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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 24.06.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 80 von 99

 

werden die Leute geschröpft!) Wo werden sie geschröpft? (GRin Dr. Claudia Laschan: Im Krankenhaus Speising!) Schauen Sie, wir sind zuständig für die Spitäler der Gemeinde Wien, und gerade Sie als Ärztin müssten größtes Interesse daran haben, dass die Patienten zeitgerecht zu ihrer Operation kommen. Also alleine Ihr Zwischenruf zeigt sehr vieles auf, Frau Kollegin. (Beifall bei der ÖVP. - GRin Dr. Claudia Laschan: … dass die Leute dort ausgenommen werden, die hilflosen alten Menschen!)

 

Vermutlich hängt das auch damit zusammen, dass für niedergelassene Bereiche noch immer keine brauchbare Lösung gefunden wurde - Kollege Gara hat das ja auch sehr klar aufgezeigt -, daher funktioniert die Gatekeeper-Funktion der Allgemeinmediziner und Fachärzte bei uns so schlecht. Ich sage Ihnen ein Beispiel: In Dänemark behandeln die praktischen Ärzte 90 Prozent der Fälle abschließend - in Wien sind es geschätzte 50 Prozent. Das hat natürlich zur Folge, dass viel zu viele Menschen das teure Spitalssystem brauchen, in dieses weitergereicht werden, obwohl es medizinisch eigentlich gar nicht notwendig wäre.

 

Hier haben wir also Nachholbedarf, hier sind Veränderungen notwendig, und gerade mit den PHCs, die ja immer wieder angekündigt werden, erfolgt diesbezüglich ein Schritt in die richtige Richtung. Ich will nicht sagen, dass das allein die Lösung ist, aber wenn man zu den Allgemeinmedizinern eben die PHCs hat, könnte man damit sehr vieles verbessern.

 

Daher warten also bei uns Kranke stundenlang um die Wette in Spitalsambulanzen. Sie werden auch diese Informationen bekommen - wir bekommen sie ja laufend von Patientinnen und Patienten -: Teilweise ist es unglaublich, wie lange, wie viele Stunden sie in Spitalsambulanzen warten müssen.

 

Sie ignorieren hier ein Einsparungspotenzial, das die Patientenzufriedenheit sehr erhöhen würde, und das ist fast eine surreale Situation. Abhilfe schafft man bei vielen Missständen nicht primär mit mehr Geld, sondern mit einer guten Organisation. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich rufe Ihnen da den Bericht des Stadtrechnungshofes zum Bettenmanagement in Erinnerung. Er beanstandet nicht fehlende Mittel, sondern dass die linke Hand offenbar nicht weiß, was die rechte tut. Ein für die medizinische Versorgung Wiens wesentlicher Player wie der KAV musste erst daran erinnert werden, dass er doch bitte ein funktionierendes Bettenbelagsmanagement einführen soll. In der Zwischenzeit wurde das gemacht, und es gibt hier eine starke Verbesserung, aber der Rechnungshof musste darauf aufmerksam machen.

 

Das ist eine traurige Realität und führt uns jetzt direkt zum Krankenhaus Nord. Keine Sorge, ich will jetzt nicht über das Krankenhaus Nord referieren, denn dieses Thema hat uns ohnedies lange genug - ein Jahr lang - intensiv beschäftigt. Das Ergebnis war so, wie wir es erwartet haben: Für SPÖ und GRÜNE ein super Projekt, das leider auf Grund von Fehlern des KAV-Managements ein bisschen teurer wurde, für die Opposition war es ein Totalversagen der Politik. Und ich rolle eben die Diskussion jetzt nicht auf, sondern lasse einfach Sandrine Croset von der Europäischen Investitionsbank sprechen, von der ja 300 Millionen EUR gegeben wurden, und da wurde gesagt, die EIB fürchtet, dass auf Grund der Mehrkosten für das Krankenhaus Nord andere für die medizinische Versorgung der Wiener Bevölkerung nötige Investitionen nicht erfolgen. - Das Eintreten dieser Befürchtung ist bereits im diesjährigen Rechnungsabschluss ablesbar.

 

Laut Investitionsplan 2018 waren Investitionen vorgesehen: für das Wilhelminenspital 135 Millionen, für Zentralobjekte im Krankenhaus Hietzing 900 Millionen, für Teilneubau des Kaiser-Franz-Josef-Spitals 600 Millionen. Bei allen 3 Projekten ist im Investitionsplan angemerkt, dass es eine Entscheidungsvorbereitung ist. Es ist äußert seltsam, dass es trotzdem ausgewiesen wurde, insgesamt 1,5 Milliarden, die im neuen Plan, im Investitionsplan 2019 überhaupt nicht mehr aufscheinen. Das heißt offenbar, das Geld ist nicht vorhanden. Die Summe der fehlenden Investitionen entspricht eben zirka diesen 1,5 Milliarden, die das Krankenhaus Nord gekostet hat.

 

Herr StR Hacker, Sie übernahmen das Krankenhaus Nord in einer Situation, als es sehr schwierig war. Ich würde sagen, ein schweres Erbe und eine fast nicht sanierbare Altlast. Für die um drei Jahre zu späte Eröffnung und für die Gesamtkosten können Sie nichts, aber Sie brachten diesen Schildbürgerstreich zu einem Ende. Vom guten Ende kann man zwar nicht sprechen, aber das Spital ist zumindest offen. Die Berichte der letzten Wochen geben wenig Hoffnung, dass selbiges bald reibungslos verläuft. Das Projekt wird uns sicher auch in Zukunft beschäftigen.

 

Trotz allem gebührt Ihnen Respekt für Ihre Arbeit. Sie arbeiteten sich sehr rasch ins Ressort ein, und Ihr politisches Amt funktioniert gut, ich würde sagen, im Guten wie auch im Schlechten. Im Guten, weil Sie sehr rasch die Schwachstellen erkannten, den KAV neu aufzustellen. Sie wissen, dass es notwendig ist, ehe ein neues Spitalskonzept bearbeitet wird. Das ist auch klug von Ihnen. Projektgesellschaften für Bauprojekte einzuführen, ist ebenfalls positiv.

 

Im Schlechten, weil Sie rasch den Usus der Stadtregierung übernahmen abzublocken. Transparenz ist nicht mehr so wichtig bei Ihnen, das merken wir bei Anfragen, die im letzten Moment kommen, manchmal sehr knapp gehalten sind. Sie haben auch bei dem Schwärzen der Unterlagen für den Untersuchungsausschuss, die uns vorgelegt wurden, nicht wirklich unterstützt. Sie weigerten sich unter Berufung auf den Untersuchungszeitraum, einen Bericht des KAV-Managements vorzulegen, der uns vermutlich früher Aufschluss gegeben hätte. Rechtlich, Herr Stadtrat, waren Sie gedeckt, uns gegenüber wäre es eine Geste des guten Willens gewesen, dass Sie wirklich an der öffentlichen Aufklärung interessiert gewesen wären.

 

Auch Ihre Reaktion auf die Reform der Mindestsicherung finde ich bedenklich. Auffassungsunterschiede, Herr Stadtrat, zu artikulieren, ist in Ordnung. Die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel auszuschöpfen, auch. Offen einen Verfassungsbruch anzukündigen, ist jenseitig. (Beifall bei der ÖVP und von StR Maximilian Krauss.)

 

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