war gerade hier am Rednerpult, der Herr Wölbitsch von der ÖVP. Was die ÖVP gut kann, ist, zu sagen: Selber verantwortlich sind wir für nichts. - Sie ist seit über 30 Jahren in Bundesregierung, aber verantwortlich für nichts, wahrscheinlich auch nicht dafür, dass die ÖVP dieses Grundstück verkauft hat. Es war einmal öffentliches Eigentum - nicht der Stadt Wien, sondern des Bundes. Es hat dem Bund, der Republik Österreich gehört.
Und was ist passiert? (GR Mag. Manfred Juraczka: … Widmung?!) Nein, nein, nein. Was ist passiert? - Darüber wollen Sie nie gerne sprechen! Darüber will die ÖVP nie gerne sprechen, wie die eigenen Leute Geld verdienen und einsackeln und die Leute ausnehmen. Wenn öffentliches Eigentum in Österreich verkauft wird, sind ein paar Leute gleich mit offenen Händen da, und das sind die Freunde der Österreichischen Volkspartei. Dem kann man ja leicht nachgehen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - StR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Sie haben es ja …)
Sie könnten ja den Kaufvertrag lesen. Nein, nein, ich weiß schon, dass Sie nicht darüber reden wollen (GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Das ist irrelevant!), aber da dürfen ja alle sagen: Was wollen Sie da?
Über den Kaufvertrag, der vorliegt, gibt es einen ganz fetten Rechnungshofbericht. Dem können Sie entnehmen, wie die Volkspartei mit öffentlichem Eigentum umgeht. In den 80er Jahren hat man geglaubt, dieses Grundstück ist ungefähr 3,5 Millionen wert. 3,6 hat es geheißen. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Schilling!) Viele, viele Jahre später hat man es dann verkauft. Da gab es dann schon Angebote um die 9 Millionen, um 12 Millionen und alles Mögliche, aber das Innenministerium, das dafür zuständig war - die Frau Fekter, Österreichische Volkspartei -, hat jemanden gefunden, der es billiger haben wollte.
Wer hat dabei zum Beispiel beraten? - (Der Redner liest aus seinen Unterlagen vor.) Uh: Beraterhonorare! Rauch-Kallat unter Beschuss, Österreichische Volkspartei. - Es hat irgendjemand verdient, man weiß nicht genau, warum. Laut der Revision des Verbandes - was war das? - 58.000 Erfolgshonorar. Kein Mensch weiß, wofür. Es fehlt eine Leistungsbeschreibung. Ist ja auch wurscht, Hauptsache … (StR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Zum Thema!) - Das ist das Thema! (StR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Nein, das Thema ist das Weltkulturerbe!) - Nein, lesen Sie einmal das Thema Ihrer Aktuellen Stunde! - Ich weiß schon, Herr Wölbitsch, Sie sind für nichts verantwortlich. Über 30 Jahre in der Bundesregierung, und alles, was passiert ist … (StR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Sie sind in der Stadtregierung!) - Das Grundstück hat der Republik Österreich gehört, und Sie haben es verscherbelt, damit ein paar Leute von Ihnen Geld verdienen. So fängt das Problem einmal an. (GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Und Sie sind für ein 70-m-Haus!)
Noch einmal: Jeder zu seiner Verantwortung! Sie haben 15 Minuten Zeit gehabt und Sie finden nicht ein Wort, um zu sagen, das war eine blöde Idee der Volkspartei, zu schauen, dass ein paar Freunde Geld verdienen, dass ein Haufen Leute … (StR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Haben Sie gesagt, dass die Flächenwidmung eine blöde Idee war?) - Ich hätte ja noch
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