Gemeinderat, 49. Sitzung vom 28.03.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 82
Herr Aigner, ich bin ich schon bei Ihnen, die Wiener Stadtverfassung verbindet hier das Schlechteste zweier Welten. Ein Proporzsystem mit nicht amtsführenden Stadträten ist eine Geldverschwendung, ist ein sinnloses System, das wir von Anfang an kritisiert haben. Deshalb wählen wir auch nicht nicht amtsführende Stadträte, und deshalb werden wir auch heute nicht zustimmen. (Beifall bei den NEOS.)
Herr Aigner, Sie meinen, es geht um Kontrolle: Ja, uns NEOS geht es tatsächlich um Kontrolle und nicht um Versorgungsjobs, wie mittlerweile der FPÖ auf allen Ebenen, wie man jetzt auch bei Dr. Schock in der Nationalbank sieht. Uns geht es um die Kontrolle, und ja, wenn man nicht amtsführende Stadträte abschafft, müssen diese Kontrollmöglichkeiten natürlich auch zu den Gemeinderäten in den Gemeinderat wechseln. Das haben wir auch immer wieder beantragt. Das heißt, wenn Sie unsere Position kennen würden, dann wüssten Sie, dass wir diese Positionen abschaffen wollen, weil sie zu viel kosten. Sie haben eh selbst aufgezählt, was Herr Ellensohn damit verdient hat. Wir wollen aber auch die Kontrollmöglichkeiten im Gemeinderat ausbauen. Darum geht es. (Beifall bei den NEOS.)
Und wenn Herr Ellensohn jetzt der Kämpfer gegen die nicht amtsführenden Stadträte ist, freue ich mich, da auch das Gespräch weiterzuführen. Was die Stadt zum Beispiel schon machen könnte, wäre, die Bezüge von nicht amtsführenden Stadträten, die Versorgungsjobs sind, herunterzusetzen. Darüber könnten wir schon offen hier in diesem Haus diskutieren und auch gerne eine gemeinsame Initiative starten, dass die Gehälter von Versorgungsjobs, von Proporzjobs ohne Arbeit in dieser Stadt heruntergestuft werden, genauso aber Bezirksvorsteher-Stellvertreter, die aus unserer Perspektive genauso Versorgungsjobs sind.
Auch wir NEOS werden auf Grund des nicht sinnvollen Proporzsystems der Stadt dieser Ernennung nicht zustimmen und halten solche Proporzjobs für mehr als unnötig. (Beifall bei den NEOS.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist GR Mag. Juraczka. Ich erteile ihm das Wort.
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
An und für sich wird jetzt eine Debatte abgehalten, die so in dieser Form gar nicht vorgesehen war, aber durchaus auch eine Möglichkeit darstellt, Standardbestimmungen vorzunehmen.
Ich glaube, was das Thema Proporz angeht, ist in diesem Haus nicht erst ein Mal diskutiert worden, wie sinnvoll nicht amtsführende beziehungsweise kontrollierende Stadträte sind, die verschiedenen Meinungen sind ja hinlänglich bekannt. Mich wundert allerdings doch, dass die Fraktionen, die hier so eindringlich auf Abschaffung plädieren, in vielen anderen Statutarstädten dieses Landes diese Exekutivfunktionen mit Leidenschaft wahrnehmen und dort nicht im Traum daran denken, als Stadtrat nicht zur Verfügung zu stehen. Das zeigt schon ein bisschen, dass es einen eigenartigen Zugang zu dieser Frage zu geben scheint, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Ich halte das aber gar nicht für problematisch, weil dieses Gremium, dieser Raum hier ja vom politischen Diskurs lebt. Ich durfte schon in der Früh bei der Fragestunde mit dem Herrn Bürgermeister - er ist jetzt gerade hinten, aber er ist im Raum - darüber diskutieren, dass es durchaus sinnvoll ist, den politischen Diskurs auch mit Menschen anderer Weltanschauung zu führen, anhand eines ausländischen Gastes, der im Rathaus war. Wir sind beide übereingekommen, dass man nicht immer einer Meinung sein muss, dass der Dialog in der Politik aber etwas ganz Wesentliches ist, meine Damen und Herren.
So weit so gut, ja, so weit so selbstverständlich, sollte man glauben. Um nicht missverstanden zu werden, ich bin hier nicht der Pflichtverteidiger der Freiheitlichen Partei, und es gibt immer wieder Dinge, die mir gar nicht behagen. Genauso wie es Dinge gibt, die mir bei der Sozialdemokratie und bei allen anderen Parteien nicht gefallen, sonst wäre ich ja wohl Mitglied einer dieser Parteien und nicht in meiner Volkspartei. Ich habe aber mit all diesen Parteien durchaus eine Gesprächsbasis, weil die Herrschaften dort nicht der Meinung sind, die alleinige Wahrheit gepachtet zu haben, sondern auch politisch Andersdenkende leben lassen und ihnen zuhören.
Herr Kollege Ellensohn, eines darf ich Ihnen sagen, wenn Sie Mitglieder dieses Hauses, gleichgültig, aus welcher Fraktion sie kommen, mit Massenmördern in einen kausalen Zusammenhang setzen, dann ist das Hate Speech, nicht mehr und nicht weniger. Das muss ich Ihnen sagen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wenn Sie Mitglieder dieses Hauses mit Menschen, die 77 anderen das Leben genommen haben, vergleichen, dann polarisieren Sie hier ganz bewusst - Sie sind ein hochintelligenter Mann, Herr Klubobmann (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Na ja!) -, dann polarisieren Sie ganz bewusst aus parteitaktischem Kalkül. Schande über Sie! Das muss ich Ihnen sagen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. - Bravoruf bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr GR Ellensohn gemeldet. - Bitte schön.
GR David Ellensohn (GRÜNE): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Für eine tatsächliche Berichtigung hat man nur drei Minuten, rentiert sich nicht zum …
Erstens einmal waren wir immer für die Abschaffung des Proporzes in Wien. Der Vorschlag wäre ja auch gewesen, weil viele Gemeindestuben, kleinere Gemeinden sagen: Wir wollen das alle zusammen machen, man möge es doch den Städten über 100.000 EinwohnerInnen freistellen, ob sie das wollen oder nicht, also statt Zwang zum Proporz die Wahlmöglichkeit für das einzelne Bundesland schaffen. Das haben wir x Mal gefordert. (StR Maximilian Krauss: Was ist mit Ihrem Landesrat Anschober?) - Auch in Oberösterreich sind wir gegen den Proporz. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Es nutzt nichts, wir können es nur nicht selber bestimmen.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular