Gemeinderat, 59. Sitzung vom 19.11.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 55
noch der Plan, das auf dem Morzinplatz zu machen, wo wir dann gesagt haben: Na schau, da ist drunter eine Garage, und, und, und. Also es gab ganz viel, warum es nicht geht, und ganz wenig, warum es geht. Und das hat mich bei Kurt Yakov Tutter immer so beeindruckt, dass er immer, und zwar, wenn man gesagt hat, das Glas ist neun Zehntel leer, zu allen anderen gesagt hat: „Das Glasl ist ein Zehntel voll! Das ist so toll, dass es ein Zehntel voll ist!“
Und ich habe mit Kollegen Gerhard Schmid, jetzt hier schräg vis-à-vis, der damals noch in einer anderen Funktion war, viel gesprochen. Er wurde auch regelmäßig von Kurt angerufen: Das müssen wir machen, Leute, da müssen wir dran sein, und es ist alles so toll. Wenn man sich die Vereinsstrukturen anschaut, das ist ein Verein, der ja extra dafür gegründet worden ist, um diese Arbeiten zu machen. Den Vorsitz führt der ehrenwerte Botschafter a.D. Dr. Walther Lichem. Jemand, der eigentlich sonst in seiner weiteren Funktion sich derzeit darüber Gedanken macht nebst seiner, und das muss ich wirklich ausdrücklich aussprechen, menschenrechtlichen Arbeit, die er leistet - er forscht nämlich darüber, wo die ersten Menschenrechtsartikel geschrieben worden sind, wo die ersten Menschenrechtsdekaden geschaffen worden sind. Aber eine seiner derzeit wichtigsten Aufgaben ist, wo ein Meteorit, der vermutlich 2039 in Europa einschlägt, landen wird. Ein Mann, der sich mit solchen Dingen beschäftigt, hat dann auch begonnen, sich mit dieser Institution zu beschäftigen, mit dieser Initiativgruppe, und sich mit Kurt Yakov Tutter auseinanderzusetzen. Und Kurt Yakov Tutter hat es tatsächlich geschafft, hier alle mitzureißen, ob es ein Zeilinger ist, ein Anton Zeilinger, ein berühmter Wissenschaftler, ob es ein Anton Pelinka ist, der sehr stark nach außen tritt, ob es ein Oliver Rathkolb ist, ob es in früheren Zeiten Frau Vassilakou als Stadträtin und Häupl als Bürgermeister waren.
Besonders sieht man es auch auf der Webpage vom Verein, dank David Ellensohn, der Klubobmann der GRÜNEN, der von Anfang dabei war, und Martin Margulies, die dann hier Unterstützung gegeben haben. Aber auch ein Erhard Busek oder Franz Fischler, also wirklich in einer Breite und in einer Gesamtheit, wo man nur so staunen kann, wer da aller dabei ist und mit welchem Engagement Kurt Yakov das immer unterstützt hat. Ich freue mich auch, weil es etwas betrifft, was in meiner Gedenkarbeit - Kollege Wiederkehr hat das gerade vorher auch gesagt, wir waren unlängst gemeinsam beim „Light of Hope“. Und ich habe ja auch am Platz der Opfer der Deportation am 9. November am Abend zum Novemberpogrom gesprochen, dass von den Menschen, die zum Beispiel vom Aspang-Bahnhof nach Maly Trostinez, nach Auschwitz, nach Theresienstadt geführt worden sind, dass von diesen 43.000 Menschen nur 1.000 zurückgekommen sind, von 43.000 1.000! Das ist ganz einfach eine Zahl, die wir uns immer, wenn wir an Erinnerungspolitik und wenn wir an Gedenkarbeit denken, im Kopf halten müssen. Hier hat ein verschwindender Teil überlebt.
Am Wochenende war in Lackenbach, im KZ Lackenbach, die Erinnerung an die Roma. Dort sind von 4.000 gerade einmal 300 zurückgekommen. Überall sind Menschen umgebracht worden, getötet worden, hingerichtet worden, drangsaliert worden, ist ihnen alles weggenommen worden. Und dann wurde nachher gesagt, ja, ist halt passiert, und dann warten wir. Und jemand wie Kurt Yakov Tutter, der überlebt hat, der einer der wenigen glücklich Überlebenden aus dieser Zeit ist, den haben wir jetzt 18 Jahre lang warten lassen, in indirekter Form 18 Jahre lang, bis wir dieses Denkmal jetzt vermutlich im Herbst 2021 eröffnen werden. Ich habe am Anfang gesagt, wir waren uns damals nicht sehr sicher, wie 100-prozentig dieses Denkmal wird, aber dank der Initiative, und ich sage das wirklich gerne, dank der Initiative des Nationalfonds, der Kurt Yakov Tutter unterstützt hat, und zwei ehemaliger StadträtInnen - es haben das ja mehrere Stadträte in ihrer Arbeitszeit hier tatsächlich weiter vorangetrieben -, nämlich Rudi Schicker und Mary Vassilakou, die ihm immer wieder Unterstützung gegeben haben, da etwas zu machen und gemeinsam mit ihm die Orte diskutiert haben. Ich kann mich erinnern, wie wir zum Beispiel auf dem Platz vor dem Messepalast, also dem heutigen MuseumsQuartier waren, oder wie wir auf dem Friedrich-Schmidt-Platz waren. Es kamen immer wieder Orte und Ideen zur Verfügung. Ich glaube, der Platz jetzt zwischen Landesgericht und Nationalbank - hier vom Landesgericht aus gesehen -, ist ein relativer idealer. Nämlich dort vis-à-vis des Fensters, wo 369 Wochen lang im Wiener Landesgericht Menschen hingerichtet worden sind, 369 Wochen in der Zeit, wo der Nationalsozialismus in Wien besonders getobt hat und besonders viele umgebracht wurden.
Das Denkmal, und ich habe das hier noch in einer zweiten Darstellung mitgebracht, wird in einer ovalen Form aus mehreren Steinmauern dargestellt sein und wird eben diese rund 66.000 Menschen eingraviert haben. 66.000 Namen, ich kann Ihnen das dann zeigen, die hier von Österreich, von Wien aus getötet worden sind. Und das ist wichtig. Es ist wichtig, diese Namen zu sehen. Es war Kurt Yakov Tutter auch immer wichtig, auf diese Namen hinzuweisen, weil er immer gesagt hat: Es braucht einen Platz, wo ich als Person hingehen kann, jeder andere hingehen kann und sagen kann, hier gedenkt man meiner Vorfahren. Hier gibt es einen Platz, wo wir uns sehen können. Hier vor diesen Ordnungen schaffen wir es, eine entsprechende Erinnerung zu schaffen. Er war jemand, dem das ganz besonders wichtig war, von Anfang an. Das Erste, was ich mit Kurt Yakov Tutter gesprochen habe, war nicht: Geht das dort hin oder geht das dort hin? Sondern: Die Größe der Buchstaben auf der Marmorplatte müssen … sein. Das war das Allererste, was er mir erklärt hat, und das war vor 18 Jahren. Wenn man überlegt, dass Kurt 1930 geboren ist, dann wissen jeder und jede, dass natürlich die Sehschwäche dazukommt. Aber das war ihm immer ein Anliegen: Niki, es geht nicht anders, es muss die Schriftgröße so groß sein, damit man die Namen sieht. Ich habe gerade nachgedacht, ich glaube 4,3 cm oder so etwas, ich hab‘s jetzt wirklich nicht im Kopf. Es liegt vielleicht an den vielen Zahlen, die man momentan hat.
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