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Gemeinderat, 58. Sitzung vom 18.11.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 30

 

tes sein kann, dann müssen die Alarmglocken auch in Wien wirklich ganz laut schlagen. Daher unser Vorschlag, ein solches Kinder- und Jugendgesundheitszentrum in der Form zu pilotieren. Ich möchte auch gerne, dass das wissenschaftlich begleitet wird, denn wo wir massive Defizite haben, ist auch beim Thema der Gesundheitsdaten von Kindern und Jugendlichen. Wir haben sehr wenig Ahnung über den Gesundheitszustand, und das ist die wichtigste Voraussetzung, auch präventive Maßnahmen zu setzen. Im jetzigen Schularztsystem funktioniert das nicht, denn der Schularzt ist nicht an die elektronische Gesundheitsakte angebunden, an ELGA. Das heißt, all die Daten und Informationen verschwinden eigentlich in der Schublade. Wir haben überhaupt keine Ahnung über den Gesundheitszustand von Jugendlichen in der Form, dass wir wirklich Evidenz haben, dass wir wirklich Public Health machen können, dass wir tatsächlich Maßnahmen für die Prävention und für die frühe Vorsorge setzen. Das halte ich für extrem wichtig. (Beifall bei den NEOS.)

 

Ich möchte auch nicht bestreiten, dass keinerlei Maßnahmen gesetzt werden. Es findet ja heute gerade im Rathaus das Netzwerktreffen Gesunde Kindergärten statt. Da gibt es viele Einzelmaßnahmen, die finde ich auch absolut gut. Aber leider Gottes sind das sehr viele kleine Projekte und Einzelmaßnahmen. Was uns hier fehlt, ist auch eine Gesamtstrategie dazu, indem man sich nämlich wirklich einmal zusammensetzt und bespricht: Wo sind tatsächlich die Bedürfnisse für Kinder und Jugendliche? In welchen Lebensphasen? Wo brauchen wir das? - Wir sehen das im Bereich der Prävention, wir sehen das im Bereich des Impfens, auch da haben wir in Wirklichkeit keine evidenzbasierten Daten, das sind ja nur Schätzungen von den Impfstoffen, die verimpft werden, aber wir wissen es nicht. Und das, muss ich ganz ehrlich sagen, ist in einer Stadt wie Wien, die sich die lebenswerteste Stadt der Welt rühmt, einfach nicht tragbar. (Beifall bei den NEOS.)

 

Ein weiteres Thema für mich: In vielen Bereichen kompensiert die Zivilgesellschaft die Defizite in unserem Gesundheitssystem. Das gilt im Bereich der Diabetes - es hat sich erst vor zwei Wochen eine Dachorganisation der Patientengruppen Patientenhilfen zum Thema Diabetes gegründet, „Wir sind Diabetes“. Wir haben keine Finanzierung zum Thema Kinderhospiz, das mobile Kinderhospiz wird nicht von der Stadt unterstützt, wird nicht von der Stadt finanziert. Wir haben in vielen Bereichen sehr viele zivilgesellschaftliche Initiativen, die das kompensieren. Und da muss ich auch sagen, dann setzen wir uns einmal tatsächlich zusammen und diskutieren, wie wir bei diesen Einzelbaustellen, die wir im Bereich der Kinder- und Jugendgesundheit in Wien haben, weitergehen können.

 

Deswegen kommt von mir auch heute ein zweiter Antrag zum Thema Einrichtung einer Taskforce für Kinder- und Jugendgesundheit. Ich möchte dazusagen, das habe ich bereits vor zwei Jahren eingebracht, also die Diskussion, die ich heute hier führe, ist nicht neu. Rot-Grün hat nicht zugestimmt, Sie haben das Thema eigentlich auf die lange Bank geschoben, obwohl sehr viele auch im System massiv aufschreien. Und weil Sie, Frau Meinhard-Schiebel gesagt haben: Na ja, das Personal wächst nicht auf der grünen Wiese! - Da haben Sie vollkommen recht, das wächst nicht auf der grünen Wiese. Es ist wahnsinnig schwierig, Personal zu finden, es ist wahnsinnig schwierig, auch die entsprechenden Ausbildungsstellen zu finden. Und eigentlich ist es ja die Aufgabe eines großen öffentlichen Gesundheitsversorgers, wie es der Wiener Krankenanstaltenverbund ist, Ausbildungsplätze in der Richtung und natürlich Rahmenbedingungen zu schaffen, damit das Personal auch bleibt.

 

Fakt aber ist, dass es nicht bleibt. Wenn ich mit JungärztInnen spreche, die im KAV arbeiten, sagen sie, okay, das ist es dann und ich gehe da wieder raus, das will ich nicht. Das heißt, Sie müssen schon auch Rahmenbedingungen schaffen, dass es wirklich attraktiv ist. Wie schaffe ich die? Indem ich auch zuhöre, indem ich zuhöre, was die eigentlichen Probleme sind. In der Vergangenheit - seitdem ich hier im Gemeinderat bin, seit Anfang 2015 - hatte ich da nicht das Gefühl, dass zugehört wird, sondern die Probleme werden nach dem Motto „Na ja, die jammern ja eh alle.“ und „Bei jeder Strukturform ist Jammern angesagt.“ immer sehr verniedlicht.

 

Ja, Veränderung ist nicht einfach, und es gibt sicherlich welche, die auch sagen, ich will mich nicht verändern. Ich habe aber schon das Gefühl, dass es viele sind - auf der medizinischen Seite, auf der pflegerischen Seite -, die sagen, ich würde da gerne arbeiten, die aber echt frustriert sind, weil man ihnen auf jeden Fall in den letzten Jahren nicht zugehört hat. Wenn ich mir alleine den Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde ansehe, dann orte ich, dass sehr viele dieser ÄrztInnen - auch im Pflegebereich - in andere Spitäler gehen. Das heißt wir haben eine extreme Ausdünnung im Wiener Krankenanstaltenverbund, gerade im Bereich der Pädiatrie. Wir haben eine extreme Ausdünnung im Bereich der Kinderpsychologie im Wiener Krankenanstaltenverbund. Das hat schon eine Ursache, und da verstehe ich es gerade von Seiten der GRÜNEN nicht, dass sie sich hier hinstellen und sagen, wir sollen nicht so viel jammern, es ist alles in Ordnung, keine Probleme, wir reden alles schlecht.

 

Nein, ich rede nicht alles schlecht und ich mache auch ganz konkrete Vorschläge, wie wir uns verbessern können und wo es notwendig ist, dass wir uns verbessern. Denn nein, das Personal wächst nicht auf der grünen Wiese, aber die wenigen Menschen, die dann einen sehr, sehr anstrengenden Beruf ergreifen, die werden eigentlich vertrieben. Ein schönes Beispiel - weil Kollege Wagner auch das mit der Younion angesprochen hat - ist das Thema der Optiermöglichkeit gewesen. Wie lange wurde darüber diskutiert, dass es schon fair wäre - auch denen gegenüber, die im Bereich der Pflege, bei den PsychologInnen bereits im Krankenanstaltenverbund arbeiten -, dass man darüber diskutiert, wie man mit den Menschen umgeht, wenn die Neuen, die dazukommen, ein ganz anderes Gehalt bekommen. Das wurde aber lange abgewehrt. Letztendlich war der Druck, auch auf der Straße, schon sehr, sehr stark, dass dieses Thema hier ernsthaft diskutiert wird, und ich hoffe, dass wir hier

 

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