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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 14.10.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 25

 

sen, braucht es aus unserer Sicht eine möglichst frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit. Mein Vorredner hat den Prozess schön aufgezeigt, die vielen Prozessschritte, die es in Widmungsverfahren gibt, aber schauen wir einmal über die Grenze, blicken wir einmal nach Deutschland. Im deutschen Baugesetzbuch ist im § 3 die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit für das gesamte deutsche Bundesgebiet geregelt, und da wird insbesondere niedergeschrieben: Es ist über das allgemeine Ziel und den Zweck der Planung zu informieren, über sich wesentlich unterscheidende Lösungen - Stichwort Alternativen - und über die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten. Der Öffentlichkeit ist auch Gelegenheit zu geben, diese Planungen zu erörtern und zu diskutieren.

 

In Hamburg wird diese Regelung im Sinne des Bundesgesetzgebers mit der öffentlichen Plandiskussion umgesetzt. Da wird nach dem Startbeschluss für das Verfahren eine erste, sehr frühzeitige Beteiligung im Verfahren durchgeführt. Ich zitiere hier aus dieser Broschüre „Hamburg macht Pläne - Planen Sie mit!“ der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt: „Entsprechend“ - so steht es in dieser Broschüre - „der jeweiligen Veröffentlichung wird vor der Veranstaltung Gelegenheit geboten, vorliegende Pläne und Gutachten, Bestandsaufnahmen, Modelle anzusehen.“ Und so heißt es weiter, und das ist ganz wichtig: „Zu diesem frühen Stand des Verfahrens ist die Planung noch nicht festgelegt und kann noch geändert werden.“

 

Blick zurück nach Wien: In Wien wird diese frühe Phase des Verfahrens der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne ausschließlich innerhalb des Magistrats abgewickelt, ganz ohne Beteiligung der Öffentlichkeit oder der zuständigen politischen Gremien. Ich meine daher, dass die deutsche Regelung durchaus als Best Practice für mehr Transparenz dienen sollte und möchte daher folgenden Antrag stellen, wonach sich der Wiener Gemeinderat dafür ausspricht, dass im Zuge der Verfahren für Flächenwidmungs- und Bebauungspläne bereits zeitnah nach erfolgtem Planungsanstoß eine öffentliche Planungsdiskussion nach deutschem Vorbild stattfinden soll. (Beifall bei den NEOS.)

 

Dabei soll - und das ist ganz wichtig - über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, aber auch über die Auswirkungen der Planungen öffentlich unterrichtet und diskutiert werden. Außerdem, so in dem Antrag weiter, soll auch geprüft werden, inwiefern dieser Verfahrensschritt der öffentlichen Plandiskussion auch im § 2 der Wiener Bauordnung Eingang finden könnte.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Vorfeld des heutigen Sondergemeinderates haben 22 parteiunabhängige Bürgerinitiativen 10 Forderungen für Bürgerbeteiligung an die Wiener Stadtregierung adressiert. Ich möchte mich da bei Ihnen erstens sehr herzlich für den Input in die Politik bedanken, dass Sie das gemacht haben. Zweitens, ja, da sind wichtige Punkte darin enthalten: zum Beispiel eine verpflichtende Bürgerversammlung auf Bezirksebene bei Umwidmungen von Grünflächen oder die Verpflichtung zu Workshop-Verfahren bei Planungsprozessen oder etwa die Parteistellung im Bezirks- und Stadtparlament bei Petitionsstärke für den Sprecher oder die Sprecherin der Bürgerinitiative.

 

Ich möchte jetzt hier nicht alle Punkte im Detail vortragen, das können Sie alles nachlesen. Wichtig ist mir aber, zu sagen, dass all diese Punkte geeignet sind, für mehr Transparenz im Beteiligungsverfahren zu sorgen und somit gegen die hier diskutierten Verdachtsmomente auch zu immunisieren. (Beifall bei den NEOS.)

 

Dieser Tage ist auch der Stadtrechnungshofbericht veröffentlicht worden, er ist schon angesprochen worden. Da sehen wir auch wertvolle Inputs zur Frage, wie wir in der Zukunft Widmungsverfahren transparenter gestalten können. Wir sehen aber auch ganz klar in diesem Bericht, was da in der Vergangenheit verabsäumt wurde. Drei Dinge habe ich Ihnen mitgenommen: Erstens, die Bürgerinnen und Bürger wurden zwar zu Diskussionsveranstaltungen eingeladen, aber die Punkte der Bürgerinnen und Bürger fanden keinen ernsthaften Niederschlag. Na ja, okay, aber zweiter Punkt: Wesentliche Grundlagen wurden erst nach Veröffentlichung der öffentlichen Auflage veröffentlicht. So entnehme ich es dem Stadtrechnungshofbericht, und da frage ich, wie sich Bürgerinnen und Bürger denn einbringen sollen, wenn sie wesentliche Informationen nicht haben.

 

Drittens, ein zentraler Punkt, nämlich die mangelnde Verbindlichkeit im Masterplan für partizipative Stadtentwicklung: Ich entnehme dem Stadtrechnungshofbericht, dass es im Magistrat keine Prozesse geben soll, die eine Einhaltung überhaupt ermöglichen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, frühzeitige Bürgerbeteiligung immunisiert gegen viele Verdachtsmomente, und ich bin der Meinung, dass wir unsere magistratsinternen Prozesse auch dementsprechend adaptieren und anpassen sollten. Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Danke. - Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist GR Mag. Juraczka. Ich erteile ihm das Wort.

 

10.37.44

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich habe mit großem Interesse der bisherigen Sitzung gelauscht, weil es für mich schon ein Schulbeispiel ist, wie man von Seiten einer Regierungsfraktion oder eigentlich beider Regierungsfraktionen mit unliebsamen Dingen umgeht, weil man noch nicht verstanden hat, wie sehr dieses Thema unter den Nägeln brennt. Zuerst freut man sich einmal - das ist natürlich Politik Perlenreihe 1. Band -, dass man die Geschäftsordnung ausgenutzt hat und dieses vermeintlich unangenehme Thema hinter einen Wahltermin gesetzt hat, denn dann ist es ja halb so tragisch.

 

Meine Damen und Herren von Rot-Grün, gerade für euch gilt: Nach der Wahl ist vor der Wahl. Ich befürchte für euch, dass wir dieses Thema im Jahr 2020 noch sehr, sehr intensiv diskutieren werden müssen, denn hier stinkt einiges zum Himmel, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Das zweite Thema, wie man als Regierungsfraktionen auf so unangenehme Themenlage eingeht, ist: Man

 

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