Gemeinderat, 53. Sitzung vom 24.06.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 99
Er hat gesagt: Das Geld gibt es ja geschenkt. - Das waren noch so richtig schöne Einblicke in die Denke der rot-grünen Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren! Schade, dass diese Offenheit - mit Ausnahme des Kollegen Margulies, aber dazu komme ich noch - einer Art und Weise weicht, dass einem fast die Luft weg bleibt, Herr Stadtrat, und zwar gar nicht so sehr aus Empörung als vielmehr auf Grund der Umarmungen der gesamten Opposition. - Das weiß ich auch zu schätzen. Ich schätze die gute Gesprächsbasis, wie wir sie auch im Ausschuss haben. Dennoch gibt es aber einiges an anmerkbaren Missständen, zu denen ich auch noch in weiterer Folge kommen werde.
Wenn es aber um das ideologische Reiben geht, bleibt ja in dieser Stadtregierung, auch wenn die Sozialdemokratie scheinbar einen Läuterungsprozess durchlebt, zumindest die Grüne Fraktion, meine Damen und Herren. Die GRÜNEN haben uns heute wieder einmal, und zwar nicht nur, wie es früher, in den letzten Jahren, war, erklärt, dass wir uns aus der Krise mit Schulden herausinvestieren, sondern sie haben uns heute erklärt, dass Schulden prinzipiell einmal ganz super sind. (Zwischenruf von GR Dipl.-Ing. Martin Margulies.) Das ist eine interessante Geschichte. Herr Margulies! Hören Sie mir zu, vielleicht lernen Sie etwas!
Es macht sehr wohl einen massiven Unterschied, ob man mit einem Kredit ein Haus baut oder auf Urlaub fährt. Dessen sind wir uns bewusst. Und wir hatten nie eine so geringe Investitionsquote in dieser Stadt … (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Was ist mit dem Krankenhausbau?) Das ist nicht im Budget der Stadt, sondern das ist im Budget des KAV! Vergleichen Sie bitte nicht Äpfel mit Birnen, Herr Kollege Margulies! (Beifall bei der ÖVP.)
Heute hat Kollege Margulies auch erklärt, dass wir wieder neue Schulden machen können und müssen, weil es ja um unsere Existenz auf Erden - dabei hat er auf die Klimathematik angespielt - geht. Das ist schon interessant! (Zwischenruf von GR Dipl.-Ing. Martin Margulies.) Ja. Sie haben völlig recht! Wir müssen uns betreffend Klimathematik etwas überlegen. Das stimmt, wenn nicht bei Fraktionen wie der Ihren eine Hidden Agenda dahinter wäre!
Ich habe vor wenigen Tagen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter einen Tweet der Bundessprecherin der Grünen Jugend gesehen und habe mir gedacht: Na servas, was ist da los?! Diese Dame hat nämlich getwittert: „Ziemlich krass, dass sich viele Menschen eher das Ende des Planeten als das Ende des Kapitalismus vorstellen können.“ - Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir noch gedacht: Das ist ein bisschen inhaltlich fehlgeleitet. Wohin will die? In die Planwirtschaft?
Was aber passierte wenige Stunden später? - Da hat einer von uns, nämlich Kollege Margulies, getwittert: „Wir brauchen eine neue Radikalität in unserem politischen Handeln. Wir dürfen jetzt nicht mehr einfach nur zusehen, wie der Kapitalismus tötet.“
Diese Aussage war selbst Ihrer neuen Parteichefin und designierten Vizebürgermeisterin gestern in der ZIB peinlich! Diese Aussage zeigt, welch Geistes Kind Sie sind, meine Damen und Herren, und das finde ich in der Tat bemerkenswert!
Aber kommen wir, bevor wir … (Zwischenruf von GR Dipl.-Ing. Martin Margulies.) Nun ja, Sie kennen den Part! Das ist ganz interessant, und ich sage Ihnen ganz offen: Marktwirtschaft ist natürlich eine Spielart des Kapitalismus. Sie ist Garant dafür, dass wir hier Möglichkeiten haben, nicht nur gegen Umweltverschmutzung vorzugehen, sondern dass wir auch eine prosperierende Wirtschaft haben und die Menschen Freiheit und Wohlstand genießen können. - Erster Punkt.
Klima ist wichtig, das hat aber, wie ich meine, nichts zu tun mit links-linker Systemkritik. Lösung einer Klimadebatte kann nur sein, in Innovation und Fortschritt zu investieren, statt sich ins Mittelalter zurückzubeamen, wie es manche von den Grünen tun wollen, meine Damen und Herren!
Aber kommen wir zur tatsächlichen Thematik, zum Rechnungsabschluss des Jahres 2018 zurück: Im Hinblick auf diesen ist man ja geneigt - ich habe es schon angesprochen - zu glauben, dass alles nur eitel Wonne sei. - Tatsache ist, dass wir seit 2008 eine Schuldenpolitik in dieser Stadt verfolgen. Das haben schon einige Vorredner angesprochen, werter Herr StR Hanke, aber mir ist es wichtig, das noch einmal explizit herauszustreichen: Sie haben mit diesem Rechnungsabschluss 2018 erstmals auch wirklich Verantwortung. Sie haben am 24. Mai 2018 dieses Amt übernommen und hatten daher im Jahr 2018 durchaus schon Möglichkeiten, hier steuernd einzugreifen. Und in Wahrheit ist das eine Fortschreibung der Schuldenpolitik Renate Brauners, nur mit einem charmanteren Gesicht und mit einer charmanteren Rechtfertigung.
Meine Damen und Herren! Tatsache ist aber auch, dass diese 289 Millionen Neuverschuldung zustande gekommen sind, obwohl drei Faktoren ganz wesentlich dagegen sprechen. Erstens ist das die allgemein gute Konjunkturlage, die auch Sie selbst heute in Ihren Ausführungen gelobt haben. Zweitens sind es die massiven Gebührenbelastungen der Wiener Bevölkerung, die heute auch schon angesprochen wurden, und drittens und ganz wesentlich sind es die sprudelnden Einnahmen bei den Ertragsanteilen des Bundes.
Unter diesen drei Aspekten wären ein bisschen mehr Ambition und ein bisschen ein Zulegen beim Entschuldungspfad sehr wohl angesagt, und zwar nicht erst für 2020. Interessanterweise wird nämlich der Rechnungsabschluss 2020 naturgemäß erst im Frühjahr 2021 stattfinden, also nach den nächsten Gemeinderats- und Landtagswahlen, und erst dann werden wir wissen, ob dieses Versprechen auch einzuhalten war oder nicht. Wir hätten aber schon heute gerne ein klares Bekenntnis, dass wir nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Einnahmen der Ertragsanteile des Bundes, meine Damen und Herren, belaufen sich auf 6,13 Milliarden. Das ist ein Rekordniveau! Das sind 143 Millionen EUR mehr als budgetiert. Dennoch marschieren wir ganz einfach weiter mit den Zahlen, die eine gewisse Renate Brauner vorgegeben hat.
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