Gemeinderat, 53. Sitzung vom 24.06.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 83 von 99
Diesbezüglich gibt es keinerlei Wahrnehmung seitens des Krankenanstaltenverbundes beziehungsweise seitens der Personen, die im Dokumentationsbereich verantwortlich zeichnen.
Ich habe mir erlaubt, den Umfang der Dokumentationspflicht im Ärztegesetz und im § 17 des Wiener Krankenanstaltengesetzes anzusehen. Die Differenzen sind eklatant. Im Ärztegesetz wird die Dokumentationspflicht auf etwa einer DIN-A4-Seite - das ist ein saloppes Mengenmaß - beschrieben. Beim Wiener Krankenanstaltengesetz ist es mehr als das Dreifache. Das bedeutet natürlich, dass die wichtige Wochenstundenanwesenheit am Patienten durch eine Mehrfachdokumentation weiter reduziert wird. Das ist insofern unangenehm, als wir eigentlich - wir sind ja nicht die Einzigen, die darauf hinweisen -, seit Jahren hervorheben und sagen, es zählt die Anwesenheit des medizinischen Personals, des Arztes am Patienten und nicht hinterm Computer und nicht hinterm Diktiergerät.
Es hat sich leider nichts getan, ich nehme an, weil man daran denkt, das sowieso auszulagern und dementsprechend auch die Strukturreformen den anderen Personen überlässt. Jedenfalls haben wir jetzt weitere Zunahmen an Wartezeiten, was sich auch in den entsprechenden Umfragen und in der Patientenunzufriedenheit auswirkt.
Es hat natürlich noch unangenehmere Konsequenzen, da wir jetzt beginnen, die Zweiklassenmedizin immer deutlicher zu sehen. Das betrifft vor allem zwei Bevölkerungsgruppen, die älteren Herrschaften und junge Mütter und Schwangere, die, um langen Wartezeiten zu entgehen, halt Wahlarzt oder andere Institutionen aufsuchen müssen. Hier hat sich entgegen Beteuerungen und gegen Lippenbekenntnisse eigentlich überhaupt nichts geändert. Eigentlich ist aus meiner Sicht die Zunahme der Zweiklassenmedizin ein größerer Skandal als das Krankenhaus Nord.
Obwohl das eher in die Verantwortung der Wiener Gebietskrankenkasse fällt, die Sie eigenartigerweise immer wieder unterstützen, obwohl Ihnen die Wiener Gebietskrankenkasse in der allgemeinmedizinischen Versorgung eigentlich nur massiv geschadet hat, ist es natürlich notwendig, wie in anderen Ländern die 24-Stunden-Notfallbetreuung in den allgemeinmedizinischen Bereich auszulagern. Das ist auf jeden Fall - ich glaube, da wird es keine Fraktion geben, die das anders sieht - zu unterstützen, zu befürworten, wobei allerdings diese Kopfgeburten wie PVE, die eigentlich am Leben ziemlich vorbeigehen, nicht so sinnhaft sind oder nicht annähernd so sinnhaft sind wie die von den Berufsgruppen selber, von den Ärzten, von den Gruppenpraxen, von den allgemeinmedizinischen Gruppenpraxen. Dies wurde ja seit vielen Jahren - ich habe es selber noch erlebt und gehört - von den Ärzten, von der Ärztekammer eingefordert. Allgemeinmedizinische Gruppenpraxen wurden damals von der Wiener Gebietskrankenkasse immer abgelehnt, man wollte einfach die Kopfgeburt des PACS, das jetzt PVE heißt, was sich natürlich nicht umsetzt, denn warum soll man eigentlich wenig Geld für schlechte Arbeit bekommen.
Deshalb ist es ganz wichtig, grundsätzlich die allgemeinmedizinische Betreuung, diese 24/7-Betreuung zu unterstützen, aber bitte nicht auf irgendeinem Konstrukt, auf einem PVE zu beharren. Wenn die Ärztinnen und Ärzte in einer Gruppenpraxis mit einem Vertrag über die Ärztekammer arbeiten wollen, dann soll man das auch machen.
Ein wichtiger Punkt, der auch zur Struktur des Krankenanstaltenverbundes gehört - ich habe es schon einige Male vorgebracht und ich erlaube mir, es zu wiederholen -, ist das Fehlen der Schmerzambulanzen, und zwar auch im Spitalskonzept 2030. Wenn Sie sich die Arbeit gemacht haben, verschiedene Spezialambulanzen durchzusehen, werden Sie vieles finden, Sie werden nur keine Schmerzambulanz finden. Aus diesem Grund erlauben wir uns, einen Beschlussantrag einzubringen, der lautet: „Der Amtsführende Stadtrat für Soziales wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass in allen Wiener Spitälern und im niedergelassenen Bereich eigene Stationen, Abteilungen in Ambulatorien eingerichtet werden, die eine multimodale Schmerzbehandlung, die alle körperlichen und psychischen, psychosozialen Fragen identifiziert und berücksichtigt, flächendeckend garantiert.“ In formeller Hinsicht verlangen wir die sofortige Abstimmung. Ich freue mich, pünktlich geendet zu haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist GRin Mörk. Ich erteile es ihr. Die individuelle Redezeit ist 9 Minuten.
GRin Gabriele Mörk (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Auch 2018 wurde trotz Konsolidierungskurses darauf geachtet, in wichtigen Bereichen das Leistungsangebot auf hohem Niveau zu erhalten beziehungsweise auszubauen. Von den rund 14 Milliarden EUR Gesamteinnahmen beziehungsweise -ausgaben wurden mehr als jeder dritte Euro in Soziales und Gesundheit investiert. Rund 2 Milliarden EUR im Sozialbereich unterstreichen ein Mal mehr die soziale Verantwortung der rot-grünen Stadtregierung.
Dass die WienerInnen genau die Leistung erhalten, die sie benötigen, und dass diese für sie auch finanzierbar ist, ist ein entscheidender Parameter für die hohe Lebensqualität in unserer Stadt. Rund 121.000 WienerInnen sind beim Fonds Soziales Wien, der sozialen Drehscheibe unserer Stadt, in besten Händen. Die Hälfte der KundInnen nehmen Pflege und Betreuung in Anspruch, die in Wien leistbar, bedarfsorientiert und qualitativ hochwertig ist. Neben den mobilen Angeboten wie Heimhilfe, Hauskrankenpflege, Besuchsdienst, Essen auf Rädern und Hospiz- und Palliativversorgung gibt es neue flexible Pflege- und Betreuungsleistungen, zum Beispiel die mehrstündige Alltagsbegleitung zur Entlastung pflegender Angehöriger auch als Lückenschluss zur 24-Stunden-Betreuung.
Das Pilotprojekt Tageszentrum PLUS in Favoriten mit verlängerten Öffnungszeiten auch an den Wochenenden und Feiertagen wurde sehr gut angenommen, und daher
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