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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 28.03.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 53 von 82

 

Das freut insbesondere ein paar Rechtsanwälte, die damit sehr viel gutes Geld verdienen. Aber überlegen wir uns einmal eines: Es gibt drei Kriterien für Umweltverträglichkeitsprüfung. Das eine ist eine gewisse Größe des Areals. Nun, das sind 15 ha oder 150.000 m². Die Fläche des Heumarktes ist weniger als 10 Prozent. Also das heißt, die Fläche, da stimmt es nicht. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll dann gemacht werden, wenn es eine neue Verkehrsinfrastruktur gibt, eine neue Straßenerschließung, also neue Bahnen, neue Straßen, neue Wasserwege, neue Tunnel oder was auch immer. Beim Heumarkt trifft das nicht zu. Da wird überhaupt nichts neu erschlossen. Da wird eine Straße um ein paar Meter verlegt, um das Projekt realisieren zu können. Aber es gibt keine neue Erschließungsstraße. Und das dritte Kriterium ist, dass es über das Gebiet hinausgehend eine Versorgungsfunktion hat. Das heißt also, dass dort ein großes Einkaufszentrum mit großen Parkplätzen kommt, die zu neuem Verkehr führen und ich weiß nicht, was alles. Das Kriterium trifft auch nicht zu. Das ist der Grund, warum die Wiener Landesregierung schon vor Projekteinreichung gesagt hat: Da ist keine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig. Daher sind wir jetzt auch als Stadt Wien der Meinung, dass es keine Umweltverträglichkeitsprüfung geben soll, weil was würde denn das für jedes noch so kleine Projekt heißen, das in Österreich realisiert wird? Also ich sag‘ jetzt, beispielsweise ein Kindergarten. Da gibt es irgendwo die Stadt, das muss nicht unbedingt Wien sein, das kann auch Krems sein oder St. Pölten oder Salzburg, und die wollen einen Kindergarten bauen. Und dann gibt es immer irgendeine Bürgerinitiative, die der Meinung ist: Dort wollen wir keinen Kindergarten haben, weil das macht einen Lärm. Und wenn dann jedes noch so kleine Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wird, dann bauen wir in diesem Land keine Wohnungen mehr, dann bauen wir keine Kindergärten mehr, keine Schulen mehr, und von Straßen und anderen Einrichtungen brauche ich gar nicht mehr reden.

 

Jetzt weiß ich schon, ein paar finden das sehr lustig, dass wir jetzt für den Heumarkt eine Umweltverträglichkeitsprüfung machen sollen. Nur, das hat fatale Auswirkungen für alle Investitionen und für alle Baumaßnahmen, und zwar nicht nur in Wien. Ich glaube, das wollen auch die anderen 2.000 Gemeinden nicht, die außerhalb von Wien sind. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Heiterkeit bei GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc.)

 

Der Slogan „Flächenwidmungsplan ändern und Weltkulturerbe retten“ ist sehr einfach, aber leider falsch. Die Situation ist viel komplizierter. Und weil die Situation da sehr kompliziert ist, ist es gut, dass wir jetzt eine Phase haben, wo wir zwei Jahre an dem Projekt weiterarbeiten - in dem Sinne, dass wir jetzt Dinge machen (GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSC: Ich glaub’s nicht!), die wir erreichen wollen. Ich fasse die Ziele noch einmal klar zusammen:

 

Das erste oberste Ziel ist: Wir wollen das Weltkulturerbe erhalten. Das zweite ist: Wir wollen aber als Stadt Wien auch selbst entscheiden, was wir tun. Wir wollen nicht, dass die UNESCO entscheidet. Wir wollen nicht, dass ICOMOS entscheidet. Wir wollen schon gar nicht, dass irgendwelche Experten, die irgendwo in der Welt sitzen, Wien übrigens noch nie besucht haben und Expertengutachten über Wien abgeben, entscheiden, die noch dazu alle anonym sind, während wir uns hier klarerweise alle paar Jahre einer Wahl stellen müssen. Das ist auch gut so. Aber wir wollen, ehrlich gesagt, auch nicht, dass das Bundeskanzleramt oder die Bundesregierung entscheidet. Wir sind so eine tolle Stadt. Wir machen alles richtig. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Und dann zu sagen, wir brauchen jetzt jemanden, der uns sagt, was wir in dieser Stadt machen - das brauchen wir nicht. Wir werden selbst in Wien entscheiden, wie wir im Sinne unserer Stadt und im Sinne der Wienerinnen und Wiener arbeiten! (StR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Leider! - Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Wir werden in diesem Sinne als konkrete Maßnahme einen Managementplan erstellen, übrigens unter Einbeziehung der Wissenschaft und der ICOMOS. Wir werden das Baubewilligungsverfahren in der MA 37 über dieses Projekt abwickeln, sobald die bundesverwaltungsgerichtlichen Entscheidungen vorliegen. Wir werden auf alle Fälle, und das ist ein weiteres Ziel unserer Politik in diesem Bereich, den Heumarkt sanieren und entwickeln, weil ja, ehrlich gesagt, er sich derzeit in einem Zustand befindet, wie es einer Weltkulturerbe-Stätte nicht würdig ist. Ich sag‘ jetzt nicht gerade, Schandfleck, aber es ist knapp daran. Daher müssen wir in diesem Bereich etwas entwickeln. Wir werden hier ein Projekt realisieren, wie auch immer das jetzt im Detail nach dem Verhandeln der Baubewilligung ausschauen wird, das insgesamt zu einer Verbesserung der Situation führt. Und dieses Projekt, das gerade jetzt vorliegt und verhandelt wird, hat viele, viele Vorteile für die Wienerinnen und Wiener, für unsere Stadt. Daher werden wir das machen. Wir sind jetzt nicht in einer Lage, wo man sagt, wir schieben das auf die lange Bank. Es ist ganz konkret sehr viel zu arbeiten. Das werden wir in den nächsten zwei Jahren tun. Und dann werden wir insgesamt zu einem Projekt kommen, das auf der einen Seite das Weltkulturerbe rettet, aber auf der anderen Seite das Projekt am Heumarkt saniert und auch weiterentwickelt. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl.-Ing. Al-Rawi.

 

14.48.15

GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi (SPÖ)|: Danke, Herr Vorsitzender! Liebe Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Die Debatte über den Heumarkt und das Weltkulturerbe wird hier sehr emotional geführt und es werden immer sehr viele Dafür und Wider erwähnt. Was für mich sehr interessant ist, ist, wie schnell sich auch der Level geändert hat. Also jetzt heißt ja das Projekt Heumarkt. Ich kann nur ein bissel an die Genesis, an die Geschichte erinnern. Früher ist es ja immer als Eislaufverein angeführt worden. Die Emotionen sind ja ursprünglich hoch gegangen. Als wir über dieses Projekt und die Entwicklung dieses Areals begonnen haben, war es die Rettung einer traditionellen, historischen, gewachsenen Institution der Stadt, der Eislaufverein. Und dort entlang dieser

 

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