Gemeinderat, 56. Sitzung vom 14.10.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 25
Prozessen rund um Flächenwidmungen auf, sondern auch um andere Planungsinstrumente, wie zum Beispiel die städtebaulichen Verträge. Ich war sehr verwundert über eine Anfragebeantwortung - ich habe es schon mehrfach hier auch immer wieder zitiert -, wo wir gefragt haben, wie es denn jetzt tatsächlich zu einem städtebaulichen Vertrag kommt und was da passieren muss, damit im Zuge eines Planungsverfahrens ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen wird, da ja nicht automatisch zu jeder Flächenwidmungsplanung auch ein städtebaulicher Vertrag vorgelegt wird. Und die Antwort war: Wenn die Abteilung es für sinnvoll erachtet, werden einmal Gespräche mit dem Projektentwickler angestoßen, und wenn dessen grundsätzliche Bereitschaft da ist, dann kann man über einen städtebaulichen Vertrag verhandeln. Und das bringt mich jetzt wieder auf dieses Wort der Beliebigkeit. Es wird offensichtlich nach keinem konkreten transparenten Prozess vorgegangen, wenn es um heikle Prozesse geht, wenn es hier um sehr, sehr viel Geld geht, wenn es hier um die Entwicklung unserer Stadt geht, und das, sehr geehrte Damen und Herren, ist der falsche Weg der Stadtplanungspolitik in Wien. (Beifall bei der ÖVP.) Wir brauchen hier einen neuen Zugang, wir brauchen hier eine komplette Öffnung der Prozesse. Wir müssen hier ganz neu denken, wie wir in diesem Themenbereich vorgehen, und wir müssen auch daran arbeiten, Vertrauen zurückzugewinnen, zu zeigen, wofür die Stadt auch steht, und das auch transparent zu machen.
Neben dieser fachlichen Frage, die so eine wichtige Basis ist, für alles, was danach folgt, gibt es natürlich auch die politische Frage. Denn zweifelsohne kann man hinterfragen: Wer gestaltet jetzt unsere Stadt? Wer entscheidet hier über unser Wien? Werden hier Dinge hinter verschlossenen Türen ausgemacht? Und wir sehen, dass dann Flächenwidmungen immer mehr zum Politikum werden, und das muss doch nicht sein, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Hier muss es doch klar sein … (Zwischenruf von GRin Dr. Jennifer Kickert.) - Da ich jetzt seitens der GRÜNEN höre, weil wir es zum Politikum machen, wir als Opposition: Sehr geehrte Damen und Herren von den GRÜNEN, dagegen gibt es ein probates Mittel, legen Sie alles offen, machen Sie es transparent, dann brauchen wir nicht mutmaßen, dann brauchen wir nicht unterschiedliche Dinge behaupten, dann ist die Sache mit einem Schlag vom Tisch. Und ich verstehe nicht, was das Problem ist, denn gerade jene, die früher so für Transparenz - vielleicht auch auf unterschiedlichen Ebenen, mit unterschiedlichen Zugängen - waren, diejenigen haben offensichtlich diesen Zugang vergessen. Es stellt sich nämlich nach wie vor die Frage, warum der ehemalige Gemeinderat Chorherr bei seinem Verein die Spenderlisten beispielsweise nicht offengelegt hat. Wenn es hier kein Problem gibt, worauf wird gewartet? Ich verstehe es nicht, mit einem Schlag könnte man so viele Dinge ausräumen, dann bräuchten wir hier nicht mehr diskutieren, dann bräuchten wir keine Sondergemeinderäte, dann bräuchten wir keine Dringlichen Anfragen. Das wird seitens der GRÜNEN nicht gemacht.
Hier braucht es dringend Konsequenzen, wenn es um diese hochfachliche, aber auch hochpolitische Fragestellung Richtung Flächenwidmungspläne geht. Und was wir sehen, ist, dass hier eine Vogel-Strauß-Politik von Rot-Grün gelebt wird, und die macht es nicht besser. So wie ich es gerade gesagt habe, machen Sie es offen, mit einem Schlag, und wir brauchen nicht mehr diskutieren. Und zu Tode schweigen kann auch nicht die Lösung sein. Wir brauchen hier Aufklärung, wir müssen hier Licht ins Dunkel bringen, und es ist auch gut, darüber zu reden und die Aufmerksamkeit auf diesen Spot zu richten.
Aber das ist nicht genug, denn aus unserer Sicht braucht es hier vertiefende Aufklärung, und dafür möchten wir eine Untersuchungskommission einberufen. Dort soll geklärt werden, wer die politische und administrative Verantwortung trägt. Dort müssen Flächenwidmungsverfahren, die in die Ära Chorherr fallen, geprüft und genau durchleuchtet werden. Dort muss behandelt werden, inwiefern Spender des Vereines s2arch als Wiener Projektbetreiber involviert waren, und dort muss aufgeklärt werden, was das für vergangene, für bestehende und für künftige Planungsprozesse bedeutet.
Wir haben letzte Woche unseren Antragsentwurf auf Einsetzung einer Untersuchungskommission an alle Gemeinderätinnen und Gemeinderäte übermittelt, und wir laden ein, diesem Antrag beizutreten. Er liegt auf der Seite bei unserem Tisch. Wir freuen uns über jeden Gemeinderat/jede Gemeinderätin, die es in ihrer Verantwortung sieht, für Transparenz und Aufklärung in dieser Causa zu sorgen, für mehr Transparenz in der Stadtplanung, denn, sehr geehrte Damen und Herren, nur Transparenz verhindert Korruption. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dr. Kickert. Ich erteile es ihr.
GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte ZuseherInnen auf der Tribüne! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir haben ja in der Dringlichen Anfrage vor 14 Tagen dieses Thema schon behandelt, und ich habe damals mit dem Ansatz der Taktik der Delegitimierung begonnen. Das mache ich heute auch. Ich möchte aufzeigen, was Delegitimierung macht, wenn man falsche Zusammenhänge herstellt oder Fakten aus dem Zusammenhang reißt und Andeutungen und Unterstellungen macht. Und ich zitiere jetzt die Vorrednerin, Frau Olischar, die sagt, sie würde dann nicht unterschiedliche Dinge behaupten müssen. Wenn was? Wenn sie die Grundlagen, wenn sie die Unterlagen zu ihren Beschlüssen kennen würde? Also ich habe, ganz im Gegensatz zu dem, was Sie mir vorwerfen, keinen einzigen Flächenwidmungsplan in den letzten neuneinhalb Jahren, in denen ich hier im Gemeinderat tätig bin, unreflektiert beschlossen. Ich habe mir tatsächlich die meisten dieser Fälle genau angesehen, vor allem diejenigen, die umstritten waren.
Da verwendet zum Beispiel der Abg. Wiederkehr jedes Mal das Wort „dubios“. Es ist „umstritten“. Warum umstritten? Weil es in sehr, sehr vielen dieser Flächenwidmungen unterschiedlichste Interessen gibt. Und bei
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